Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
Gesprächsthemen. Irgendwie hatten wir eine stille Über einkunft getroffen, dass wir nur an dieser heiligen Stätte darüber reden durften, weil meine Mutter ausgeflippt wäre, wenn sie davon erfahren hätte. Er hatte seine Träume mit mir geteilt. Eines Tages würde er ein Boot kaufen, hatte er gesagt, und damit auf den Kanälen und Flüssen herumfahren. Wir hatten über die Vor- und Nachteile eines englischen Kanalboots oder eines Frachtkahns diskutiert und darüber, ob wir es selbst ausstatten oder eine Rostlaube kaufen und die Schweißarbeiten selbst erledigen sollten. Er hatte heimlich Schiffsmagazine gelesen, die er in einer Kiste unter der Werkbank versteckte, wir hatten die Anzeigen genauestens studiert, nach unserem Traumboot gesucht und dann immer wieder unsere Meinung geändert. Wir hatten uns fiktive Budgets gesetzt und die Innenausstattung geplant. Ich hatte jede Woche einen anderen Namen für mein Boot, während Dad immer bei Livin’ the Dream blieb. Ich versuchte ihm klarzumachen, wie platt das sei, doch das war ihm egal. Es war sein Traum, seine Entscheidung.
Meine Mutter hatte die Hefte gefunden, als sie sich zwei Monate nach dem Begräbnis zum ersten Mal in die Werkstatt gewagt hatte. Sie hatte sie hinten im Garten mitsamt dem Holz verbrannt, aus dem er eine Kommode machen wollte.
Als ich die Vertäfelung gesäubert hatte, der Raum nach feuchtem Kiefernholz roch und auch der Fußboden gefegt und gewischt war, fiel mir die Stille draußen auf. Ich steckte meinen Kopf aus dem Steuerhaus. Auf dem Parkplatz standen noch immer Streifenwagen, und die Tore waren auch noch verschlossen – die anderen Autos und einige Menschen standen davor. Cameron hatte die Presse ausgesperrt. Der Ponton lag wie immer leer vor mir – die Flut setzte ein, und er begann, sich zu bewegen. Falls noch etwas im Schlamm lag, würden sie es nicht mehr finden.
Ich ergriff die Gelegenheit beim Schopf und lief zum Entsorgungstank, um den Toilettenkasten und den Eimer zu leeren, den ich in der Nacht benutzt hatte, beide zu säubern und das Badezimmer von oben bis unten zu schrubben. Dann brachte ich einen Sack voller Schmutzwäsche zur Waschküche, steckte sie in die Waschmaschine, ging in den Duschraum und stellte mich unter die heiße Dusche. Der Schlauch war zwar okay und hatte mir im Sommer gute Dienste geleistet, doch jetzt wurde es langsam frisch draußen, und ich musste mir Gedanken darüber machen, mein Bad herzurichten. Ich wollte schließlich nicht jedes Mal herkommen, wenn es abends früh dunkel wurde.
Nach dem Duschen ging es mir besser, und als ich wieder zurück auf dem Boot war, machte ich mir eine Tasse Kaffee. Danach ging ich zur Waschküche zurück und steckte die Wäsche in den Trockner. Cameron stand auf dem Parkplatz auf einer Leiter.
»Wie geht’s?«, rief er.
»So weit ganz gut, denke ich«, sagte ich. »Reparierst du das Licht?«
»Ja, irgendwas hat die Leitung gekappt.«
»Ach ja?«
Er kletterte die Leiter herunter und zeigte mir das Stück Kabel, das er soeben ausgetauscht hatte. Es sah aus, als wäre etwas daran hängen geblieben, es war völlig zerfranst.
»Die Überwachungskamera hat also vermutlich nichts aufgezeichnet«, sagte ich.
Cam schüttelte den Kopf. »Der Kamera fehlt nichts; sie wird direkt vom Büro aus mit Strom versorgt. Aber die Lichter waren aus, und ohne Licht kann die Kamera natürlich nicht viel aufzeichnen. Vielleicht kann die Polizei aber trotzdem irgendetwas darauf erkennen. Mal sehen.«
Noch immer standen zwei Polizeiautos auf dem Parkplatz, doch ihre Insassen waren nirgends zu sehen. Auf der Souvenir brannte Licht, ebenso auf ein paar anderen Booten. Die Sonne war untergegangen, Wind war aufgezogen und der Himmel bewölkt, sodass es später wirkte, als es tatsächlich war.
Als ich wieder auf das Boot kam, war die Holzverkleidung getrocknet, und ich beschloss, sie gleich zu streichen. Ich lief zum Ende des Gangs und öffnete die Luke zum Lagerraum. Dort war es dunkel und kalt. Die Taschenlampe, die für gewöhnlich im Eingangsbereich lag, war verschwunden. Kurz tastete ich danach, doch dann fiel mir ein, dass sie vermutlich noch auf dem Dach war, wo ich sie letzte Nacht hingelegt hatte.
Ich machte das Licht im Gang an, und es fiel hell genug in den unteren Raum, sodass ich sehen konnte, wo der Kübel mit der Grundierung und die Tüte mit den Pinseln lagen.
Das Licht reichte bis zum Bug und beleuchtete den Karton mit der Aufschrift KÜCHENSACHEN , der ganz hinten
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