Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
Dylan.
»Von Leon Arnold? Das soll wohl ein Scherz sein.«
»Sehe ich aus, als würde ich lachen? Norland, warum hat niemand die Überwachungskameras kontrolliert?«
Norland schien das nicht weiter zu kümmern. Wahrscheinlich hatte Arnold ihn geschmiert, damit er bewusst ein Auge zudrückte.
»Wo ist Fitz?«, fragte ich. »Ich will mit Fitz reden!«
»Leck mich doch am Arsch, der ist nicht da«, sagte er. »Glaubst du, der hat Lust, sich dein Gejammer anzuhören? Für wen hältst du dich eigentlich?«
Dylan stand auf und stellte sich zwischen mich und Norland. »Das ist nicht hilfreich; geh ins Büro!«, sagte er ruhig.
Norland bedachte mich noch einmal mit einem bösen Blick und ging dann hinaus, ohne die Tür hinter sich zu schließen.
»Komm, ich rufe dir ein Taxi«, sagte Dylan.
Er ließ mich allein, ich zog mir Jeans und Pulli an, und als ich die Treppe hinunterging, saß er mit einem Glas vor sich an einem Tisch in der Bar.
»Dylan«, sagte ich.
Er blickte auf.
»Danke.«
»Kein Problem«, sagte er. »Das Taxi ist gleich da. Willst du einen Drink?«
»Wodka«, antwortete ich.
Er ging hinter den Tresen und schenkte mir ein Glas ein. Weil ich eine Frau war, gab er auch noch Eis und eine Scheibe Zitrone hinzu.
Eigentlich hatte ich das Glas in einem Zug leeren wollen, doch dann nahm ich nur zwei kräftige Schlucke, weil mir sofort die Kehle brannte.
»Ich weiß nicht, ob ich hier weiterarbeiten kann«, sagte ich.
»Manchmal ist das ein echt harter Job, aber das weißt du doch.«
»Dylan, das war nicht irgendein Gast. Das war Leon Arnold. Was zum Teufel wird Fitz dazu sagen?«
»Das ist nicht dein Problem«, sagte er. »Das sollen die untereinander ausmachen.«
Ein schwarzes Taxi fuhr vor, und ich stand auf. »Danke noch mal«, sagte ich.
Als ich nach Hause kam, war ich zu müde, um noch einen klaren Gedanken fassen zu können. Ich fühlte mich schmutzig und ließ mir ein heißes Bad ein, während ich am Esstisch vor einem Glas mit kaltem Wasser saß. Alles tat mir weh. Mein Kopf pochte.
Ich öffnete meine Tasche und suchte nach Schmerztabletten, als mein Handy vibrierte und ich eine Nachricht erhielt. Die Nummer war mir unbekannt.
Treffen Montag achtzehn Uhr Essbereich Victoria Station.
Zunächst hatte ich Angst. Wer zum Teufel hatte mir diese Nachricht geschickt? Mein erster Gedanke galt Arnold. Vielleicht wollte er mich irgendwie alleine erwischen … Doch dann fiel mir ein, dass er dafür kaum einen öffentlichen Treffpunkt wählen würde.
Ich schrieb zurück:
Wer ist da?
Doch es kam keine Antwort.
28
Ich schlief schlecht, dachte an Arnold und überlegte, was ich Fitz das nächste Mal sagen sollte. Ich träumte von der Victoria Station und irgendeiner gesichtslosen Person, die mir etwas antun wollte. Am Montagmorgen erschien ich lustlos und noch erschöpfter als sonst zur Arbeit. Zu meiner Überraschung saß Gavin im Hauptbüro an seinem alten Schreibtisch und Lucy neben ihm.
»Was ist los?«, fragte ich.
»Er ist wieder da«, sagte Lucy.
»Wer ist wieder da?«
Die Tür zum Büro des Abteilungsleiters ging auf, und zu meinem Entsetzen kam Ian Dunkerley heraus. Er hatte ein paar Kilo verloren, nicht aber seinen arroganten Gesichtsausdruck. Er musterte mich herausfordernd.
»Genevieve«, sagte er. »Hättest du einen Moment …?«
Ich starrte ihn mit offenem Mund an, während er Unterlagen aus dem Drucker nahm, wieder in sein Büro zurückging und die Tür hinter sich offen ließ.
Oh Gott. Nicht er schon wieder!
»Lass ihn nicht warten«, sagte der hilfsbereite Gavin. »Er ist nicht gerade gut gelaunt.«
Ich hatte noch nicht einmal meine Tasche abgestellt oder den Mantel ausgezogen. Ich ging zu Dunkerleys Büro und blieb in der Tür stehen.
Er saß hinterm Schreibtisch und hackte etwas in seine Tastatur, als wäre er nie weg gewesen. »Mach die Tür zu«, befahl er.
»Wenn du nichts dagegen hast, lasse ich sie lieber offen.«
»Du bist eine halbe Stunde zu spät«, sagte er. »Wieso?«
Ich antwortete nicht. Um mich herum brach eine Welt zusammen..
Er stand auf, strich sich die Hose glatt und ging um den Schreibtisch herum auf mich zu. Ich wich einen Schritt zurück und fragte mich, warum ich Angst vor ihm hatte. Er hätte eigentlich eher Angst vor mir haben müssen.
»Du dachtest wohl, du wärst mich für immer los, was?«, flüsterte er so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte. Er stand jetzt so nah vor mir, dass ich seine Wärme und sein penetrantes Aftershave
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