Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry
der Passanten. Patrick raste zum Fenster und blickte hinaus.
Er sah, daß aus dem Erdgeschoß des Hauses dicke Rauchwolken von grau-schwarzer Färbung drangen. Offenbar hatte sich die Explosion im Fotoatelier ereignet. Miß Turner rappelte sich auf. Sie öffnete die Tür und hastete durch den Flur. Die Wucht der Explosion hatte die Wohnungstür aufspringen lassen. Dicke Staub- und Rauchwolken wälzten sich ins Innere des schmalen Flurs.
Patrick, der Miß Turner gefolgt war, sagte: „Wir müssen einen Augenblick warten, bis sich der Qualm verzogen hat. Es ist gut möglich, daß das Treppenhaus eingestürzt ist.“
Miß Turner hielt sich zitternd an der Tür fest. „Was ist geschehen?“
„Ich vermute, daß ein kleines Bömbchen hochgegangen ist.“
„Sie glauben an ein Attentat?“ fragte sie mit blassen Lippen und weit aufgerissenen Augen.
Er zuckte mit den Schultern. „Schwer zu sagen. Nein, eigentlich nicht“, erklärte er dann. „Die Kerle wissen, daß sich um diese Zeit niemand im Laden befindet. Es geht ihnen wahrscheinlich nur darum, einige unerwünschte Unterlagen zu beseitigen.“
„Ich halte es hier oben nicht länger aus“, sagte sie erregt. „Kommen Sie. Wir müssen das Haus verlassen haben, bevor sich ein Feuer ausbreitet.“
Patrick sah ein, daß das Mädchen recht hatte. „Wir pressen uns feuchte Tücher vors Gesicht“, empfahl er. „Aber Vorsicht auf der Treppe! Ich habe keine Lust, mir durch unnütze Hast das Genick zu brechen.“
Sie eilten nochmals in das Zimmer, um ihre Taschentücher unters Wasser zu halten. Wenig später tasteten sie sich die Treppe hinab. Die Tücher hielten sie vor Mund und Nase gepreßt. Mit ihnen versuchte ein alter Mann, der ein Stockwerk höher wohnte, das Erdgeschoß zu erreichen. Er trug einen roten, verschossenen Hausmantel, und seine Augen tränten.
Der Qualm hatte sich etwas verzogen, und sie stellten voll Erleichterung fest, daß das Treppenhaus keine Beschädigungen erlitten hatte. Lediglich die Ateliertür, die in den Hausflur mündete, war aus den Angeln gehoben worden. Aus der Türöffnung kamen noch immer beißende Qualmschwaden. Einige züngelnde Flämmchen verrieten, daß ein Feuer ausgebrochen war.
„Hoffentlich ist die Feuerwehr schon benachrichtigt“, sagte der Mann im roten Hausmantel aufgeregt. „Wenn sie nicht bald kommt, wird uns das ganze Haus abbrennen!“
Sie traten auf die Straße. Hier hatten sich im Nu mehr als hundert Menschen eingefunden. Das Schaufenster und die Ladentürscheibe des Ateliers waren in tausend Scherben zersprungen, und die neugierige Menge bemühte sich, einen Blick ins Innere des qualmenden Raumes zu tun. Kurz darauf kam ein Bobby um die Ecke geeilt. Er drängte die Neugierigen zurück. Einige vernünftige Männer unterstützten ihn dabei. Der Besitzer eines Bäckergeschäftes, das auf der anderen Straßenseite lag, meldete dem Polizisten, daß er die Feuerwehr telefonisch verständigt habe.
„Der Laden wird ganz ausbrennen“, meinte Miß Turner, die ihre Ruhe zurückgefunden hatte. „Sehen Sie doch nur!“
Patrick nickte. „Die Burschen haben sich alle Mühe gegeben, gründliche Arbeit zu leisten“, sagte er. „Aber sie sind um eine halbe Stunde zu spät gekommen.“
Das Mädchen blickte ihn an. „Stellen Sie sich vor, die Bombe wäre in die Luft gegangen, als Sie im Atelier waren!“
Patrick lächelte. „Ein hübscher Gedanke“ — meinte er.
*
Miß Turner wechselte auf der Fahrt zu Mr. Coleman zweimal das Taxi. Zwischendurch lief sie ein Stück. Wiederholt wandte sie sich um, weil sie sichergehen wollte, daß niemand ihr folgte. Endlich, kurz nach zehn Uhr, hatte sie das Haus und die Wohnung des Fotografen erreicht. Sie klingelte.
Broderick öffnete. Er schien ein bißchen nervös zu sein, denn er warf einen prüfenden Blick über ihre Schulter in das Treppenhaus.
„Treten Sie ein“, bat er dann und gab den Weg frei.
Als sie das große Wohnzimmer betrat, galt ihr erster Blick dem Tisch. Die Platte war leer. Broderick schloß die Tür so behutsam, als liege ein Kranker im Raum, der auf gar keinen Fall gestört werden dürfe.
„Nun?“ fragte sie knapp.
„Nehmen Sie einen Augenblick Platz“, forderte Broderick sie auf und ging zu dem Wandschrank, der Coleman als Hausbar diente. „Ich mixe Ihnen einen Drink.“
„Ich bin nicht gekommen, um etwas zu trinken“, erwiderte sie kalt. „Wo ist das Geld?“
„Coleman ist unterwegs, um es zu holen.“
„Er hat die Zeit
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