Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
mit mir tanzen wollte. Ich sagte, er soll loslassen, sonst hole ich den Türsteher, aber er stieß mich auf die Couch und hielt mir den Mund mit der Hand zu. Ich bekam kaum Luft. Janson lachte und feuerte McKenzie noch an, als der mich festhielt und vergewaltigte. Dann fiel Janson über mich her.«
»Kannten Sie die beiden da schon?«
»Sie waren Stammgäste, alle Mädchen kannten sie, aber das war nach einem wichtigen Sieg, und sie waren alle furchtbar betrunken, viel mehr als sonst.« Sie schauderte. »Liam McKenzie hat angefangen. Der Dreckskerl meint, er kann sich ungestraft alles erlauben. Und mich hat er ja wirklich ungestraft vergewaltigt. Genau wie Pete Janson.«
Darla verschwand im Schlafzimmer und kam mit einem Karton zurück. Darin befanden sich handschriftliche Notizen, Zeitungsartikel und ein Bündel Briefe.
»Der Polizei war es egal. Ich war schließlich Stripperin, also habe ich es mit Sicherheit darauf angelegt.« Sie zeigte zwei an sie adressierte Briefe. Beide ohne Absender.
Ethan las den einen, Anya den anderen. Schon bei der ersten Zeile überlief es sie eiskalt. Stirb, dreckige Schlampe. In der Hölle sollst du schmoren. Du wirst dafür büßen, was du zwei von Amerikas größten Söhnen angetan hast. Wir wissen, wo du wohnst.
Anya war der geifernde Hass dieser völlig Fremden unbegreiflich, die dem Poststempel nach mehrere tausend Meilen entfernt lebten. Ähnliche Briefe hatte auch ihr Vater bekommen, nachdem die Zeitungen vom Verschwinden Miriams berichtet hatten. Es hatte nur ein paar Tage gedauert, bis das Mitleid für die Familie blankem Hass wich, Anschuldigungen satanischer Rituale, Kindsmissbrauch und anderer kranker Theorien über das, was ihrer geliebten Miriam widerfahren war. Hätte Anya nicht Jahre später beim Aufräumen des Schuppens den Stapel hasserfüllter Briefe gefunden, sie hätte nie das Ausmaß des andauernden Traumas, das die Trauer der Hinterbliebenen belastete, erfahren.
Zum Glück blieb Danny, der nach Miriams Verschwinden zur Welt kam, von den hässlichen Anschuldigungen verschont, nicht aber vom Schmerz falscher Hoffnungen. Jahr für Jahr kam am Tag von Miriams Verschwinden irgendein Wirrkopf auf sie zu, der ihr Schicksal zu kennen behauptete. Mal sollte es die Stelle sein, an der sie verscharrt war, mal der Ort, an dem sie mit ihrer neuen Familie lebte.
Der Brief in ihrer Hand stand stellvertretend für das schäbige Verhalten, dem die Opfer unbegreiflicher Verbrechen sich nur allzu oft ausgesetzt sahen. Statt sich mit der Wirklichkeit der Tat auseinanderzusetzen, zogen viele es vor, dem Opfer die Schuld zu geben.
»Der Polizei war es egal, dass Sie Morddrohungen erhielten?« Anya war außer sich.
»Aber klar doch.« Darla kramte in der Schachtel. »Ich war doch ein Niemand.«
»Diesen Brief scheint eine Frau geschrieben zu haben.« Ethan runzelte die Stirn. »Da ist erst ausufernd von Familienwerten die Rede, und dann kommt das: Das sind Männer mit Ehre. Jedes Mal wenn sie den Footballplatz betreten, setzen sie ihr Leben aufs Spiel. Sie sind wertvolle Mitglieder der Gesellschaft und haben wundervolle Ehefrauen und Familien. Du bist der Abschaum der Welt und verdienst es nicht zu leben. Keiner dieser Moralapostel findet es erwähnenswert, dass diese Stützpfeiler der Gesellschaft ihre wundervollen Ehefrauen und Kinder betrogen haben, indem sie freiwillig einen Stripclub besuchten und gegen die Sperrstunde und ihren eigenen Vertrag gleichermaßen verstießen.«
»Sie haben es immer noch nicht kapiert. Diese Kerle stehen über den Dingen. Die fette Kohle, die sie einsacken, und die Werbeverträge machen sie praktisch zu Göttern. Die sind berühmt, also habe ich gelogen und war nur drauf aus, sie in den Dreck zu ziehen. Ich war einfach nur die geldgeile Hure, die niemanden interessiert.«
Oben setzte Getrampel ein, und von der Decke rieselte ein wenig Verputz. Allein wegen des Lärms hätte Anya sich schnellstens eine andere Wohnung besorgt.
»Haben Sie eine Ahnung, woher die Drohungen stammen könnten?«, wollte sie wissen.
Darla kippte die Schachtel auf dem Tischchen aus. »Sie haben die freie Wahl. Manche sind in Minnesota aufgegeben worden, andere in Nevada oder Kalifornien. Viele kommen aus der Umgebung. Falls Sie sich wundern, jemand hat meine alte Adresse ins Internet gestellt.« Mit den Fingernägeln schob sie einen ausgebleichten Umschlag beiseite, als könne sie es kaum ertragen, ihn zu berühren. »Der hier war der Schlimmste. Da steht drin,
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