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Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry

Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry

Titel: Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Daraufhin kündigte ich für heute mein Kommen an, aber Mr. Marlowe ist nicht da, und auch der Brief, den ich ihm schickte, steckt nicht im Briefkasten..
    „Er wird ihn abgeholt haben“, sagte der Alte nervös. „Weshalb, zum Teufel, belästigen Sie mich mit Ihren dummen Familiengeschichten?“
    Jamie wies auf das Sportjackett des Alten. „Wenn Sie schon Briefe stehlen, sollten Sie darauf achten, daß die Umschläge nicht aus der Tasche ragen.“
    Der Alte fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. Er ließ Jamie keine Sekunde aus den Augen. „Sie beobachten gut“, sagte er dann. „Ja, ich habe die Briefe genommen. Nicht weil ich neugierig bin, sondern weil ich Hunger und kein Geld habe. Ich wollte hineinschauen, weil ich hoffte, einen Geldschein darin zu entdecken.“
    „Ich muß Sie bitten, mir zur Polizei zu folgen.“
    Der Alte grinste. Er blickte sich um, als wolle er sieh vergewissern, daß niemand in der Nähe war. Dann schaute er Jamie wieder in die Augen. „Meine Liebe, Sie glauben doch nicht im Ernst, daß ich mit Ihnen zur Polizei gehe? Ich habe keine Lust, mich wegen Landstreicherei verantworten zu müssen.“
    „Sie werden mitkommen.“
    „Sie haben Mut“, meinte er höhnisch. „Wie allen Menschen, die nicht feige sind, mangelt es Ihnen jedoch am klaren Verstand.“  
    Er nahm die kaum angerauchte Pfeife aus dem Mund und klopfte sie überraschend am linken Absatz aus. Dann steckte er sie in die Jackettasche und fuhr fort: „Wenn Sie nur ein wenig klüger wären, würden Sie erkennen, in welcher Gefahr Sie sich befinden.“
    „Gefahr?“ fragte Jamie und wich unwillkürlich einen halben Schritt zurück.
    Der Alte grinste und zeigte ihr seine knochigen, blassen Hände. „Es gibt ein altes Rezept, mit dem man jeden Widersacher aus der Welt schafft. Man macht ihn einfach still.“
    Jamie schluckte. „Sie wollen...?“
    „Ja, ich will Ihnen den zwar schönen, aber gefährlich dummen Mund stopfen“, erwiderte er. Noch ehe Jamie ausweichen konnte, hatte er sie am Hals gepackt. Jamie wollte schreien, aber der eiserne Griff des erstaunlich gewandten Alten ließ nur ein heiseres Krächzen daraus werden.
    Sie stieß ihm mit dem Knie in den Unterleib, wehrte und sträubte sich mit allen Kräften, die ihr die Todesangst eingab, gegen die furchtbare Umklammerung, aber der Alte ließ nicht locker. Jamies Augen weiteten sich entsetzt.
    Sie spürte, wie ihre Adern am Hals anschwollen und wie die Lungen fast zu bersten drohten. Ein Schwindelgefühl überkam sie, und Tränen des Schmerzes und der Verzweiflung traten ihr in die Augen. Sie befürchtete ohnmächtig zu werden.
    Plötzlich fühlte sie sich zur Seite gewirbelt, ihre Knie sackten ein, und sie stieß im Fallen mit der rechten Schulter gegen den Stamm eines Obstbaumes. Als sie sich zur Seite rollte und die Augen öffnete, sah sie, wie ein junger Mann im grauen Flanellanzug zum Schlag ausholte und den Alten mit einem einzigen wohlgezielten Kinnhaken zu Boden streckte. Der junge Mann beugte sich sofort nach dem Ende des kurzen Kampfes zu ihr hinab und war ihr beim Aufstehen behilflich.
    „Sind Sie verletzt?“ erkundigte er sich besorgt.
    Jamie brauchte Sekunden, bevor sie die Sprache wiederfand.
    „Er..., er...“
    „Ich weiß, er wollte Sie erwürgen“, sagte Patrick. „Ich habe es gesehen. Welch ein Glück, daß ich noch einmal zurück kam! Auf dem Weg zum Bahnhof fiel mir plötzlich ein, daß dieser Kerl nicht gerade wie ein Mann aussieht, der in Brickford wohnt. Seine Haut ist zu blaß. Die Leute dieser Gegend sind vom rauen Seewind gebräunt.“
    Jamie schluckte. „Wer sind Sie?“
    „Oh, entschuldigen Sie bitte; ich habe ganz vergessen, mich vorzustellen. Ich heiße Sullivan, Patrick Sullivan.“
    „Ich danke Ihnen, Mr. Sullivan. Sie haben mir das Leben gerettet.“
    Patrick, der das Mädchen bewundernd anblickte, machte eine abwehrende Handbewegung. „Übertreiben Sie nicht. Vielleicht kam es dem Burschen nur darauf an, Ihnen einen Schrecken einzujagen. Vielleicht wollte er sie ängstigen oder bedrohen...“
    Jamie schüttelte zitternd den Kopf. „Ich fühle, daß er mich töten wollte.“
    Der Alte kam allmählich wieder zu sich. Stöhnend, mit noch immer geschlossenen Augen, griff er sich an das schmerzende Kinn.
    „Wer sind Sie?“ fragte Patrick leise, ohne den Alten aus den Augen zu lassen.
    „Ich heiße Jamie Page.“
    „Was wollten Sie hier?“
    „Meinen Stiefvater besuchen.“
    „Ihr Stiefvater..., wer ist

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