Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
wollte, dass ich weiter ging? Darüber brauchte ich mir jetzt nicht den Kopf zu zerbrechen. Das würde ich entscheiden, wenn es so weit war.
Wir hielten vor der Rückseite des Hauses, und ich ging sofort in die Küche. Wie beim ersten Mal bereitete der Cateringservice das Essen vor; diesmal schien es allerdings ein richtiges Dinner zu sein.
Ich entdeckte einen gemütlichen Sessel in einer Ecke und beschäftigte mich mit meinem Laptop, den ich mitgebracht hatte, und auf dem Pläne, Ideen und Seiten aus Bootsmagazinen gespeichert waren. Ich war so darin vertieft, dass ich Dylan neben mir erst gar nicht bemerkte.
»Hi!«, sagte ich und nahm die Kopfhörer ab. »Ich wusste gar nicht, dass du auch da bist.«
Er sah mich ausdruckslos an. »Du kommst erst später dran. Zuerst wird in einer halben Stunde im Esszimmer zu Abend gegessen. Fitz will wissen, ob du auch mitisst.«
»Machst du Witze?«
»Nein.«
»Nur ich?«
»Du und ein paar andere. Es gibt eine Sitzordnung.«
»Oh, Dylan, weißt du, wo Caddy steckt? Sie sollte heute auch hier sein.«
»Ich denke, sie ist oben.«
Ich nahm es wortlos zur Kenntnis und war sauer, dass sich der Abend mit meiner besten Freundin nicht so gestaltete wie erhofft. Was zum Teufel machte sie dort oben? Hatte sie irgendein hübsches Zimmer gefunden, in dem sie sich umziehen konnte?
»Sitze ich neben irgendwem, über den ich was wissen sollte?«, sagte ich.
»Du sitzt zwischen Fitz und Leon Arnold.«
»Wer ist Leon Arnold?«, flüsterte ich.
Er sah mich an, als hätte ich die falsche Frage gestellt. »Er besitzt eine Jacht. Du wirst dich gut mit ihm verstehen. Und falls nicht, solltest du so tun, als würdest du das.«
Mir wurde klar, dass das ein weiterer Test war. Gut, dass ich so viele Outfits mitgebracht hatte. So konnte ich mir etwas Passendes fürs Abendessen aussuchen. Ich ging nach unten ins Badezimmer und zog mich um, legte ein wenig Make-up auf, schlug meine Haare zu einem Chignon ein, in der Hoffnung, klassisch-elegant auszusehen.
Das Esszimmer war leer, doch der Tisch war für zehn Personen gedeckt. Durch die offenen Türen waren Stimmen und eine gepflegte Unterhaltung zu hören. Eine Frau lachte, und ich ging vorsichtig zur Tür und spähte hindurch.
Alle waren da – Fitz und ein paar andere Männer; einen kannte ich noch von der letzten Party. Auch ein paar Frauen waren da; ich erkannte ein Mädchen aus dem Barclay wieder – hieß sie Stella? Sie hatte ein paar Mal dort getanzt, arbeitete aber meistens in einem anderen Club, der auch Fitz gehörte. Neben Fitz stand eine strahlende Caddy, sie trug ein schwarzes, mit Glitzersteinchen besetztes Cocktailkleid, dazu atemberaubende Stöckelschuhe. Sie winkte mir unmerklich zu.
Drei Mädchen standen alleine in einer Ecke, sie kicherten über irgendeinen Witz. Ich sah, dass Fitz ihnen einen verärgerten Blick zuwarf und dann sein Gespräch mit dem Mann fortsetzte, der neben ihm stand. Ich ging zu den Mädchen, nahm ein Glas Champagner vom Tablett einer Kellnerin, die gerade vorbeiging, und sagte: »Ladys, ihr solltet euch lieber unter die Gäste mischen.«
Zwei Mädchen machten ein besorgtes Gesicht, doch eine Blondine mit blauen Augen zickte mich an: »Was geht das dich denn an?«
Ich lächelte. »Es hilft nicht, wenn Fitz sauer wird. Er schaut schon drohend rüber. Das sollte nur ein freundschaftlicher Tipp sein«, sagte ich zuckersüß.
Als ich mich zu Fitz gesellte, schienen die Mädchen Vernunft angenommen zu haben, denn sie teilten sich auf und mischten sich unter die Gäste.
»Viva!«, sagte Fitz, als ich näher kam. »Komm, ich stelle dir Leon vor.«
Er legte seinen Arm um meine Hüfte und küsste mich auf die Wange, während ich Leon Arnolds Hand schüttelte. Er war um die fünfzig, so groß wie ich, kahl rasiert und hatte überkronte Zähne. Er trug einen guten Anzug und einen Diamantstecker im Ohr.
»Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte ich. »Wenn ich richtig informiert bin, werde ich das Vergnügen haben, neben Ihnen zu sitzen.«
Er sah aus, als müsse man ihn erst in Stimmung bringen. Mir war das egal, ich dachte bereits an meinen potenziellen Bonus, weil ich Fitz’ Mädchen klargemacht und Mr. Arnold für was auch immer milde gestimmt hatte. Nur auf den Blick, den Caddy mir zuwarf, war ich nicht vorbereitet. Sie sah mich an, als wäre ich Dreck unter ihrer Schuhsohle.
»Hallo!«, sagte ich, als wir ins Esszimmer gingen. »Ich habe mich schon gewundert, wo du steckst.«
Sie schien mich
Weitere Kostenlose Bücher