Wenn Frauen kochen
Idioten, die alle keine Ahnung haben!«
»Das sehe ich etwas anders, meine Liebe«, widersprach Gus aufgebracht. »Ich bin diejenige, der man den Idioten verpasst hat. Dich hat man in meine Sendung gesteckt, weil du allein kein Programm füllen kannst.« Sie senkte die Stimme wieder und sagte ganz ruhig: »Niemand, der bei Verstand ist, würde in der ersten Folge einer neuen Serie Tintenfisch zubereiten.«
»Was interessiert mich, wie alle anderen es machen würden? Ich will kreativ sein.«
»Es gibt Kreativität und es gibt Planlosigkeit«, entgegnete Gus. »Eröffne doch ein Restaurant und probier dort aus, was du willst - aber nicht in meiner Sendung. Wir können von Glück reden, dass nach diesem Tintenfischsalat noch mal jemand eingeschaltet hat.«
»Die Zuschauer der heutigen Folge hatten jedenfalls einen tollen Abend«, schrie Carmen. »Fast wäre es eine gelungene Sendung geworden. Aber dann hat deine ständig finster dreinblickende Tochter mit ihrer Brandstifter-Nummer alles ruiniert.«
Sie lief zu Aimee, packte sie am Arm und schleifte sie ein paar Schritte in Richtung Porter. Doch Aimee gelang es, Carmens Hände abzuschütteln und ihr ein Bein zu stellen.
»Ich will, dass sie aus der Sendung verschwindet«, zeterte Carmen, die auf dem Hintern gelandet war. »Auf der Stelle!«
Für eine so zierliche Frau war sie ganz schön stark, dachte Aimee und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Ihre Bluse war eingerissen.
»Auf keinen Fall«, erklärte Gus, wohlwissend, dass Aimee begeistert wäre, nicht mehr Teil der Sendung sein zu müssen. »Du setzt dich hin!«, befahl sie ihrer Tochter und schob sie in einen der Sessel vor dem Erkerfenster. Sie würde nicht zulassen, dass diese Möchtegern-Köchin auf ihr Kind losging. »Wenn du noch einmal meine Tochter anrührst, landest du in siedendem Öl«, sagte sie ganz ruhig. Dabei neigte sie sich ganz nah zu Carmen. »Und keine Sorge - ich werde darauf achten, dass es spanisches Olivenöl ist.«
»Wage es ja nicht!«, schrie Carmen und brach in Tränen aus.
Ohne sich an jemand bestimmten zu richten, sagte Gus: » Ich hatte eine nette Sendung. Ich habe für meine Karriere hart gearbeitet. Oft bis spät in die Nacht hinein. Zwölf Jahre lang. Und
was bekomme ich dafür? Carmen Vega. Eine dämliche Primadonna, die zwar austeilen, aber nicht einstecken kann.«
»Raus hier«, zischte Carmen.
»Nein«, sagte Gus und nur ihre roten Ohren verrieten, dass sie ihre Wut kaum im Zaum halten konnte. »Nicht nur, weil das hier meine Kochshow ist, Carmen - und glaube mir, jeder Zuschauer weiß, dass es meine Kochshow ist -, sondern weil wir hier in meinem Haus sind. Und aus dem werde ich dich mit einem Tritt in deinen kleinen Hintern hinausbefördern. Es sei denn, Aimee möchte das tun. Liebes?«
Sprachlos saß Aimee in ihrem Sessel und sah ihrer Mutter mit weit aufgerissenen Augen zu.
»Wegen mir müsst ihr doch nicht streiten«, meldete sich Hannah zu Wort. »Ich will doch gar nicht ins Fernsehen! Ganz ehrlich. Es war ein Versehen.«
»Nein, das war es nicht«, ereiferte sich Carmen weiter. »Gus hat Aimee das mit Absicht tun lassen.«
»Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass ich vorsätzlich meine eigene Küche abfackeln wollte?«, schrie Gus. »Du bist ja total verrückt! Gestört. Durchgeknallt!«
»Wir sollten alle nach Hause gehen und uns ein bisschen ausruhen«, schlug Oliver mit bestimmtem Ton vor und hielt Carmen an den Schultern fest. Er war gut einen Kopf größer als sie und konnte sie mühelos unter Kontrolle halten.
»Lass mich los!«, heulte sie.
»Hör zu, wir sollten uns alle erst mal abregen«, sagte Oliver. »Das war ein ziemlich verrückter Abend. Morgen sieht die Sache schon wieder ganz anders aus.«
Doch am Montag arbeitete die komplette PR-Mannschaft vom CookingChannel auf Hochtouren. Alles kreiste um Hannahs plötzliches Erscheinen in der Show.
Gus und Hannah saßen in ihren Sesseln vor dem Erkerfenster. Salt beziehungsweise Pepper auf dem Schoß sahen sie den Handwerkern zu, die Porter vorbeigeschickt hatte, um Herd und Decke wieder in Ordnung zu bringen.
»Jetzt ist es raus«, sagte Hannah. »Sie haben mich.«
War es befreiend, wenn das eintrat, vor dem man sich am meisten fürchtete? Fühlte es sich an, als wären all die Magenschmerzen und schlaflosen Nächte umsonst gewesen? Eine unnötige Qual? Nein, dachte Hannah. Sie kam sich eher so vor, als würde sie dafür bestraft, dass sie nicht auf ihre Deckung geachtet hatte. Die
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