Wenn Frauen kochen
ohne mich auszuhecken.«
»Vielleicht verlobt sie sich deshalb so oft«, zog Hannah sie auf. »Sie weiß, wie gern du solche Feierlichkeiten planst.«
»Er sieht gut aus«, räumte Gus ein. »Ein bisschen so wie dieser Ken von Barbie. Passt perfekt in Sabrinas Sammlung.«
Sie stand auf und trug die Tassen und Teller zur Spülmaschine, die bis auf eine Suppentasse vom gestrigen Abendbrot leer war. Gus machte sich Sorgen, dass Hannah zu wenig aß, dabei machte ihr eigener Magen ihr in letzter Zeit oft zu schaffen. Zu viel Stress. Das kommt davon, wenn man Geheimnisse für sich behält.
»Ich habe ihn angerufen«, gestand sie Hannah, weil sie einen Beichtvater brauchte.
»Wen?«
»Billy«, sagte Gus. »Ich habe mich aufgeführt wie ein Telefon-Stalker: Habe dreimal aufgelegt, sobald sein Anrufbeantworter ansprang.«
»Gus, um Himmels willen! Du wirst noch im Fernsehfilm der Woche enden: Schwiegermutter, durchgeknallt .«
»Ich kann einfach nicht anders«, gestand Gus. »Was ist denn so falsch daran, dass ich dieses Mädchen vor sich selbst beschützen will?«
»Nichts, Gus. Aber es gibt Grenzen.«
»Jedes Mal, wenn ich die Nummer gewählt habe, habe ich mir gesagt, dass ich Sabrina erreichen möchte«, sagte Gus. »Aber in Wahrheit wollte ich ihm die Leviten lesen. Wie er zum Beispiel einem Mädchen einen Heiratsantrag machen kann, das schon so oft verlobt war?«
»Oder: Was er sich da überhaupt einbildet, wo du doch möchtest, dass sie mit Troy zusammen ist?«, zog Hannah sie auf.
»Das würde ich nie sagen. Das wäre unhöflich. Ich bin nicht
darauf aus, diesen Mann zu verletzen - es ist nur so, dass er sie nicht kennt.«
»Bist du dir da so sicher?«
»Ich wüsste auch nicht, was ich ohne Aimee tun würde. Sie passt die ganze Zeit auf Sabrina auf.«
»Hey, vielleicht gewinnt irgendein attraktiver Kerl Porters Preisausschreiben und kommt in die Sendung. Dann wird Sabrina womöglich mit dem durchbrennen.«
»Das ist überhaupt nicht witzig«, sagte Gus. »Bei so einer Verlosung ist alles möglich. Ich wollte, dass die Teilnehmer wenigstens einen kleinen Aufsatz schreiben, aber im Sender hatte keiner Lust, die ganzen Bewerbungsschreiben dann auch zu lesen.«
Ein Eintrag auf der Website des Preisausschreibens von Esst, trinkt und genießt pro Tag war erlaubt. Das ist mehr als fair, dachte Priya Patel, während sie ihren Bildschirm-Stimmzettel ausfüllte. Sie fürchtete, dass unzählige andere Frauen so wie sie zu Hause saßen und auf die Chance hofften, Gus Simpson zu treffen, um sie alles über ihre Pflaumentarts und Pistazienkuchen fragen zu können. Es war albern, dass sich eine vierundvierzigjährige Hausfrau aus New Jersey überhaupt Hoffnungen machte, zu gewinnen. Trotzdem hielt sie jedes Mal den Atem an, wenn sie auf »senden« drückte.
Die Kinder hatten ihr Frühstück bereits bekommen und sich mit Pausenbroten ausgerüstet auf den Weg zur Schule gemacht. Die beiden jüngeren bestanden auf Erdnussbutter und Marmelade - wie ihre Klassenkameraden -, dazu Saft in Tetrapaks. Raj missbilligte das, aber Priya fand es nicht weiter schlimm. Ihre Tochter im Teenageralter aß mit ihren Freundinnen, fast alle weiße Amerikaner, in der Cafeteria. Priya konnte sich noch daran erinnern, wie sie selbst in ihrem ersten
Semester am College nichts anderes als Spaghetti essen wollte. Ihrer Mutter war das suspekt gewesen. Sie hatte befürchtet, dahinter verberge sich eine tiefe Ablehnung alles Indischen. »Ich mag Nudeln«, hatte sie gesagt. Das stimmte auch. Hinzu kam aber noch, dass sie zu jener Zeit einen italienischamerikanischen Jungen aus ihrem Physikkurs anhimmelte. Aber das war eben das Problem mit ihren Eltern und deren Freunden: Sie waren indischer als die Landsleute zu Hause, ständig auf der Hut, dass ihre Einwandererkinder in Amerika vergessen könnten, wer sie eigentlich waren. Raj hatte ähnliche Ängste entwickelt.
Dabei kochte Priya für die Familie all die traditionellen Gerichte. Raj bekam zum Mittagessen Phulkas, und wenn er sonntagabends zum Football ging, gab sie ihm Pakoras mit. (Raj war ein Fan der Giants, was ihn aber kulturell nicht beeinträchtigte, wie er Frau und Kindern immer wieder ausführlich erläuterte.) Und sie selbst hatte eine Vorliebe für selbst gemachte Süßspeisen. Gerade knabberte sie Bundi Ladoo mit Rosinen und wischte sich zwischendurch immer wieder die Hände ab, um die Tastatur nicht zu verkleben. Sie hatte nichts gegen das Kochen, wirklich nicht. Meistens
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