Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
nicht zu hören. Aber wie dem auch sei, es war weder der richtige Ort noch der richtige Augenblick, der Sache auf den Grund zu gehen.
Beim Abendessen schien das Thema Arbeit tabu zu sein. Stella erzählte allen von ihrem Vortanztermin für ein Musikvideo, ein anderer Mann, eine jüngere Ausgabe von Fitz, sagte, er sei auf der Suche nach Mädchen für einen Film, den er produziere. Daraufhin rissen sich alle um ihn.
Ich plauderte mit Leon Arnold, fragte ihn nach seiner Jacht und den Mittelmeer-Kreuzfahrten. Immer wieder schaute ich zu Fitz hinüber, um zu sehen, ob ich alles richtig machte. Sein Lächeln beruhigte mich. Er widmete sich einem etwas älteren Mann mit gepflegtem grauem Bart, der ihm gegenübersaß. Offenbar bestand Caddys Aufgabe darin, ihn zu unterhalten – sie konzentrierte sich auf ihn und lenkte ihn somit von mir ab.
Ich schaffte es, fast die ganze Suppe zu essen, stocherte dann aber in meinem Abendessen herum, obwohl es köstlich aussah und ich es bei jeder anderen Gelegenheit verschlungen und um Nachschlag gebeten hätte. Da ich kaum aß, konnte ich meine ganze Aufmerksamkeit Leon widmen, der trotz seiner Jacht, seiner Rolex Oyster und seinem unverschämt vielen Geld ausgesprochen langweilig war.
Stella saß Leon gegenüber, und als sie merkte, dass sie die Unterhaltung mit dem dunkelhaarigen Mann zu ihrer Rechten nicht in Schwung halten konnte, wandte sie ihre Aufmerksamkeit Leon zu, sodass ich vorübergehend die Männer unter die Lupe nehmen konnte, für die ich später tanzen sollte.
»Wie schmeckt es dir?«, fragte Fitz.
Ich spürte, dass ich ein wenig rot wurde. »Hervorragend«, sagte ich. »Ich hoffe, es ist noch etwas übrig, wenn ich mit dem Tanzen fertig bin.«
Er lächelte und strich mir unter dem Tisch mit der Hand über den Oberschenkel.
»Wann sollen wir anfangen?«, fragte ich.
Er zuckte die Achseln. »Wir müssen noch etwas Geschäftliches besprechen. Wenn wir so weit sind, schicke ich dir einen Kerl rüber.«
»Hast du irgendwelche Vorlieben?«, fragte ich leise.
Er lachte. »Nichts außer deiner üblichen Viva-Magie. Dann werden wir ja sehen, ob die Herren noch auf mehr Lust haben. Kitten macht ein paar Privatvorführungen, wenn sie es wünschen.«
»Caddy tanzt nicht an der Stange?«
Er lächelte mir belustigt zu. »Nein, Viva. Dafür bist du da.«
Ich versuchte es auf einem anderen Weg. »Danke für die Einladung zum Abendessen.«
»Du bist gut«, sagte er.
»Worin?«
»Du weißt, was sie mögen. Du hast das vorhin mit den Mädchen geregelt. Das weiß ich zu schätzen.«
Ich sah zu den drei Blondinen hinüber, die sich angeregt mit den drei Männern über ihre vermeintliche Karriere in der Musikindustrie unterhielten.
Schlagartig wurde mir bewusst, dass die Mädchen alle für den Sex da waren, auch wenn ich es schon die ganze Zeit über geahnt hatte. Als Dylan das letzte Mal zu mir gesagt hatte, dass ich die Einzige sei, die tanzen würde, hatte ich gedacht, ein paar Mädchen aus dem Club würden Geträn ke servieren oder vielleicht ein paar lap dances machen. Doch als ich keine anderen Mädchen sah, hatte ich es einfach hingenommen und mir keine weiteren Gedanken darüber gemacht. Erst jetzt wurde mir klar, dass sie alle oben gewesen waren. Als ich hier das letzte Mal für die anderen Männer getanzt hatte und mich anschließend von Kenny hatte befummeln lassen, waren wahrscheinlich viele oben gewesen und hatten sich dort von den anderen Mädchen unterhalten lassen.
»Weißt du was? Du solltest dir vielleicht überlegen, ein paar Neuerungen im Club einzuführen«, sagte ich zu Fitz.
Er lächelte mich amüsiert an. »Neuerungen?«
»Du könntest Damenabende veranstalten – ein paar Tänzer anheuern oder vielleicht einen Varietéabend einbauen, etwas …«, ich suchte nach den richtigen Worten, »das unterschiedlichere Leute anzieht.«
»Aha. Aber unterschiedlichere Leute schmälern den Gewinn.«
»Du musst aber zugeben, dass du im Moment eher einen begrenzten Kundenkreis hast«, sagte ich. »Denk doch mal daran, wie viele Leute nie einen Fuß in so einen Club setzen würden. Pärchen, Mädels unter sich.«
Leon Arnold beugte sich zu mir vor und legte seinen schweren Arm auf meine Schulter. Er roch nach Whisky und Aftershave. »Fitz, alter Junge, vor der musst du aufpassen. Die wird dir noch dein Imperium streitig machen.«
Ich reagierte schnell: »Nein, ich bleibe lieber bei dem, was ich gut kann, und tanze für tolle Jungs wie dich, Leon.«
Da
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