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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ciara Geraghty
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Sissy lächelte Dara an und begab sich zur Treppe.
    Clouseau hatte bis jetzt vor dem Kamin gesessen, sich vom Feuer den Hintern wärmen lassen und den Anschein
erweckt, als könne er kein Wässerchen trüben. Sissy hatte schon immer behauptet, er sei in der Lage, sich mindestens fünf Minuten täglich völlig normal zu verhalten. Doch diese fünf Minuten schienen nun zu Ende zu sein, und Stanley hatte sie gar nicht gebührend genossen.
    Es fing wie üblich mit Gebell an.
    »Du musst Clouseau sein«, stellte Dara fest, und es klang weit weniger zurückhaltend als vorher. Sie redete mit Clouseau, als wäre Stanley gar nicht da.
    Stanley hielt den Atem an. Es lag eine Spannung in der Luft, die von außergewöhnlichen Ereignissen kündete. Clouseau riss den Kopf herum und sah Dara mit gespitzten Ohren an, und dann winselte er, als bestünde ein himmelweiter Unterschied zwischen dem, was er tun wollte, und dem, was er tun sollte. Genau so war es auch, wie sich herausstellte. Der Hund ließ ein paar Sekunden verstreichen, in denen sich Stanleys Hoffnungen ins Unermessliche steigerten, dann legte er den Kopf in den Nacken, um den Mond anzuheulen (bei Vollmond kam immer seine schlimmste Seite zum Vorschein) und stürzte sich mit einem einzigen Satz, bei dem selbst Dara einen Schritt zurückwich, auf seinen Besitzer. Er legte seinem Herrchen die Vorderpfoten auf die Schultern, und Stanley taumelte mit ihm durch das Wohnzimmer wie ein Betrunkener, der den letzten Tequila lieber hätte ablehnen sollen. Da es nur eine Frage der Zeit war, bis ihn das Riesenvieh zu Boden gerungen hatte, leistete Stanley keine Gegenwehr und ließ es einfach geschehen. Je eher er es hinter sich brachte, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass er wieder auf zwei Beinen stand, wenn Cora eintraf.
    Es dauerte, bis Dara Clouseau endlich dazu bewegen konnte, sich von Stanleys Brust zu erheben, die sich heftig
hob und senkte. Sie musste ihn sogar mit Hundekeksen bestechen.
    »Verstehen Sie jetzt, was ich meine?«, fragte Stanley, als er sich aufrappelte und sich die Hundehaare von seinem zweitbesten Pulli zupfte. Er hätte ja gern seinen besten Pulli angezogen, aber der war Clouseau zum Opfer gefallen.
    »Nun, die gute Nachricht lautet …«
    »Es gibt eine gute Nachricht?«, fragte Stanley.
    »Äh, ja.« Das klang leicht überrascht, als wäre das normalerweise nicht der Fall. »Clouseau liebt Sie.«
    »Er liebt mich?«
    »Genau.« Dara nickte, und als sie den Kopf hob, sah Stanley, dass sie lächelte. Im selben Augenblick wurde ihm bewusst, dass er sie noch nie hatte lächeln sehen, denn an dieses Lächeln hätte er sich erinnert. Er erwiderte es ganz unwillkürlich, weil er gar nicht anders konnte. Das Lächeln hatte etwas Ansteckendes. Außerdem fand er es schön zu wissen, dass Clouseau ihn mochte. Mehr noch, liebte. Nach allem, was er angerichtet hatte – im Haus, im Garten und an Stanley selbst – war es tröstlich zu wissen, dass er es zumindest nicht absichtlich getan hatte.
    »Das Problem ist«, fuhr Dara Flood fort, »dass er keinen Respekt vor Ihnen hat. Tut mir leid, aber so ist es.«
    »Oh«, sagte Stanley. Er wusste, dass es stimmte, und schämte sich ein wenig, als wäre diese Tatsache auf einen Makel seinerseits zurückzuführen. Im Grunde hätte das die Überschrift seiner Lebensgeschichte sein können.
    »Aber es liegt nur daran, dass Sie so nett zu ihm waren«, setzte Dara hastig hinzu, quasi als Entschädigung für ihre schonungslose Offenheit.
    »Ich hab versucht, strenger zu sein, aber … Es liegt an seinen Augen. Wenn er mich mit diesem flehentlichen Blick
ansieht …« Stanley war fast hundertprozentig sicher, dass er in seinem ganzen Leben noch nie das Wort flehentlich verwendet hatte. Aber es war nun einmal der einzige Ausdruck, der ihm in den Sinn kam, wenn er seinem Hund in die riesigen, feuchten, braunen Augen sah.
    Dara nickte, als fände sie seine Wortwahl kein bisschen befremdlich. »Er ist ein Schlingel«, sagte sie, eher zu sich selbst als zu Stanley, während sie Clouseau streichelte und ihn an den Ohren zog, genau wie er es gern hatte. »Aber ein schöner Schlingel, stimmt’s?« Der Hund stierte sie an, mit einer Miene, die an Verzückung grenzte. Dann schüttelte er sich, als wäre ihm plötzlich wieder eingefallen, wer er war und worin seine Bestimmung bestand. Er erhob sich auf die Hinterläufe und legte Dara die Vorderpfoten auf die Schultern in dem Versuch, sie umzuwerfen. Aber noch ehe Stanley ihr zu

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