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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ciara Geraghty
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und hätte ohnehin keine weiteren austeilen können. Er zückte eine Packung Taschentücher. »Hier, wisch dir das Gesicht ab. Du blutest alles voll.«
    Cormac tupfte sich vorsichtig die Nase ab, wobei er immer wieder ungläubig das vollgesogene rote Taschentuch inspizierte.
    »Was willst du trinken?«, fragte Stanley.
    Cormac stierte ihn konsterniert an (soll heißen, noch konsternierter als zuvor), dann stierte er den Barkeeper an, der sogleich herbeigeeilt war in der Hoffnung, weitere Unbill im Keim ersticken zu können, indem er seinen Gästen blitzartig sämtliche Wünsche erfüllte.
    »Ich nehme dasselbe wie er«, sagte Cormac zum Barkeeper und deutete mit dem Kopf auf Stanleys Glas.
    Das Klappern von hohen Absätzen näherte sich, und dann stand sie plötzlich zwischen ihnen, wie immer. Sie war wunderschön, womöglich sogar schöner als je zuvor. Mit gerunzelter Stirn betrachtete sie Cormacs lädiertes Gesicht, sah von ihm zu Stanley und wieder zurück. Stanley bemerkte das Funkeln in ihren meergrünen Augen, kalt und hart.
    »Habt ihr euch etwa meinetwegen geprügelt?«, fragte Cora, und ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
    »Jep«, sagten sie unisono, dann stießen sie miteinander an, nickten sich zu und kippten sich den Whiskey in die Kehle.
    »Und, wer hat gewonnen?«, wollte Cora wissen.
    »Cormac«, sagte Stanley und erhob sich.
    »Aber …«
    »Gratuliere, Cormac. Du darfst das Mädchen behalten. Gut gemacht.«
    »Aber …« Cora öffnete und schloss den Mund wie ein Fisch.
    »Ich gehe jetzt«, verkündete Stanley.
    »Du kannst noch nicht gehen«, sagte Cora. »Du bist doch gerade erst gekommen.«
    »Mir reicht’s«, sagte er und griff nach seiner Jacke, die ihm im Zuge des Handgemenges irgendwie abhandengekommen war.
    Cormac nahm die Kühlkompresse, die ihm der Barkeeper reichte, und drückte sie sich auf das Gesicht. »Ist vielleicht besser so«, brummte er. Was den ruppigen Tonfall anging, war er schon fast wieder der Alte. »Damit es nicht noch mehr Ärger gibt.«
    »Ich begleite dich hinaus«, sagte Cora und zwinkerte Stanley unauffällig zu.
    »Nein, tust du nicht.« Stanley machte sich nicht einmal die Mühe, ein »Aber danke für das Angebot« hinterherzuschieben, wie er es früher getan hätte.
    »Aber ich …«
    »Ich finde allein raus«, schnitt er ihr das Wort ab, und er musste sich gar nicht erst um eine grimmige Miene bemühen, denn die stellte sich ganz von selbst ein. Cora wollte noch etwas sagen, überlegte es sich aber offenbar anders. Um ein Haar hätte Stanley Mitleid mit ihr empfunden, doch er kämpfte dagegen an. Er wandte sich zum Gehen, blieb stehen, drehte sich noch einmal um. »Ach, und noch etwas …«
    »Ja?«, hauchte sie mit ihrer hohen Stimme, die ihn plötzlich an Dara Flood erinnerte, und sei es nur deshalb, weil der Unterschied nicht größer hätte sein können.
    »Ich habe nichts mehr, was dir gehört. Du kannst dir also in Zukunft deine unangemeldeten Besuche bei mir sparen. Und falls du mal wieder deinen Schal, deine Mütze, deine Handschuhe oder was auch immer vermisst, dann ruf gefälligst vorher an.«
    Cora hatte immerhin den Anstand, den Blick abzuwenden. Genauer gesagt, sie schielte zu Cormac, um zu sehen, ob er gehört hatte, was Stanley gesagt hatte. Er hatte. »Was soll das heißen, Cora?«, nuschelte er. Seine Nase schwoll rapide an. »Was hast du getan?«
    Stanley hörte ihre Antwort nicht mehr, und sie interessierte ihn auch nicht. Er hatte genug von ihren unausbleiblichen Lügen.
    Er drehte sich um und marschierte von dannen, an seinen Eltern vorbei, die eben erst von Coras Vater erfahren
hatten, was die Hochzeit kosten würde. »Ist doch nur Geld«, sagte er gerade. »Und sie ist meine Prinzessin, und eine Prinzessin sollte eine Märchenhochzeit bekommen, nicht?« Sie hatten gar nicht mitbekommen, dass ihr Ältester von ihrem Jüngsten ordentlich eins auf die Nase bekommen hatte, weil sie derart in die Berechnung der Kosten für den großen Tag vertieft gewesen waren, und das war Stanley auch ganz recht so. Er ging weiter.
    Vorbei an Cormacs Kollegen, die eigentlich auch seine Kollegen hätten sein sollen. Stattdessen waren sie seine Klienten. Misstrauische Männer mit zu viel Freizeit. Stanley beschloss, nie wieder einen Fall für einen von ihnen zu übernehmen, ganz egal, wie dringend er den Auftrag auch benötigen mochte. Es war zu deprimierend. Sollte sich doch ein anderer Idiot zu nachtschlafender Zeit in irgendwelchen

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