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Wenn Ich Bleibe

Titel: Wenn Ich Bleibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Forman
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hättest.«
    »Ich weiß, ich weiß. Was soll so ein ahnungsloses Kind mit Liebe anfangen?«
    Meine Mutter, die gerade eine Bratpfanne abtrocknete, hielt mitten in der Bewegung inne. »Das meinte ich nicht. Genau das Gegenteil, wenn du es wissen willst. Die Beziehung zwischen Adam und dir kam mir nie wie eine ›Schülerliebe‹ vor«, sagte meine Mutter und malte mit ihren Fingern die Anführungszeichen in die Luft. »Es war alles andere als das Herumgeknutsche auf irgendeinem Rücksitz, was man zu meiner Zeit als Beziehung bezeichnete. Ihr beide schient – scheint immer noch – wirklich und wahrhaftig ineinander verliebt
zu sein.« Sie seufzte. »Aber siebzehn ist ein äußerst ungeeignetes Alter für diese Art von Liebe.«
    Darüber musste ich lächeln, und der Knoten in meinem Magen entspannte sich ein bisschen. »Wem sagst du das«, sagte ich. »Wenn wir nicht beide Musiker wären, könnten wir zusammen aufs College gehen, und alles wäre bestens.«
    »Das ist Quatsch, Mia«, konterte meine Mutter. »Keine Beziehung ist leicht. Genauso wie in der Musik gibt es manchmal Harmonie und manchmal Missklang. Das brauche ich dir doch nicht zu sagen.«
    »Vermutlich hast du recht.«
    »Und außerdem: Die Musik hat euch schließlich zusammengebracht. Dieser Meinung sind jedenfalls dein Vater und ich. Ihr wart beide in die Musik verliebt, und dann habt ihr euch ineinander verliebt. So ähnlich war es bei deinem Vater und mir auch. Ich habe zwar keine Musik gemacht, aber ich habe zugehört. Glücklicherweise waren wir ein bisschen älter, als wir uns kennenlernten.«
    Ich hatte meiner Mutter nie erzählt, was Adam nach dem Yo-Yo-Ma-Konzert auf meine Frage, warum er ausgerechnet mich ausgewählt habe, geantwortet hatte. Sie wusste auch so, welche Rolle die Musik dabei gespielt hatte. »Ja, richtig. Aber jetzt habe ich das Gefühl, dass uns die Musik auseinanderbringt.«
    Meine Mutter schüttelte den Kopf. »Auch das ist Quatsch. Das kann die Musik nicht. Das Leben mag
unterschiedliche Wege für euch bereithalten. Aber die Entscheidung, welchen davon ihr wählt, liegt bei euch.« Sie schaute mir ins Gesicht. »Adam versucht doch nicht, dich von Juilliard abzubringen, oder?«
    »Nicht mehr als ich versuche, ihn dazu zu bringen, nach New York zu gehen. Dabei ist das so lächerlich; vielleicht gehe ich selbst gar nicht dorthin.«
    »Vielleicht nicht. Aber irgendwohin wirst du gehen. Das haben wir alle begriffen. Und das Gleiche gilt für Adam.«
    »Wenigstens kann er irgendwohin gehen und trotzdem hier leben.«
    Meine Mutter zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Im Augenblick jedenfalls.«
    Ich vergrub das Gesicht in meinen Händen und schüttelte den Kopf. »Was soll ich bloß machen?«, jammerte ich. »Ich fühle mich total zerrissen.«
    Meine Mutter verzog mitfühlend das Gesicht. »Ich weiß auch nicht. Aber wenn du hierbleiben, wenn du bei ihm bleiben willst, dann werde ich dich unterstützen, obwohl ich das vielleicht jetzt nur sage, weil ich ganz genau weiß, dass du nicht fähig bist, ein Angebot von Juilliard abzulehnen. Aber ich würde es verstehen, wenn du dich für die Liebe entscheidest, für Adams Liebe, und nicht für die Liebe zur Musik. Wie auch immer du dich entscheidest, du gewinnst. Und gleichzeitig verlierst du. Was soll ich sagen? Die Liebe ist eine verteufelt schwierige Sache.«

    Adam und ich sprachen danach noch einmal über dieses Thema. Wir waren im House of Rock und saßen auf seinem Futon. Er zupfte auf seiner Akustikgitarre herum.
    »Vielleicht werde ich nicht aufgenommen«, sagte ich zu ihm. »Vielleicht bleibe ich hier und gehe mit dir zusammen aufs College. Ein Teil von mir wünscht sich, dass ich abgelehnt werde, damit ich die Entscheidung nicht selbst treffen muss.«
    »Wenn du aufgenommen wirst, ist die Entscheidung schon gefallen, nicht wahr?«, sagte Adam.
    Und so war es. Ich würde gehen. Das hieß nicht, dass ich aufhören würde, Adam zu lieben oder dass wir uns trennen müssten, aber sowohl meine Mutter als auch Adam hatten recht. Ein Angebot von Juilliard würde ich nie im Leben ablehnen.
    Adam schwieg eine Minute lang, zupfte so laut an den Saiten seiner Gitarre, dass ich seine nächsten Worte beinahe nicht verstanden hätte. »Ich will nicht der Typ sein, der nicht will, dass du gehst. Du würdest mich gehen lassen, wenn es umgekehrt wäre.«
    »Das habe ich irgendwie schon. Irgendwie bist du schon gegangen. Zu deinem eigenen Juilliard«, sagte ich.
    »Ich weiß«, sagte Adam

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