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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
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West-Sepik-Provinz von Papua-Neuguinea zu gehen, wo die Medizin auf einem sehr viel einfacheren Niveau unterrichtet wurde.
    1988 kam Bruder Andrew nach Brisbane, um auf einer der katholischen Schulen einen Vortrag zu halten. Damals gehörte er schon nicht mehr zu den Missionaren der Nächstenliebe. Nachdem er einundzwanzig Jahre lang der Dienende Leiter des Ordens gewesen war, trat er 1987 zurück, um anderen Brüdern Gelegenheit zu geben, eine Führungsposition einzunehmen. Kurz nach seinem Rücktritt als Leiter des Ordens war er zu einer Zusammenkunft nach Amerika gerufen worden. In einem Brief an die katholische Zeitschrift The Messenger berichtete er, dass man ihn auf diesem Treffen mit einer Liste konfrontiert habe, auf der die Zeiten festgehalten waren, in denen er im Lauf von zwölf Jahren zu viel Alkohol getrunken hatte. Sein Problem schien nach dem Fall von Saigon seinen Anfang genommen zu haben, als seine Leute auf die Straße gesetzt worden waren und ein junger Auszubildender, der in seiner Obhut stand, erschossen wurde. Die meisten der Vorfälle, deren er beschuldigt wurde, lagen Jahre zurück. Er war nicht mehr Leiter der Missionare der Nächstenliebe, und seine neuen Vorgesetzten hatten Vorkehrungen getroffen, dass er nach dem Treffen direkt in ein Rehabilitationszentrum kam. Obwohl er zugab, bei einigen Anlässen zu viel getrunken und sich töricht benommen zu haben und somit ein schlechtes Beispiel gewesen zu sein, hielt er sich nicht
für einen Alkoholiker, den man ohne jede Diskussion einfach in ein Rehabilitationszentrum stecken konnte. Zweifellos fühlte er sich überrumpelt. Er weigerte sich hinzugehen und verließ den Orden, den er über zwanzig Jahre lang geführt und dazu beigetragen hatte, dass er auf über fünfhundert Männer angewachsen war, die in dreißig Ländern arbeiteten. Seitdem sei er, wie er sagte, in einem sehr kleinen Boot unterwegs.
    Während er zu den Menschen sprach, die sich in der Kapelle versammelt hatten, sah er müde und ausgezehrt aus, mit seinem grauen Bart und dem sich lichtenden Haar. Im Stil der Missionare der Nächstenliebe trug er noch immer ein Poloshirt mit einem links angebrachten Kruzifix. Ich hörte mir seinen Vortrag an und wartete gespannt auf irgendwelche Andeutungen, die seine eigene Desillusionierung und seinen Kampf betrafen. Es kamen keine - nur der Aufruf zur Schlichtheit, dass man sich nicht vom Materialismus und der Modernität beherrschen lassen sollte, um sich noch einen Blick für die Leidenden in unserer Mitte zu bewahren. Als durch und durch demütiger Mensch war er sich seiner eigenen Schwäche bewusst, aber auch der Tatsache, dass Labilität zum Menschsein dazugehörte. Von Mutter und der Hingabe seiner Brüder und Schwestern sprach er voller Bewunderung.
    Ich war jedoch nicht bereit, Andrew zuzuhören, ohne die Fassade der Gemeinschaft infrage zu stellen, und sagte anschließend zu ihm: »Sie wissen, dass es nicht so ist, Andrew. Es ist ein Ideal, über das Sie reden, nicht die Realität.« Ich war noch immer wütend.
    »Ich weiß, was Sie meinen. Menschliche Schwächen gibt
es überall, aber wir brauchen Ideale, die uns fordern und nach vorn bringen. Ohne die Inspiration der Heiligen unter uns könnten wir auch sicher und bequem hinter unseren Mauern und Toren bleiben. Wir sind aufgerufen, Christus ohne irgendetwas zu folgen.« In seinen Worten schwang Resignation mit, aber kein Zorn, und er war auch in keiner Weise defensiv.
    Langsam integrierte ich mich wieder in das Leben in Australien. Meine Familie hatte mich zwar mit offenen Armen willkommen geheißen, aber einige unserer Verbindungen waren nach meiner zwölfjährigen Abwesenheit bröckelig geworden. Die Hochzeit meines Bruders Tony 1983 hatte ich verpasst, konnte aber mit Judy und Rodney deren Hochzeiten 1987 und 1989 feiern. Unser Onkel Toby war in allen drei Fällen der Pfarrer. Nachdem ich wieder Teil der Familie war, konnte ich die Geburten aller meiner acht Nichten und Neffen beglückwünschen. 1988 wurde Mama sechzig und feierte mit mir in Brisbane.
    Meinen Teilzeit-Putzjob in einer Bibliothek der Universität musste ich im fünften Jahr meiner Ausbildung aufgeben, weil meine Kurse in Chirurgie, Geburtshilfe und innerer Medizin außerhalb der Stadt stattfanden. Um mich finanziell über Wasser zu halten, verpflichtete ich mich zu einem Praktikum auf dem Land.
    Im Dezember 1990 hatte ich endlich alle Prüfungen abgelegt und machte meinen Abschluss in Medizin an der University of

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