wenn es Zeit ist
einsilbigen Antworten an meine Mutter.
»Ja, sonst kann ich die Wohnung nicht bezahlen. Es ist schon freundlich genug, dass Henriks alter Schuldirektor für mich gebürgt hat, damit ich sie so schnell bekomme.« Mama ließ Michi gewähren, als sie sich einen der ausgerissenen Schnipsel von dem Stapel nahm und durchlas.
»Bevor Sie wenige Stunden putzen, kann ich meinen Vater mal fragen, ob er Sie nicht einstellen kann.« Michi schien weder die blauen Flecken noch das schäbige Kleid meiner Mutter zu sehen. Oder sie konnte sich nicht vorstellen, wie schwierig es war, einen Job zu bekommen. »Als Zimmermädchen müssten Sie zwar auch putzen, aber es wäre den ganzen Tag.«
»Es macht mir nichts aus zu putzen.« Meine Mama lächelte sie an. »Und ich kann jedes Angebot gebrauchen.«
Zwei Tage später stand meine Mutter in dem besten Kleid, das sie noch hatte, im kleinen Foyer des Hotels Kloth und wurde von Michis Mutter mit Kaffee begrüßt.
Weitere zwei Tage später stand ein gemieteter Transporter vor unserem Haus und ich lernte Michis Vater kennen.
Zaghaft schüttelte ich ihm die Hand.
»Du bist also der Galan unserer schrägen Tochter?«, fragte er mich. »Vielen Dank für Schutz und Hilfe. Man kann nicht genug auf sie aufpassen.«
Er bedankte sich bei mir? Wie kam er dazu?
Ich sagte, was Erwachsene hören wollten: »Es war nicht richtig, was ich getan habe.«
› Schau ihm in die Augen, sonst meinst du es nicht ernst.‹
»Ich hätte ihm nicht gleich den Arm brechen dürfen.«
Herr Kloth erwiderte meinen Blick, holte einmal tief Luft, bevor er leise ausstieß: »Weißt du, wie lange der meiner Tochter schon auf diese Weise auflauert? Hätte ich ihn in die Finger bekommen, wäre nicht nur sein Arm gebrochen.«
Ich wäre sicherlich offenen Mundes stehen geblieben und hätte Michis Vater angestarrt, wäre seine Tochter nicht vom Beifahrersitz gesprungen und hätte mit einem Schlag auf meine Schulter lachend verkündet: »Ich konnte nicht mit ansehen, wie leer es bei euch war. Also habe ich Papa gefragt, ob er euch hilft. Was noch fehlt, könnt ihr sicher beim nächsten Sperrmüll finden.«
Michi muss ihm wahre Schauermärchen über uns erzählt haben. Oder meine Mutter hat selbst in ihrem besten Kleid so erbärmlich ausgesehen, dass die Kloths ihr nicht nur Arbeit, sondern auch einige der ausrangierten Hotelmöbel angeboten haben, die sich bei ihnen im Keller befanden.
»Du hast mir nicht erzählt, dass dein Galan den Mund nicht zubekommt«, meinte ihr Vater zu Michi. »Ich hatte erwartet, er sähe etwas intelligenter aus.«
Schnell griff Michi nach meiner Faust. »Er meint es nicht so«, flüsterte sie. »Das ist seine Art von Humor.« Ihr Vater ließ sich nicht beirren.
»Aber vielleicht hat er ja Kraft genug, dieses Sideboard mit mir hochzutragen.« Er öffnete die Hecktür des Transporters und zeigte auf einen flachen Schrank. »Springt mal auf den Wagen«, forderte er Michi und mich auf. »Und dann schiebt das Board langsam über die Kante.
Mühsam schleppten wir Sessel, einen Tisch, das Sideboard, einen Kleiderschrank und zwei Betten in die Wohnung. Es war erstaunlich, was alles auf dem Transporter Platz gefunden hatte.
»Habt ihr das alles alleine aufgeladen?«, fragte ich Michi während einer Verschnaufpause.
»Wozu hat man Personal?«, fragte sie zurück. Sie schien ihren Vater gut im Griff zu haben.
Mama hatte uns Brote geschmiert und Getränke besorgt, während wir die Möbel in die Wohnung trugen. Herr Kloth duzte sie, als ob sie sich schon ewig kannten. Er wischte sich zwischendurch immer wieder den Schweiß von der Stirn, wenn wir ein Teil abgestellt hatten. Während ich es voller Freude gar nicht abwarten konnte, das nächste Möbelstück zu holen, wechselten die Erwachsenen jedes Mal Worte, die mir völlig unsinnig erschienen.
Michi räumte schon unsere spärliche Habe in die Schränke und ihre neugierigen Blicke auf das Kistchen meiner Großmutter trugen zu meiner Beunruhigung bei.
»Was ist darin?«, fragte sie und ich hätte es ihr am liebsten aus der Hand geschlagen, als sie es von der Fensterbank hob.
»Nichts«, sagte ich trotzig. »Lass es stehen.« Wo war auf einmal die Freude hin?
»Das glaube ich dir nicht. Dazu ist es zu schwer. « Sie wog es in ihrer Handfläche, schüttelte es, hielt es so nah vor ihre Augen, als könnte sie durch das Holz sehen.
»Ich weiß nicht, was darin ist. Es ist ein Geschenk. Stell es bitte wieder hin.«
»Bist du gar nicht
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