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Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)

Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)

Titel: Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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stand. Ich versuchte, ihn nicht anzusehen. Wenn ich ihn nur lange genug ignorierte, vergaß ich vielleicht, dass er dort stand. Doch sobald ich die Farbe auf die Ablage gestellt und angefangen hatte, das nackte Kiefernholz zu bearbeiten, ließ mich der Gedanke daran nicht mehr los.
    Ich musste mich davon befreien. Ich musste das Paket loswerden.
    Dylan hätte längst vorbeikommen und es abholen müssen. Nur ein paar Wochen, hatte er gesagt, vielleicht zwei Monate. Nach fünf Monaten hatte er meine Geduld wirklich überstrapaziert. Außerdem konnte es nicht mehr bleiben, wo es war. Wenn die Polizei sich die Mühe machte und das Boot durchsuchte, würde sie es finden, und dann hätte ich wirklich ein großes Problem.
    Ich arbeitete hastig, kleckste Farbe auf das Holz, ließ Stücke aus oder strich zweimal die gleiche Stelle.
    Während meiner ersten Nacht auf dem Boot hatte ich im Wohnraum wach auf dem Sofa gelegen – damals der einzige Ort, der einigermaßen bewohnbar war – und mir alle möglichen Verstecke überlegt. Ich hatte das Paket sicher aufbewahren müssen. Ich musste es irgendwo in der Nähe verstecken, damit ich sicher sein konnte, dass es noch da war und sich niemand daran zu schaffen gemacht hatte. Es musste trocken gelagert und gut versteckt werden, damit niemand es zufällig entdecken konnte.
    Ich hatte den Hohlraum unter dem Bug gewählt. Hätte ich gewusst, dass ich es so lange verstecken musste, hätte ich eine bessere Möglichkeit in meinen Bauplänen vorgesehen – eine falsche Wand vielleicht, ein Geheimfach hinter der Verkleidung. Dafür war es jetzt zu spät.
    Das Bullauge war mittlerweile nur noch ein dunkler Kreis, in dem nichts als Schwärze zu sehen war. Das Boot schaukelte sanft und fast unmerklich unter meinen Füßen. Der Wind blies Wellen von der Meeresmündung den Fluss hinauf, und kurz setzte Regen ein, der auf die Dachluke prasselte.
    Ich hörte auf zu streichen. Ich hatte keine gute Arbeit geleistet. Am nächsten Morgen würde ich eine weitere Schicht auftragen und mich besser konzentrieren müssen.
    Ich machte das Radio aus, Stille legte sich wie ein Lein tuch über das Boot. Nur das Prasseln des Regens auf das Kajütdach und die Dachluken war zu hören. Es war eine einsame Nacht an Bord eines so großen Bootes. Ich wusch den Pinsel im Waschbecken aus und überlegte, mir ein richtiges Essen zu kochen. Appetit hatte ich allerdings immer noch nicht.
    Obwohl ich mich nicht dazu durchringen konnte, daran zu denken, war es die ganze Zeit gegenwärtig: das Aufwachen, halb betrunken. Caddys Leiche neben meinem Boot. Das durchtrennte, zerfranste Kabel des Bewegungsmelders auf dem Parkplatz. Ein Auto, das ohne Licht davongefahren war.

7
    Ich hatte nicht gedacht, dass ich schlafen könnte, aber irgendwie klappte es doch.
    Ich legte die Handys neben mein Bett, meines und das von Dylan, doch keines von beiden klingelte. Bis auf den Regen, der immer heftiger wurde, und das sanfte Auf und Ab des Flusses rührte sich die ganze Nacht lang nichts.
    Als ich am nächsten Morgen aus dem Steuerhaus sah, stand immer noch ein Polizeiwagen auf dem Parkplatz. Es saß niemand darin.
    Es regnete immer noch, also zog ich mir meine dicke Regenjacke über und lief mit einer Plastiktüte zur Waschküche. Meine Kleider lagen ordentlich zusammengelegt in einem Wäschekorb neben dem Trockner. Waschmaschine und Trockner waren in Betrieb. Der Raum war warm und feucht, es roch nach Weichspüler. Als ich meine Wäsche in die Plastiktüte steckte, kam Josie herein und sah nach ihrer Wäsche.
    »Hast du das zusammengelegt?«, fragte ich. »Das war lieb. Tut mir leid, dass ich sie gestern Abend nicht mehr aus dem Trockner geholt habe.«
    »Kein Problem. Wie hast du geschlafen?«, fragte sie und sah mich besorgt an.
    »Insgesamt recht gut. Und du?«
    Sie lachte. »Oh, ich schlafe immer wie ein Stein. Nichts kann mich wecken. Gar keine schlechte Leistung, so wie Malcolm schnarcht.«
    »Josie«, sagte ich hastig, um es mir im letzten Moment nicht noch anders zu überlegen. »Meinst du, Malcolm könnte mir bei einer Sache auf dem Boot helfen?«
    »Oh, Schatz, was für eine Frage! Du weißt, wie gerne er das macht. Worum geht es?«
    Ich zögerte, die Luft war raus. »Ich denke – äh –, ich würde gerne ausprobieren, ob der Schiffsmotor funktioniert.«
    Sie sah mich an. »Wie kommst du denn darauf?«
    Ich zuckte die Achseln. »Einfach so. Ich dachte nur – du weißt schon. Vielleicht wäre es ja ganz nett, eines Tages

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