Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
aber nah genug, damit ich es bei dir abholen kann.«
»Wann holst du es ab?«
»Keine Ahnung. Ich gebe dir ein Handy. Wenn ich so weit bin, rufe ich dich an, und wir machen ein Treffen aus. Soll das heißen, du willigst ein?«
Ich hatte bereits eingewilligt, als er mit fünfzigtausend einverstanden war.
»Sieht ganz so aus, Dylan.«
Er setzte sein schönstes Lächeln auf und gab mir seine große, fleischige Hand. »Abgemacht.«
Ich fühlte mich seltsam erleichtert, so als hätte ich nach langer Zeit endlich ein Geschäft an Land gezogen. Ich konnte gehen. Ich konnte mir ein Boot leisten und würde mir ein Jahr freinehmen können, vielleicht sogar länger.
29
Ich saß wieder in meiner Essecke über den Plänen meines Traumbadezimmers, als ich erst Schritte auf dem Ponton und dann an Deck hörte. Eine Frauenstimme rief meinen Namen. »Genevieve Shipley? Hallo? Könnten Sie an Deck kommen?«
Ich ging zum Steuerhaus hinauf.
Auf meinem Deck standen ein Mann und eine Frau in Uniform. Die Frau zeigte mir ihren Ausweis. »Ich bin Beverley Davies, und das ist mein Kollege Jamie Newman. Hätten Sie einen Augenblick Zeit?« Sie redete schnell, so als hätte sie es eilig und keine Zeit für Einwände oder Erklärungen.
Ich bekam Angst, so als hätte man mich soeben auf frischer Tat ertappt.
»Worum geht es?«
»Genevieve, Sie müssten mit uns kommen. Wir haben etwas zu besprechen.«
»Was – jetzt?«
»Ja, jetzt gleich.«
»Wer sind Sie noch mal?«
»Wir kommen von der Metropolitan Police, Abteilung Schwere Kriminalität.«
»Aber – Jim Carling …«
»Carling weiß, dass wir hier sind. Er hat uns gesagt, wo wir Sie finden würden. Er hat uns auch gesagt, dass es Ihnen nichts ausmachen würde, uns ein paar Fragen zu beantworten, Genevieve. Es dauert auch nicht lange.«
Ich merkte, dass sie sich um einen aufmunternden Ton bemühte. Aber ich wollte die beiden nur so schnell wie möglich loswerden und meine Ruhe haben. Leider würde das nicht funktionieren. Aber vielleicht würden sie weggehen und nie wieder zurückkommen, wenn ich mitging und auf ihre blöden Fragen antwortete.
»Ich hole nur schnell meine Stiefel«, sagte ich.
»Dürfte ich mitkommen?«, fragte Jamie Newman. »Ich würde mir gerne mal Ihr Boot ansehen.«
»Klar«, sagte ich, ging die Stufen zur Kabine hinunter und ließ die Tür offen, sodass er mir folgen konnte.
Er stand da und sah zu, wie ich meine Stiefel anzog und die Schnürsenkel zuband. Ihn interessierte das Boot nicht, er sah sich nur kurz neugierig in der Kabine um und ließ mich dann nicht aus den Augen.
Sie wussten von dem Paket, überlegte ich. Zumindest wuss ten sie, dass ich hier irgendetwas versteckte. Carling hatte es ihnen gesagt. Newman war hier, um sicherzustellen, dass ich nicht weglief oder irgendetwas zerstörte.
Ich lächelte ihn verkrampft an, griff nach meinem Schlüssel und den beiden Handys auf dem Esstisch und ging wieder ins Steuerhaus hinauf.
»Zwei Handys?«, fragte er, als ich abschloss.
»Eines empfängt kein richtiges Signal an Bord, das andere empfängt sonst überall schlechte Signale«, sagte ich, als erklärte das alles.
»Wohin fahren wir?«, fragte ich vom Rücksitz ihres Volvos aus. Ich war noch nie auf einer Polizeiwache gewesen.
»Zur Medway Policestation«, sagte Newman. »Dort hat man uns freundlicherweise einen Raum zur Verfügung gestellt.«
»Oh«, sagte ich. »Hätten wir uns dann nicht auch auf dem Boot unterhalten können?«
Sie antworteten nicht. Ich fragte mich, ob noch andere Leute nach dem Paket suchten.
Ich sah, wie die Straßen von Rochester an meinem Fenster vorbeizogen, dachte an das Boot, an das Paket und was schlimmstenfalls passieren konnte. Etwas, womit ich nicht erwischt werden möchte, hatte er gesagt. Das konnte nur heißen, dass sich auf meinem Boot kiloweise Drogen befanden, die nur darauf warteten, entdeckt zu werden.
Das Wochenende darauf war mein letztes im Barclay.
Es war nicht einmal ein ganzes Wochenende, sondern nur der Samstagabend, und selbst der endete erschreckend schnell.
Die ganze Woche hatte ich versucht mir einzureden, dass Arnold nicht kommen würde, dass ich ab jetzt bei Privatvorführungen vorsichtig sein und immer darauf achten würde, dass jemand im Überwachungsraum war, wenn ich tanzte. Und dass ich vorher fragen würde, wer mich gebucht hatte. Doch im Grunde wollte ich meine Kündigung einreichen. Auch daran arbeitete ich.
Im Club war es eher ruhig, wie so oft gegen Mitte des Monats.
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