Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
Mütter mit den Kinderwagen in der Nähe saßen und sich angeregt unterhielten. An der Rutsche sprach ein Vater seinen Zwillingen Mut zu.
»Nun ja, wenn Sie mir helfen würden, könnte ich schneller wieder nach Hause fahren.«
Darla krallte die Hand in die Vorderseite ihres Pullis, als könnte sie das wärmen. »Ich wüsste nicht, wie …«
»Ich bin Rechtsmedizinerin und untersuche einen mutmaßlichen Übergriff mehrerer Footballspieler auf eine Frau. Ich glaube, Sie kennen einige von ihnen.«
Die Mutter trat die Zigarette aus und packte die Tochter bei der Hand. »Schatz, wir müssen gehen.«
Lilly sprang von der Schaukel, riss sich los und lief zur Rutsche.
Darla blieb stehen und hielt sich die Hand an die Stirn. »Habt ihr denn nie genug? Was wollt ihr uns denn noch alles antun? Wegen euch habe ich meinen Job verloren und wurde in allen Zeitungen als billige Nutte hingestellt.« Etwas Wildes trat in ihren Blick. »Wegen eurer Machenschaften hätte ich fast meine Tochter verloren.«
»Bitte verzeihen Sie, ich habe mich nicht klar ausgedrückt«, wandte Anya ein und hob die offenen Handflächen. »Ich arbeite nicht für die Spieler, und alles, worum ich Sie bitte, ist, dass Sie mir erzählen, was damals geschah. Ich habe die Krankenhausunterlagen gesehen und bin überzeugt, dass Sie vergewaltigt wurden. Sie haben das Anrecht, gehört zu werden.«
»Ja, toll, aber das nützt mir jetzt auch nichts mehr. Lilly!«
Das Mädchen jagte die Zwillinge um die Rutsche herum, und alle drei glucksten und kreischten.
»Bitte hören Sie mich an. Ich bin einen weiten Weg gekommen, um Sie zu sehen.«
Darla blieb stehen und sah Anya von oben bis unten an. »Sie sind wirklich aus Australien?«
»Normalerweise verrät mich mein Akzent.« Anya holte zum Beweis den Reisepass heraus.
Darla tappte mit dem Fuß auf den Boden und zündete sich eine neue Zigarette an. »Wir können bei mir daheim reden.«
Auf dem Heimweg nahm die Kleine Anyas Hand. Darla drehte sich um und schaute zu Ethan. »Gehört er zu Ihnen?«
»Mein Aufpasser sozusagen. Ohne ihn würde ich auf der falschen Straßenseite fahren und mich permanent verlaufen. Wären Sie einverstanden, wenn er bei dem Gespräch dabei ist? Er arbeitet nämlich mit mir zusammen.«
Anya winkte ihn heran, und Darla machte keine Einwände.
Sie liefen zwei Straßen weit zu einem Hochhaus. Wände und Aufzugtüren im Erdgeschoss waren mit Graffiti beschmiert. Ein Schild besagte, dass der Aufzug defekt sei. Drei Stockwerke höher standen sie vor Apartment 316. Eine Frau auf der anderen Seite des Flurs zog die mit der Kette gesicherte Tür auf und spähte durch den schmalen Schlitz, dann drückte sie die Tür wieder zu.
Darla machte sich an zwei Schlössern zu schaffen und flüsterte: »Ihr Sohn ist vor einem Jahr im Irak gefallen. Sie ist total durchgeknallt und wartet den ganzen Tag darauf, dass er heimkommt.«
Sie traten ein, und Darla befahl Lilly, den Mantel auszuziehen, den sie brav hinter die Tür hängte, ehe sie die Schnürsenkel aufband. Das Mädchen verschwand in einer Kammer. »Händewaschen nicht vergessen.«
»Mach ich«, kam die wenig überraschende Antwort.
Darla machte das Fenster auf. Von oben hallte lautes Poltern durch die Wohnung. »Die Frau über uns hütet für Geld Kinder. Ein Glück, dass die Decke noch nicht runtergekommen ist.« Sie schnappte sich zwei Bettlaken und etliche Kleidungsstücke und verfrachtete sie vom Wohnbereich in ein Zimmer, das wohl das Schlafzimmer sein musste. »Setzen Sie sich, ich mache rasch Kaffee, und entschuldigen Sie das Durcheinander. Hier ist nirgends Platz zum Wäscheaufhängen, und eine größere Wohnung kann ich mir nicht leisten.«
Anya und Ethan setzten sich. An einer Pinnwand hingen Fotos von Lilly in verschiedenem Alter. Was auf jedem Bild gleich blieb, waren ihre strahlenden Augen. Kein Foto von einem Mann oder Lebensgefährten. Trotz der Enge war die Wohnung sauber und gemütlich. Ein gefüllter Spielzeugkorb in der Ecke sorgte dafür, dass der Boden frei von Stolperfallen blieb. Das Mädchen kam zurück ins Wohnzimmer und zeigte der Mutter die Hände vor.
»Braves Mädchen. Hast du Lust auf ein Erdnussbutter-Marmeladen-Brot?«
Die Kleine nickte und setzte sich neben dem Couchtisch auf den Boden, die Füße in den Hausschuhen schlug sie unter.
»Wie trinken Sie Ihren Kaffee?«
»Machen Sie sich wegen uns keine Umstände.«
»Ich habe nur fettarme Milch«, sagte Darla und stellte drei Tassen auf das Tischchen.
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