Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
anderen bevorzugt und man redet ihnen ein, wie toll sie doch sind. Aber wo wären sie heute ohne den Football? Wahrscheinlich würden sie hinter Gittern sitzen oder sich bei irgendeinem Billigjob abrackern. Oder sie hätten sich zum Krieg in einem Land verpflichtet, das sie nicht mal auf der Karte finden würden. Und das nur, damit ihre Familie krankenversichert ist.« Er stapfte langsam voran, jeden Schritt fest auf den Boden setzend.
Wut kochte in Anya hoch. Da wagte dieser Buffet es tatsächlich, sich als eine Art Heiland hinzustellen.
Das Match wurde wieder angepfiffen, und die Zuschauer bejubelten den nächsten Tackle.
»Alles wird ihnen auf dem Silbertablett serviert, bis hin zum absolut unverdienten Collegeabschluss. Muss man sich da wundern, dass sie glauben, die Welt dreht sich nur um sie? Viel zu oft muss ich mit ansehen, wie diese Kerle ihr gottgegebenes Talent verschleudern und die Mannschaft aus selbstsüchtigen Gründen verraten. Nehmen Sie Janson. Sehen Sie nur, wie das Stadion hinter ihm steht.« Er ballte die Faust. »Das ist Macht – dieser Mann kann das Leben seiner Mitmenschen ändern. Pete hat überhaupt keine Ahnung, wozu er fähig ist. Aber ich. Und solange wir ihn in der Mannschaft haben, sind die Bombers weit, weit mehr als die Summe der einzelnen Spieler.«
Anya fragte sich, ob er Janson tatsächlich für unschuldig an der Vergewaltigung Kirsten Byrnes hielt, oder ob er das im Interesse der Mannschaft und seines eigenen Vorteils nur großzügig ausblendete.
»Deshalb wollten Kitty, Masterton und ich Sie heute dabeihaben. Damit Sie mit eigenen Augen sehen, dass es hier um unendlich viel mehr geht als ein bloßes Footballspiel. Unsere heilige Aufgabe ist es, dieses Team zu seiner vollen, von Gott verliehenen Stärke zu erheben.« Er schaute wieder auf das Kampfgeschehen. »Ich werde alles tun, um das wahr werden zu lassen.«
Nachdem sie etliche gefühlte Stunden in der Hitze geschmort hatte, brachte Ethan Anya in die Umkleide. Es waren noch wenige Minuten bis zum Abpfiff, und die verletzten Spieler, die während des Matches ausgeschieden waren, saßen bereits da und versorgten ihre Blessuren.
»Buffet möchte, dass Sie wissen, was diese Burschen durchmachen, also los. Ich muss Sie allerdings warnen, sie sind nicht gerade bescheiden, was ihre Körper angeht.«
Da Frauen sie mit Blicken verzehrten und Fans sie wie Götter behandelten, überraschte das nicht. »Ich habe durchaus schon den einen oder anderen nackten Mann gesehen«, beruhigte sie ihn, auch wenn die überwiegende Mehrzahl von ihnen tot auf einem Stahltisch gelegen hatte.
Und dennoch, als die Mannschaft einlief und sich der Trikots entledigte, wusste sie nicht recht, wohin sie schauen sollte. Die Mischung aus Schweißgeruch und Pflegemitteln war kaum zu ertragen.
Zwei Pressevertreter betraten die Garderobe, darunter eine Frau mit Aufnahmegerät.
»Yo, Ladys in da house«, rief ein Spieler, nahm das Handtuch von den Lenden und zog es vorwärts und rückwärts zwischen den Beinen durch. »Mal anfassen?«, sagte er noch und schwenkte seinen Penis.
Die Frau ignorierte den Unfug und visierte Pete Janson für ein erstes Statement an. Er machte sich nicht die Mühe, sich mit einem Handtuch zu bedecken, während sie ihm das Mikrofon dicht unter die Nase hielt und ihre Fragen stellte. Ein anderer Spieler stellte sich hinter sie und tat so, als würde er sie rannehmen, das Handtuch in der Faust.
Anya stellte sich vor ihn und deutete mit einer Kopfbewegung auf den männlichen Journalisten, der einen Spieler in der hinteren Raumecke interviewte. »Würden Sie das mit ihm auch machen?«
»Hä?«
Der Footballer trat näher an Anya heran, bis er hoch über sie aufragte. Sie wich nicht zurück.
Gavin trat ein. »Lass Dr. Crichton in Ruhe, Dorafino, sonst könnte es sein, dass dein Oberschenkelmuskel sehr langwierig auskuriert werden muss, bevor du wieder spielen kannst.«
»Ich hab doch nur Spaß gemacht«, brummelte er und versetzte einem Mitspieler einen Klaps mit dem Handtuch.
Die Reporterin drehte sich um, und das blonde Haar fiel über ihre Schulter, als sie das Aufnahmegerät kontrollierte.
»Passiert Ihnen so etwas oft?«, fragte Anya.
»Hey, das gehört nun mal zu dem Job dazu. Ich hab Sie nicht gebeten, mich zu beschützen oder vor den Jungs kleinzumachen.«
Ihr aggressiver Ton überraschte Anya. »Verzeihung?«
Die Reporterin stützte eine Hand in die Hüfte. »Tun Sie doch nicht so. Sie haben gedacht: ›Das arme
Weitere Kostenlose Bücher