Wenn ich dich gefunden habe
Hilfe zu eilen konnte, gab Dara einen seltsamen Laut von sich, ganz tief hinten in der Kehle, worauf Clouseau augenblicklich von ihr abließ. Er setzte sich hin, die Vorderpfoten ordentlich nebeneinander, zwei Säulen, auf denen sein massiger Körper ruhte, und blickte sie mit anmutig erhobenem Haupt an, als würde er an einer Hundeausstellung teilnehmen und wäre im Begriff, eine Goldmedaille zu gewinnen.
»Braver Hund«, sagte Dara. Sie gab ihm einen Leckerbissen, den sie aus ihrer Jackentasche gefischt hatte, und tätschelte ihm flüchtig den Kopf. Dann richtete sie sich auf und wich ein paar Schritte zurück. »Bleib«, befahl sie. Clouseau winselte jämmerlich, blieb aber sitzen, wo er war. »Bleib«, wiederholte sie und gesellte sich zu Stanley. Dieser kam sich ein wenig albern vor, während Dara und Clouseau einander hochkonzentriert anstarrten, als wären sie allein im Zimmer. Sollte er irgendetwas tun? Und wenn ja,
was? Seinem Duftspray zum Trotz nahm er plötzlich den Duft von Zimt und Vanilleessenz wahr.
»Sind Ihre Hundeplätzchen selbstgebacken?«, fragte er.
»Ja. Sie enthalten viel mehr Nährstoffe als die gekauften, und billiger sind sie auch. George hat sie geliebt.« Sie wirkte verlegen, als sie das sagte, als wäre es ihr unversehens herausgerutscht.
»George?«
»Äh, ja. Das war mein Hund. Er … ist gestorben.«
»Das tut mir leid.«
»Schon gut. Ist schon lange her.«
»Und Sie haben sich keinen neuen Hund zugelegt?«
»Nein.« Dara zuckte die Achseln und lächelte, ein kleines, verkniffenes Lächeln. »Ich meine … Ich weiß, es sind bloß Hunde, aber … Man hängt eben doch an ihnen, nicht? Und dann sind sie weg und …«
»Würde mir bei Clouseau genau gleich gehen«, sagte Stanley, und es stimmte, wie er zu seiner Überraschung feststellte.
Dara nickte, schwieg jedoch.
»Sie müssen mir das Rezept geben«, sagte Stanley.
»Gern.« Sie trat ein paar Schritte zurück, und ihre Stimme war etwas leiser, als sie Clouseau erneut befahl, zu bleiben. Der Gute konnte sich nur noch mit Müh und Not beherrschen. Er winselte und zitterte und sabberte auf den Teppich, den Stanley gerade gesaugt hatte, aber er blieb. Stanley hielt den Atem an. Wenn es Hoffnung für Clouseau gab, dann gab es Hoffnung für sie alle.
»Rieche ich da Schokobrownies?«, ertönte Daras Stimme hinter ihm.
»Äh, ja, inzwischen sollten sie fertig sein. Ich gehe gleich mal nachsehen.«
»Bleib«, sagte Dara wieder, und Stanley war sich fast sicher, dass der Hund gemeint war, aber nur fast. Er beschloss, sich vorsichtshalber nicht vom Fleck zu rühren.
»Was für Schokolade haben Sie verwendet?«, fragte Dara.
»Bournville. Die enthält zwar nur vierzig Prozent Kakao, aber es ist einfach die beste. Finde ich jedenfalls.«
»Die nehme ich auch immer.«
»Ach ja?«, sagte Stanley verblüfft.
»Ja. Sie eignet sich hervorragend zum Backen, nicht nur geschmacklich, sondern auch, was die Konsistenz angeht. Und die Schmelzfähigkeit natürlich.«
Stanley nickte und lächelte. Er hatte den Ausdruck Schmelzfähigkeit zwar noch nie gehört, aber er war absolut ihrer Meinung.
Das Hundetraining verlief ganz anders als Stanley es erwartet hatte. Vor allem, weil er nicht damit gerechnet hatte, dass Clouseau tatsächlich Fortschritte machen würde.
Er musste nicht erst erwähnen, dass ihm nicht wohl dabei war, seinen Hund anzuschreien. »Es bringt gar nichts, die Stimme zu erheben, aber das tun Sie ja ohnehin nicht«, sagte Dara. »Ein strenger Tonfall genügt.« Stanley musterte sie skeptisch, willigte aber ein, es zu versuchen.
»Bleib, Clouseau?«, fragte er, und Clouseau bellte und brachte ihn zu Fall, in dem er hurtig zwischen seinen Beinen hindurchwieselte.
»Clouseau! Ähm … bleib. Bitte?« Diesmal reagierte der Hund mit aufgeregtem Kläffen, und dann hüpfte er mit weit aufgerissenem Maul um Stanleys Beine herum. Es sah aus, als würde er ihn auslachen, und vielleicht tat er das ja auch.
Erst, als sich Dara, die Stanley gerade mal bis zum Kinn reichte, neben ihn stellte, schaffte er es. »Bleib, Clouseau.« Er hob den Zeigefinger der linken Hand, wie Dara es ihm gezeigt hatte, und legte so viel Strenge in seine Stimme, wie er konnte. Und siehe da, Clouseau blieb, wo er war, mit schief gelegtem Kopf und ratloser Resignation, auch wenn dabei alle von Daras selbstgebackenen Keksen und fast die Hälfte von Stanleys Schokobrownies draufgingen.
»Es hat geklappt«, sagte Stanley erstaunt und drehte sich
Weitere Kostenlose Bücher