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Wenn Ich Bleibe

Titel: Wenn Ich Bleibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Forman
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die Welt kamst.«
    »Den Teil kenne ich schon.«
    »Welchen Teil?«, fragte mein Vater atemlos, der gerade aus dem Zimmer kam. »Tacos, Henry?«
    »Das Essen der Champions«, sagte Henry.

    »Besser als nichts. Ich bin am Verhungern. Das geht ziemlich an die Nieren; ich muss bei Kräften bleiben.«
    Henry zwinkerte mir zu. Mein Vater nahm einen Taco und bot mir auch etwas an. Ich schüttelte den Kopf. Er wollte gerade abbeißen, als meine Mutter ein tiefes Grollen ausstieß und dann die Hebamme anbrüllte, dass es so weit sei.
    Die Hebamme streckte den Kopf heraus. »Ich glaube, wir kommen der Sache langsam näher. Sie sollten das Essen vielleicht auf später verschieben«, sagte sie. »Kommen Sie rein.«
    Henry schoss förmlich zur Tür hinaus. Ich folgte meinem Vater in das Zimmer, wo meine Mutter jetzt hockte und wie ein kranker Hund hechelte. »Möchten Sie zuschauen?«, fragte die Hebamme meinen Vater, der daraufhin schwankte und leicht grün im Gesicht wurde.
    »Ich bleibe besser hier oben«, sagte er, stellte sich hinter meine Mutter und nahm ihre Hand, die sie mit einer heftigen Bewegung abschüttelte.
    Niemand fragte mich, ob ich zuschauen wollte. Ich stellte mich ganz automatisch neben die Hebamme. Es war ziemlich eklig, das muss ich zugeben. Jede Menge Blut. Und aus dieser Perspektive hatte ich meine Mutter noch nie betrachtet. Aber es kam mir merkwürdigerweise ganz normal vor. Die Hebamme sagte meiner Mutter, wann sie pressen sollte und wann nicht. »Los, Baby – los, Baby – los, Baby!«, sang sie. »Du hast
es fast geschafft!«, jubelte sie. Meine Mutter sah so aus, als wollte sie ihr am liebsten einen Kinnhaken verpassen.
    Als Teddy herausglitt, kam er mit dem Kopf zuerst und mit dem Gesicht nach oben, sodass ich das Erste war, das er sah. Er wurde nicht kreischend geboren, wie man es im Fernsehen sieht. Er war ganz still. Seine Augen waren weit geöffnet und starrten mich an. Er hielt mich mit seinem Blick fest, während ihm die Hebamme die Nase freisaugte. »Es ist ein Junge!«, verkündete sie.
    Die Hebamme legte Teddy auf den Bauch meiner Mutter. »Wollen Sie die Nabelschnur durchschneiden?«, fragte sie meinen Vater. Der winkte nur wortlos ab, gänzlich mit seiner Übelkeit beschäftigt.
    »Ich mache es«, bot ich an.
    Die Hebamme hielt die Nabelschnur straff und sagte mir, wo ich schneiden solle. Teddy lag ganz still. Seine grauen Augen waren immer noch weit geöffnet, und immer noch starrte er mich an.
    Später sagte meine Mutter, dass Teddy irgendwo tief in seinem Innern dachte, ich sei seine Mutter, weil er mich zuerst gesehen und ich die Nabelschnur durchtrennt hatte. »Das ist so wie bei den Gänsen«, scherzte sie. »Ein Mensch kann Gänseküken auf sich prägen, und nicht auf die Gänsemutter, wenn er das erste Lebewesen ist, das sie sehen.«
    Sie übertrieb natürlich. Teddy dachte nie, ich sei seine Mutter, aber es gab ein paar Dinge, die nur ich für ihn
tun konnte. Als er ein Baby war und nachts manchmal nicht schlafen konnte, gelang es mir, ihn zu beruhigen, wenn ich ihm auf dem Cello ein Schlaflied vorspielte. Und als er Harry Potter für sich entdeckte, durfte nur ich ihm jeden Abend ein Kapitel vorlesen. Wenn er sich das Knie aufgeschlagen oder den Kopf gestoßen hatte, wollte er nicht aufhören zu weinen, ehe ich einen Zauberkuss auf die Wunde gedrückt hatte, nach dem er sich auf wundersame Weise wieder erholte.
    Ich weiß, dass ihm alle Zauberküsse der Welt heute nicht hätten helfen können. Aber ich würde alles dafür geben, wenn ich ihm noch einen einzigen schenken könnte.

22.40 Uhr
    Ich laufe weg.
    Ich lasse Adam, Kim und Willow im Bürotrakt zurück und rase kopflos durch das Krankenhaus. Mir ist nicht bewusst, dass ich zur Kinderstation will, aber genau dort lande ich. Ich stürze durch die Flure, an Zimmern vorbei, wo nervöse Vierjährige, denen morgen die Mandeln herausgenommen werden, einen unruhigen Schlaf schlafen. Vorbei an der Intensivstation, wo Frühchen, die nicht größer sind als eine Männerfaust, in ihren Brutkästen liegen, angeschlossen an mehr Schläuchen als mein eigener Körper. Vorbei an der Onkologie, wo kahlköpfige kleine Krebspatienten unter fröhlich anmutenden Mobiles mit Regenbögen und bunten Ballons schlafen. Ich suche nach ihm, obwohl ich weiß, dass ich ihn nicht finden werde. Trotzdem muss ich weitersuchen.
    Ich sehe seinen Kopf vor mir, seine kleinen blonden Locken. Ich vergrabe so gern mein Gesicht in diesen Locken. Das habe ich

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