Wenn Frauen kochen
machte es ihr sogar Spaß, Gemüse zu brutzeln und den Duft von Curry in der Nase zu haben. Doch es ärgerte sie, dass niemand ihre Arbeit bewunderte. Sie fielen alle über das Essen her wie hungrige Wölfe, selbst Raj. Priya stellte es sich wunderbar vor, Gus zu sein. Sich alte Aufnahmen anzusehen und zu bewundern, was man zubereitet hatte. Letztes Jahr an Diawal hatte sie vorgeschlagen, die Videokamera herauszuholen. Sie wollte all die Schüsseln voller Cholafali, frittierte Ghoogra, mit Kokos gewürzte Gebäckschnecken und kleine Churma-Na-Ladoo-Bällchen filmen, deren Zubereitung so viel Mühe gekostet hatte. Aber alle hatten nur gelacht wie über einen Witz. Und sie
hatte so getan, als wäre es auch einer gewesen und mit eingestimmt.
Kochen war eine sonderbare Angelegenheit, wirklich. Nachdem alles aufgegessen war, blieb nichts mehr, was man zeigen konnte. Schmeckt gut, sagte vielleicht jemand beim Kauen. Aber am Ende blieb nichts als die Erinnerung. Es war nicht so, als könnte man eine Portion seines gelungensten Linsencurrys aufheben und ausstellen - mit einem Schild an der Schüssel: Zubereitet von Priya. Nicht so wie damals, bevor sie die Kinder bekommen hatte und in ihrem Job mechanische Systeme entwarf.
Auch bei einem Rezept kam am Ende nicht jedes Mal das Gleiche heraus. Es konnte also nicht als perfekter Beweis der eigenen Kochkünste herhalten. Wenn dem so wäre, könnte ja jeder, der des Lesens mächtig ist, ein Gericht in Michelin - stern-Qualität zustande bringen. Nein, gutes Essen zuzubereiten benötigte Kreativität, Technik und Fingerspitzengefühl. Und Liebe.
Priya liebte ihre Familie. Sie liebte Raj und Bina und Chitt und Kiran. Ja, das tat sie. Und sie war sich darüber im Klaren, dass sie sich in einem ständigen Glückszustand befinden sollte - sie hatte einige dieser Ratgeber gelesen und sich die einschlägigen Motivationssendungen im Fernsehen angeschaut. Aber in Wahrheit war es schwer, sehr schwer. Sie war müde und erschöpft. Und mollig. Während der letzten Jahre hatte sie angefangen zuzunehmen. Fett, das sie um die Hüften herum ansammelte und das anscheinend unmöglich wieder loszuwerden war.
»Ich mag dein Bäuchlein«, sagte Raj und kniff sie in die Speckröllchen. Wenn es etwas Gutes an einem Ehemann gab, den deine Eltern dir in Indien ausgesucht haben, dann das: Er hielt es anscheinend immer noch für etwas Positives, mollig zu
sein. Er nörgelte nicht an ihr herum, wenn sie es sich mit einer Schale knuspriger Tum Tum bequem machte und sie bis zum letzten Krümel leer aß. Die meiste Zeit war er wirklich einfach nur nett. Er war eben Raj. Aber sie hatte das Gefühl, festzusitzen.
Wenn ich Gus treffe, so sagte sie sich, wird sich alles ändern. Wie könnte es anders sein?
Als Gus bekanntgab, dass sich die nächste Folge um Brunch drehe, hatte sie nicht bedacht, dass die Sendung Sonntag abend ausgestrahlt wurde. Und Porter hatte angedeutet, dass man sich eine Etage höher überlegte, die Show ganz abzusetzen.
»Nach zwei Folgen?« Gus konnte das nicht glauben.
»Die Fernsehwelt hat sich total verändert. Sitcoms werden schon nach einer Folge abgesetzt, wenn die Quoten nicht stimmen.«
»Ich dachte, unsere Quoten seien gut?«
»Sie sind schon um einiges besser, aber noch sind wir nicht über den Berg«, sagte er.
»Es wäre vielleicht hilfreich, wenn Alan Carmen und mich nicht wie die Kampfhähne in die Arena schicken würde. Es wundert mich, dass die Leute überhaupt wieder einschalten.«
»Da sind unsere Zuschauer aber anderer Meinung: Jede Menge grüne Jungs, die sonntags nichts vorhaben und Carmen sehen wollen. Dazu all die Frauen in den Zwanzigern, die bei dem SaTroy-Drama mitfiebern. Plus die eingefleischten Fans von dir, Gus«, erklärte er.
»Damit sind wohl die alten Damen gemeint?«
Porter lachte. »Du hast deine eigene Fangemeinde an grünen Jungs, das kann ich dir versichern. So wie bei Scharfe-Reife-Mamas-dotcom?«
»Davon will ich nichts hören!«, erklärte Gus, dabei war sie
ziemlich neugierig und nahm sich vor, später nachzusehen. Dann waren Carmen und Oliver aufgetaucht - dieses Mal waren sie zusammen Aufzug gefahren. Zu viert hatten sie Ideen für Gerichte gesammelt, von Frittata bis Reis-Congee. »Ich hab’s«, sagte Oliver. »Warum stellen wir nicht jede Sendung unter ein Motto? So wie: Du hast den ganzen Tag im Bett verbracht - mit deiner hübschen Freundin - und jetzt möchtest du ihr mit einem Frühstück eine Freude machen, obwohl es
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