Wenn Kinder um sich schlagen
und die Unternehmung in einer Gruppe (anstatt allein) können die Sicherheit erhöhen. So können Eltern allmählich lernen, immer mehr loszulassen. Und die Kinder können lernen, allmählich mit immer weniger Schutz von auÃen ihr Leben anzugehen. Das ist ein Lernprozess auf beiden Seiten.
Im vorangegangenen Beispiel zeigte sich aber auch schon, dass Teenager oft eine andere Sprache haben und sich aus Erwachsenensicht mitunter im Ton vergreifen. Oftmals haben Schimpfworte für Jugendliche einfach eine andere Bedeutung als für uns Erwachsene. Wenn ein 15-Jähriger, ohne selbst ärgerlich zu sein, mit einem Grinsen im Gesicht seinen Vater mit »Na, du Arsch« begrüÃt, so führt das meist dazu, dass der Vater ärgerlich-empört über eine solche »Frechheit« aufgebracht ist. Schon hat man einen heftigen Streit, der die Beziehung zueinander beeinträchtigt (mit allen Gefahren eines Beziehungsabbruchs), der aber vielleicht nur auf einem Missverständnis beruht. Für den Vater ist der Begriff »Arsch« ein übles Schimpfwort, das man niemals seinen Eltern gegenüber gebrauchen darf, und er fühlt sich verständlicherweise attackiert. Für den Jungen bedeutet dieses Wort aber vielleicht überhaupt nichts Böses, sondern ist einfach eine freundliche BegrüÃungsfloskel, mit der sich die Gleichaltrigen ständig »begrüÃen«, ohne den anderen beschimpfen zu wollen. Jugendsprache ist ständig im Wandel und Begriffe verändern ihre Bedeutung. Eltern sollten sich da »fortbilden« und informieren. Das geht am besten durch regelmäÃige gemeinsame Gespräche, die sich an den Gesprächsregeln für den Familienrat orientieren.
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Der Vater eines 14-jährigen Sohnes ist zunehmend verzweifelt, da er immer wieder in lautstarke, zum Teil handgreifliche Konflikte mit diesem gerät. Er tut einen mutigen, richtigen Schritt
und besucht ein Elterntraining, in dem er folgende Begebenheit berichtet:
In den letzten Monaten gibt es immer wieder heftigen Streit, vor allem wenn der Sohn nicht seinen Willen durchsetzen kann. Dieser verlange ständig Geld, um sich CDs und PC-Spiele zu besorgen. Wenn der Vater dann ablehnt und auf das Taschengeld verweist, wird der Junge wütend und beschimpft den Vater als »Arschloch« und »SpieÃer«. Darauf reagiert der Vater immer mit einem Wutausbruch. Er schreit seinen Sohn an, beschimpft diesen ebenfalls. Einmal schlug er ihn sogar und wenn die Mutter nicht dazwischengegangen wäre, hätte der Sohn zurückgeschlagen. Der Sohn zieht sich zunehmend zurück, kommt trotz Verbot oft erst spät nach Hause, teilweise alkoholisiert und wird von der Mutter beim Kiffen erwischt.
In der Aufarbeitung im Elterntraining wird dem Vater klar, dass er im Sohn eigene Züge erkennt, die er ablehnt. So ist auch der Vater ein aufbrausender Typ, eine Charaktereigenschaft, mit der er sich immer wieder Probleme eingehandelt hat. Eine Eigenschaft, die er offensichtlich vererbt hat. Andererseits ist er dem Sohn mit seinen eigenen aggressiven Ausbrüchen ein schlechtes Vorbild. Ihm wird auch klar, dass sich der Sohn im pubertären Umbruch nicht wohlfühlt und mit dem Probieren von Cannabis vielleicht versucht, schlechten Gefühlen zu entfliehen und in seiner Clique mehr Ansehen zu erlangen.
Somit kann der Vater mit Unterstützung durch die professionelle Beratung sein Verhalten seinem Sohn gegenüber ändern, sodass beide wieder näher zueinanderkommen. Der Vater setzt sich von nun an regelmäÃig mit seinem Sohn zusammen, um zum richtigen Zeitpunkt (beide guter Stimmung, beide haben Zeit) wesentliche Dinge zu besprechen. Der Sohn kann sich auf die Gesprächsangebote einlassen, da er seinen Vater nach wie vor liebt und von ihm Anerkennung und Akzeptanz herbeisehnt. Das alles gelingt jedoch nur, weil der Vater bereit ist, seine Haltungen und sein bisheriges Handeln infrage zu stellen. Dadurch
zeigt er, dass er mutig und stark ist. Wenn sich der Sohn dennoch mal wieder im Ton vergreift, so bleibt der Vater ganz ruhig, sagt nur: »Ich möchte nicht, dass du so mit mir sprichst«, dreht sich um und geht weg.
Mit etwas zeitlichem Abstand können sich Vater und Sohn dann wieder versöhnen. Zusätzlich kann der Junge psychotherapeutisch begleitet werden. In den Gesprächen mit dem Therapeuten gelingt es ihm allmählich, seine belastenden Gefühle zu benennen,
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