Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)
Gesichtsausdrucks des Mannes oder aus irgendeinem anderen dunklen Grund, rennt er damit davon. Der überraschte Händler stutzt einen Augenblick, dann stürmt er hinterher. Zu viel Schwung: Er stolpert und wirft seine gesamte wertvolle Ware um. Ich stehe etwas weiter weg und kann nicht eingreifen. Der Händler liegt am Boden, er schreit wie am Spieß. Als Andrea dieses Gebrüll hört, zischt er ab wie eine Rakete. Von dem Spektakel aufgeschreckt, halten ein paar Leute ihn zu Recht für einen Dieb und setzen ihm lärmend nach. Ich eile zu dem Händler und stammle keuchend ein paar erklärende Worte. Er beruhigt sich, versucht, die Verfolger zu stoppen, es sei nichts passiert, ruft er, worauf sie sich verwundert umdrehen, und Andrea, nur noch ein Pünktchen am Horizont, sieht das Zögern der Männer, die ihm auf den Fersen waren, und bleibt stehen.
Jetzt lachen die Verfolger wie verrückt. Der Händler sagt zu mir: »Faça atenção ao menino.«
Ja, das höre ich ständig in allen Sprachen: »Take care of him!«, »Pay attention!«, »Cuidalo!«
Ja, ja, ich passe schon auf…
Danke
Für die Weiterreise müssen wir fünfzig Kilometer voller Schlaglöcher zurückfahren, Kühler und Kühe lassen grüßen. Ich ignoriere sie. Ich habe meine Lektion gelernt. In Itacaré finden wir einen riesengroßen, einsamen Strand. Palmen, ein Wasserfall, der seitlich vom Berg herunterrauscht und fast in den Ozean mündet, blendend heller Sand. Heute ist absoluter Ruhetag.
Im Schatten der Palmen ausgestreckt, möchte ich auf einmal unbedingt die Nachrichten wiederlesen, die wir auf dieser Reise bekommen haben.
Ich rufe Andrea, denn ich weiß, dass er immer großes Interesse zeigt, wenn wir Fotos und SMS anschauen.
»Andrea, dein Bruder hat auch geschrieben!«
»Bruder!«
»Totti sagt brauchen einen verteidiger. Auf dem trikot des fc florenz kein sponsor sondern aufschrift: fußball macht spaß. Florenz kauft d’agostino boruc und insúa und verkauft keirrison an barcelona und gobbi neapel kauft cavani milan kauft amelia yepes und papastathopoulos. Dida und favalli frei und ronaldinho vielleicht zum flamengo. Rom kauft simplicío adriano und rosi. Juventus kauft bonucci martínez pepe und stolari lanzafame und motta und verkauft cannavaro. Inter kauft biabiany castellazzi coutinho und faraoni und verkauft arnautović quaresma und donati an lecce. Ciao papa.«
»Ciao papa. Heute fehlst du mir sehr. Hab dich lieb. Gruß an andrea.«
»Unsere mannschaft ist meister geworden, und ich habe eine medaille und einen fußball bekommen, schade dass die meisterschaft zu ende ist, kuss, dein champion.«
Er ist der Sohn nach Andrea. Keine einfache Position. Irgendein nicht gerade sensibler Mensch hat zu mir gesagt, mit den Kindern sei es mir halt fifty-fifty gegangen. Manche Leute sehen die Sache eben so.
Vor der Abreise haben der Kleine und ich im Haus Fußball gespielt. Mein Tor ist immer die Eingangstür und seines die Terrassentür. Wir haben uns eine richtige Meisterschaft ausgedacht, mit Punkten und Rangliste der Torschützen, und haben alle Ergebnisse auf einer Tafel verzeichnet. Dazwischen haben wir über meine Reise mit Andrea diskutiert. Ich habe ihn gebeten, im Haushalt mitzuhelfen, ich weiß, dass ich mich auf ihn verlassen kann, und er hat es feierlich versprochen. Er wirkte ganz unbeschwert. Für den Tag unserer Rückkehr haben wir uns verabredet: Dann werden wir uns erzählen, wie dieser ungewöhnliche Sommer für uns beide verlaufen ist.
Andrea ist gerührt, und zusammen wiederholen wir die Namen der Freunde, die uns geschrieben haben.
»Siehst du, wie viele Leute unsere Reise verfolgen und uns gernhaben?«
»Leute schön.«
»Sollen wir allen ein großes Danke sagen?«
»Danke an alle.«
»Sollen wir unser Danke über den Ozean schicken, damit er es auf die andere Seite der Erde trägt?«
Andrea lächelt.
Und dann blicken zwei Männer an einem einsamen Strand auf die Wellen, breiten die Arme aus und schreien, so laut sie können:
»Danke!«
Kakao
Unwahrscheinliche Begegnungen? Gestern Abend haben wir beim Essen einen Mann getroffen, der in Arraial gelebt hat. Vor dem Dessertwagen hat der lebhafte, rundliche Herr angefangen, mit Andrea zu spielen.
Woher kommt ihr? Wohin fahrt ihr, nach São Paulo oder nach Rio? So kamen wir auf Arraial d’Ajuda zu sprechen.
Daraufhin beschrieb er uns in allen Einzelheiten die Gegend und die Leute, er kannte Joana, eine bildschöne Frau, und wusste, dass sie aus
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