Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
ich dein Meeting gestört habe.«
»Ist schon in Ordnung.«
Ich ging den Flur entlang und drehte mich an der Treppe noch einmal um. Er sah mir nach. Vielleicht wollte er sichergehen, dass ich nicht in den anderen Zimmern herumschnüf felte. Ich wusste immer noch nicht, ob er mir vertraute.
Ich kam gerade rechtzeitig zu meinem letzten Auftritt. Ich war müde, also wählte ich eine langsame, erotische Num mer und sorgte dafür, dass ich nicht noch einmal gebucht wurde. Vorne im Publikum stand Dunkerley mit hochrotem, verschwitztem Gesicht. In einer VIP -Loge saß Fitz mit Nicks und Dylan. Sie unterhielten sich, tranken importierten Wodka und sahen mir zu.
Als der Tanz zu Ende war, warf ich den wenigen Männern vorn an der Bühne einen angedeuteten Kuss zu, obwohl sie längst bei ihren Frauen im Bett hätten liegen müssen. Ich ging in die Umkleide, zog Jeans, Turnschuhe und einen Fleecepulli an, schminkte mich ab und band meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen. Ich verabschiedete mich von den anderen Mädchen und verließ den Club durch die Hintertür.
Auf der Straße war alles ruhig in der grauen Morgendämmerung. Dunkerley war nirgendwo zu sehen, und auch sonst war niemand auf der Straße. Ich hatte gehofft, dass mich jemand nach Hause bringen würde, vielleicht Dylan oder sogar Fitz – selbst mit Nicks wäre ich einverstanden gewesen –, doch es war niemand zu entdecken.
Ich lief um das Gebäude herum und hielt nach einem Taxi Ausschau.
Am Montagmorgen sagte man mir im Büro, dass Dunkerley krank sei und wohl eine ganze Weile nicht zur Arbeit kommen würde. Natürlich gab es allerlei Gerüchte über die Gründe dafür. Ich hörte, die Personalabteilung habe ihn wegen sexueller Belästigung freigestellt und ihn gebeten, zu kündigen. Aber auch, dass er ernsthaft krank sei und vielleicht nicht wiederkommen könne.
Ich wusste nur, dass ich seine widerliche Visage nie mehr sehen würde, und dafür war ich zutiefst dankbar.
24
Jim Carling begleitete mich auf meiner Suche nach einer Badewanne. Dafür war ich ihm dankbar, denn trotz der gemeinen Worte von heute Morgen begann ich ihn wirklich zu mögen. Abgesehen davon, dass er mich begeistert überall hinbrachte, wo ich hinwollte, hielt er die Unterhaltung auf Trab, indem er mich über das Leben eines Bootsbesitzers ausfragte und wissen wollte, ob man mit einem Kahn dieser Größe wohl um die Welt fahren könnte, und wenn ja, was dann mein Ziel wäre. Das amüsierte uns. Jim wollte in den Fernen Osten reisen, und ich sagte, dass ich mich wegen der somalischen Piraten niemals in den Indischen Ozean wagen würde. Das waren natürlich alles nur Hirngespinste, denn ich hatte noch nie zuvor ein Boot gelenkt, geschweige denn auf offener See.
Wir fanden keine Badewanne, obwohl ich ein paar ganz ordentliche auf einem Schrottplatz in Sittingbourne gesehen hatte. Ich suchte eine hüfthohe Wanne, vielleicht im viktoria nischen Stil, die ich ohne größeren Aufwand an die Leitungen anschließen konnte.
Wir aßen in einem Gartencenter zu Mittag – ich bestellte eine Ofenkartoffel, er einen Käseteller – und tranken Tee. Die Einkaufstour hatte etwas Familiäres: Wir kauften ein, um am Wochenende unser Haus zu verschönern.
»Willst du noch irgendwohin?«, fragte er mich.
Ich lachte. »Du musst nicht meinen Chauffeur spielen«, sagte ich. »Das ist zwar sehr nett von dir, aber ich will dich nicht ausnutzen.«
Wir fuhren zurück zum Hafen und gingen wieder ins Bett, weil es das Beste schien, was wir mit dem angebrochenen Nachmittag machen konnten. Auf dem Boot war es kühl. Ich nahm ihn an der Hand und führte ihn direkt in den Schlafraum. Er war erfahren und geduldig, seine großen Hände entschlossen und bestimmt.
Als es dunkel wurde, waren wir völlig erschöpft. Ich ging in die Kombüse, machte den Holzofen an, um das Boot ein wenig aufzuheizen, und kam wieder ins Bett. Kurz sah es so aus, als würde er schlafen, doch er machte mir unter der Decke Platz und zog mich an sich.
»Gleich wird es wärmer«, sagte ich. »Der Ofen funktioniert gut, wenn er erst mal läuft.«
»Hmm«, sagte er. »Ich sollte mich irgendwann auf den Heimweg machen.«
»Wirklich?«
»Ich habe keine sauberen Sachen dabei, außerdem muss ich zu Hause noch so einiges erledigen – Wäsche und so, du weißt schon.«
»Oh.«
Er küsste meinen Arm so, dass sich mir vor Erregung die Härchen aufstellten. »Du kannst mitkommen und bei mir bleiben.«
»Nein«, sagte ich.
»Warum
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