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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ciara Geraghty
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    »Das habe ich auch nie behauptet. Ich habe gesagt, ich hätte ein Knubbelknie.«
    »Welches denn?«
    »Das linke.«
    »Ist mir gar nicht aufgefallen«, sagte Stanley.
    »Es ist nur ganz leicht knubbelig. Aber trotzdem.«
    Miss Pettigrew wollte auch wissen, wie es in der Causa Flood stand, aber das erwähnte Stanley nicht. Er fühlte sich so wohl wie schon seit einer Ewigkeit nicht mehr, und er wollte nicht alles verderben, indem er auf den unauffindbaren Mr. Flood zu sprechen kam. Ihm blieb ohnehin keine Zeit mehr dafür, denn auf einmal herrschte um sie hektische Betriebsamkeit.
    Er hob den Kopf. Die anderen Gäste leerten ihre Weingläser und Kaffeetassen und standen auf. Die Kellnerinnen räumten die Tische ab und stellten die Kerzen auf den
Tresen, neben den Papagei, der nun nicht mehr Chanson d’Amour sang, sondern sich mit der Spitze seines langen, breiten Schnabels die Federn putzte. Die Uhr, die immer noch fünf vor zwölf Uhr anzeigte, begann zu schlagen.
    Sobald die Tische abgeräumt waren, trugen die Gäste sie in eine Ecke des Lokals und stellten die Stühle umgekehrt darauf. Die Glocke über der Tür bimmelte, und drei untersetzte dunkelhäutige Männer mit buschigen Schnauzbärten kamen herein. Jeder von ihnen trug ein Instrument unter dem Arm – einen Kontrabass, eine Gitarre, Bongotrommeln. Sie marschierten im Gänsemarsch zum anderen Ende des Raumes, wo sie den Gästen den Rücken zudrehten und sich ihren Instrumenten widmeten.
    Stanley sah zu Dara. »Was geht denn hier …«
    Doch ehe er die Frage beendet hatte, trugen die Kellnerinnen ihren Tisch, der inzwischen ebenfalls leer war, wortlos davon, sodass sie sich auf den beiden einzigen Stühlen im Raum gegenübersaßen, mit einem leeren Fleck in der Mitte.
    Sie standen auf, weil sie nicht recht wussten, was sie sonst tun sollten, und sogleich wurden auch ihre Stühle weggeräumt.
    Und dann begannen die Musiker zu spielen.



49
    Dara erkannte die Musik sogleich. Ein kräftiger, erdiger Beat, tief und unüberhörbar. Schon spürte sie, wie ihr Körper seinem unwiderstehlichen Rhythmus zu folgen begann. Schnapsgläser, gefüllt mit einem Likör, wurden herumgereicht, von den anderen Gästen zügig gekippt und unter ohrenbetäubenden »SALSA!«-Rufen auf den Tresen geknallt. Danach fanden sie sich in Paaren zusammen und begannen zu tanzen.
    Dara und Stanley standen regungslos mitten auf der Tanzfläche und sahen einander an. Es war wärmer und lauter geworden, die Füße der Tanzenden klopften auf den Holzboden wie Trommeln, und mit jeder Drehung, jedem Schritt ging ihr Atem rascher. Sie umrundeten Dara und Stanley wie ein Karussell. Und während Dara noch dastand und überlegte, was sie tun oder sagen sollte, legte ihr Stanley eine Hand auf die Hüfte und griff mit der anderen nach ihren Fingern, und ganz plötzlich tanzten auch sie.
    Es war, als hätten sie schon immer miteinander getanzt. Sie machten einen Schritt aufeinander zu, einen zurück, streckten die Fingerspitzen nacheinander aus, bewegten sich im Takt zur Musik – vor, zurück, nach rechts, nach links, schwangen synchron die Hüften und sahen einander dabei unverwandt in die Augen. Er wirbelte sie herum, zog sie an sich, schlang einen Arm um ihre Taille, und sie schmiegte sich an seinen warmen Körper, nur um gleich
wieder von ihm weggewirbelt zu werden. Eine kurze Trennung, wie eine Ruhepause, dann verschmolzen sie wieder zu einer Einheit. So ging das ein ums andere Mal, bis Dara völlig außer Atem war, und zwar nicht vor Anstrengung.
    Möglicherweise lag es am Wein oder an der im Lokal herrschenden Hitze, vielleicht auch am erregten Kreischen des Papageis oder an den Zeigern der Uhr, die noch immer gen Mitternacht strebten. Es konnte aber auch an Paris selbst liegen, an der Tatsache, dass sie hier waren. Jedenfalls tanzte Dara, als gäbe es kein Morgen. Sie tanzte, als wäre sie gar nicht Dara Flood, als würde sie nur aus Bewegungen und Gefühlen und Geräuschen bestehen.
    Sie umrundete Stanley, ließ die Finger über seine Brust gleiten, über seine Schultern, seinen Rücken, trat wieder vor ihn, lehnte sich nach hinten, ließ sich fallen und spürte erst seine Hand an ihrem Kreuz, als sie schon fast den Boden berührte. Er fing sie auf, zog sie wieder an sich, näher diesmal, schob einen Oberschenkel zwischen ihre Beine, warm und fest und aufregend. So verharrten sie einen Augenblick, sich nur an den Hüften berührend, und starrten einander an wie hypnotisiert.

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