Wenn Frauen kochen
keine Geheimnisse geben«, sagte Gus. »Sonst wird alles unverbindlich. Und dann macht man Fehler.«
Hannah verschluckte sich an einem Stück Muffin und hustete.
»Eine Familie«, sagte sie und versuchte zu schlucken, »ist eine Gruppe von Menschen, die durchaus Geheimnisse voreinander haben.«
Ihre eigene Familie war weit weg und überall verstreut. Sie hatte keinen Kontakt mehr zu ihr, abgesehen von ein paar E-Mails, die sie hin und wieder von einer Cousine bekam. Hannah stellte sich oft vor, wie ihr Leben aussehen könnte, wenn sie sich nicht in ihrem kleinen weißen Kutscherhaus verstecken müsste.
»Zu viel Wissen war mir noch nie nützlich«, betonte sie, und Gus wusste, dass es stimmte. Sie hatte im Grunde gehofft, dass es sich für alle um sie herum positiv auswirken würde, bei Esst, trinkt und genießt mitzumachen: Es würde Hannah aus ihrem Schneckenhaus locken, Troy und Sabrina einander wieder näher und Aimee endlich mal zum Lachen bringen. Ein ziemlicher Anspruch an eine Fernsehshow, wie ihr jetzt bewusst wurde. Vor allem, da genau das Gegenteil eingetreten war. All ihre Lieben waren sauer auf sie - und das setzte Gus ordentlich zu.
Sie ging die Kaffeekanne holen, um Hannah noch eine
Tasse einzuschenken. Sie gab auch einen guten Schuss Sahne dazu.
»Haben Porter und du die Sache wieder hinbiegen können?«, fragte Hannah, langte nach der Zuckerdose und gab zwei gehäufte Teelöffel voll in ihre Tasse. Zufrieden bemerkte Gus, wie Hannah den Hals in Richtung Arbeitsplatte reckte, auf der Suche nach Muffin-Nachschub.
»Es ist, wie es ist.« Gus zuckte mit den Schultern.
Hannah wartete darauf, dass ihre Freundin fortfuhr. Als Gus aber schwieg, schnappte sie sich ihren Teller und ging zum Kuchengitter, auf dem die lockeren Köstlichkeiten zum Abkühlen lagen. Sie nahm sich zwei und bestrich sie dick mit Butter.
»Was ist mit Oliver?«
»Bombardiert mich weiterhin mit Entschuldigungen. Neuerdings sogar in Versen.«
»Also vergeben und vergessen?«
»Er soll ruhig ein schlechtes Gewissen haben. Aber eigentlich ist er ja gar nicht das Problem. In Wahrheit geht es um Carmen, die in der Küche über alles bestimmen will.«
»Und was willst du jetzt tun?«
»Ihr mit Samthandschuhen den Hals umdrehen«, antwortete Gus. »Ich bin vorhin aufgewacht und habe mich entschieden, sie zu Tode zu lächeln. Ich werde sie mit meinen strahlend weißen Zähnen blenden, bis sie sich wieder nach Spanien verzieht. Oder zumindest in die Show von jemand anderem.«
»Apropos - wie sind eigentlich die Quoten?«
»Hoch, um ehrlich zu sein.« Gus lächelte, als Hannah sich mit den erbeuteten Muffins hinsetzte und reinhaute. Sie sah Hannah gern beim Essen zu. Eigentlich sah sie jedem gern beim Essen zu. »Bisher erweist sich Alans Experiment als erfolgreich. Wie Carmen und ich miteinander herumzanken,
kommt bei den Zuschauern sehr gut an. Heutzutage sind Geschmacklosigkeiten anscheinend en vogue.«
»Eine Kochschlacht«, sagte Hannah.
»Wir sind nicht die Einzigen«, sagte Gus. »Die kleinen Schusswechsel von Troy und Sabrina bescheren ihnen eine eigene Fangemeinde. Auf dem Message Board sind alle begeistert von SaTroy.«
»Er ist echt süß«, sagte Hannah. »Einer von diesen schlanken, großen, dunkelhaarigen Asiaten. Sexy und exotisch.«
»Das ist nicht nur dir aufgefallen«, erwiderte Gus. »Troy hat mich angerufen und erzählt, dass er ein Treffen mit der Leiterin des Schulbezirks Nebraska an Land gezogen hat. Und das nur, weil sie Esst, trinkt und genießt guckt.«
»Sie hat Troy wegen eines Dates angerufen?«
»Nein, er soll die Verkaufsautomaten an den Schulen mit Orangen und Bananen füllen.« Gus schüttelte den Kopf. »Davon abgesehen, ist sie viel zu alt für ihn.«
»Ältere Frauen und jüngere Männer sind doch jetzt im Trend«, erklärte Hannah. »Die jungen Kerle heutzutage wissen Erfahrung im Bett nun mal zu schätzen! Ich muss es wissen, habe gerade einen Artikel darüber für More geschrieben.«
Gus versuchte ihre Skepsis zu verbergen.
»Bist du die Richtige, um über Beziehungen zu schreiben?«
Hannah verzog das Gesicht. »Man muss nicht wirklich Ahnung davon haben, Gus«, erklärte Hannah. »Du suchst dir ein paar sogenannte Experten und zitierst sie. Niemand fragt mich nach meiner sexuellen Vergangenheit.«
»Nein, natürlich nicht«, versicherte Gus und kam sich ein bisschen albern vor. Sie versuchte, das Thema zu wechseln. »Ich fürchte, Sabrina ist dabei, ihre neuesten Hochzeitspläne
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