Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
einleuchtend.«
»Ja.«
»Ich wette, da liefen auch zwielichtige Sachen.«
»Wie meinst du das?«
»In solchen Lokalen kursieren immer Drogen und so ein Scheiß.«
»Das stimmt. Manche Mädchen haben was genommen, um wach zu bleiben. Ich habe die Finger davon gelassen, weil ich etwas Besseres mit meinem Geld vorhatte.«
Er rümpfte die Nase und trank seinen Tee aus. »Besser man experimentiert nicht mit dem Zeug. Manche Leute, die solche Clubs führen, sind richtig fies.«
»Ja«, sagte ich.
Er sah auf seine Uhr. »Ich geh jetzt lieber. Ich habe Josie versprochen, in zehn Minuten zurück zu sein.«
Ich war erleichtert. »Oh, alles klar. Danke noch mal wegen des Motors.«
»Keine Sorge, ich sehe ihn mir morgen noch einmal an, wenn du die Batterie geladen hast. Josie besteht darauf, dass ich wegen dieser verfluchten Hochzeit mit ihr shoppen gehe. Ich weiß auch nicht, warum wir nicht einfach so hingehen können – wir haben schließlich genügend Klamotten an Bord.«
»Du hast recht.«
An der Treppe blieb er stehen, drehte sich zu mir um und sah mich ernst aus seinem faltigen Gesicht an. »Gen, du bist nicht allein. Das weißt du doch, oder? Wir halten hier alle zusammen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
Ich lächelte ihn an. »Danke.«
Ich sah ihm von der Tür des Steuerhauses aus nach, bis er unter Deck der Scarisbrick Jean verschwunden war. Das Boot lag still da; der Regen hatte nachgelassen.
8
Ohne Karina hätte ich Dylan und Caddy nie kennengelernt – sie hatte ein Treffen im Barclay arrangiert. Um mich vorzustellen, nehme ich an – Fitz, dem Clubbesitzer.
»Er ist in Ordnung«, hatte sie gesagt. »Du kommst bestimmt mit ihm zurecht. Und du wirst ihm gefallen.«
Er schaute nicht oft im Club vorbei, das brauchte er auch gar nicht. Wie ich später herausfand, sah er sich auch nicht das Vortanzen aller Mädchen selbst an, sondern überließ das meist seinem Clubmanager David Norland. Doch aus irgendeinem Grund wollte Fitz mich persönlich sehen.
Karina und ich hatten eine anspruchsvolle Nummer einstudiert. Es hatte mir Spaß gemacht, mit Karina und ein paar anderen Mädchen von unterschiedlicher Begabung und Größe um eine der fünf Stangen im Studio in Clapham zu tanzen. Es war lustig, auch wenn ich mir anfangs Schrammen an den Beinen oder Schürfwunden an den Handflächen und Schenkelinnenseiten zuzog, doch irgendwann gewöhnte ich mich daran. So wie bei allen Dingen, die man tut, fiel es mir immer leichter, je länger ich übte. Ich lernte die Grundkombinationen oder probierte neue aus, die ich im Internet gesehen hatte. Da ging es mir schon gar nicht mehr nur um Fitness. Für mich war es eine Herausforderung. Dann kam das Gespräch mit Karina.
»Du solltest Unterricht geben«, hatte sie eines Tages vorgeschlagen. »Dann könntest du mich unterstützen.«
»Ach nö«, hatte ich geantwortet und mir abends nach dem Unterricht die Jeans angezogen. Die anderen Mädchen waren bereits gegangen. Ich war noch geblieben und hatte Karina geholfen, die Stangen abzubauen und sie im Lagerraum zu verstauen.
»Du bist gut«, hatte sie gesagt. »Damit könntest du dir zusätzlich ein wenig Geld verdienen.«
»Danke für das Angebot, aber was ich brauche, ist eine Menge Geld. Richtig viel Geld. Mehr, als ich hier verdienen kann.«
»Wieso das?«
Und so hatte ich ihr von meinem Plan erzählt. Daraufhin hatten wir gemeinsam das Tanzstudio verlassen und waren spontan in den Pub nebenan gegangen, der voller Typen mit gelockerten Krawatten war, die dort nach der Arbeit abhingen. Auf dem großen Flachbildschirm lief ein Sportsender.
»Dann musst du richtig tanzen.«
»Was heißt das?«
»In einem Club. Da verdient man eine Menge Geld.«
»Du meinst so etwas wie einen Stripclub?«
»Das nennt sich Herrenclub.«
»Ach? Und du meinst, das könnte ich?«
»Natürlich kannst du das!«, hatte sie gesagt und mich mit ihren großen blauen Augen angesehen.
»Und warum machst du das dann nicht mehr?«
Sie hatte gelacht. »Ich habe das Verfallsdatum überschritten«, sagte sie. »Nein, vermutlich könnte ich sogar noch tanzen – das Problem sind die langen Nächte. Mit Kindern ist das nicht so einfach.«
Damals hatte ich noch darüber gelacht, mein Bier ausgetrunken und Karina zugehört, die mir von den Clubs erzählte, wie lustig, aber oft auch knallhart es dort manchmal zuging. Doch vor allem hatte sie mir erzählt, wie viel Geld man dort verdienen konnte, wenn man gut war.
In der Woche darauf
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