Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch
wo wir morgen hingehen. Braucht sie Geld? Rauben wir eine Bank aus?
Halt! Keine Fragen!
Und jetzt zum Hauptproblem, Nummer fünf, dem Spendenmarathon: Wir haben inzwischen 287 Sympathisanten, die den Marathon boykottieren wollen. 287!!! Hilfe! Und das ist erst der Anfang. Das macht die Sache einerseits richtig spektakulär und andererseits ziemlich unübersichtlich. Was auf keinen Fall passieren darf: Schulschwänzer könnten sich uns zum Schein anschließen und hinterher die ganze Sache in ein schlechtes Licht rücken. Das wollen wir nicht. Wir haben ja wirklich ein echtes Anliegen, wir wollen was ändern. Nur, wie können wir uns dagegen schützen? Wir können ja keine Listen führen und kontrollieren, ob die Leute wirklich gearbeitet und gespendet haben. Das steht uns nicht zu, wir sind keine Lehrer. Und selbst wenn wir herausfinden würden, dass jemand nur geschwänzt hätte – was sollten wir tun? Einen Brief an die Eltern schreiben, oder was?
Fazit: Wir müssen die Sache entweder abblasen oder besser organisieren. Nur wie?
23.55 Uhr Nein. Diese Liste ist definitiv nicht einschlaffördernd. Oh Gott, ist das ein Chaos. Ich hoffe sehr, dass wir da heil wieder rauskommen. Ob Tom mit diesen Problemen wohl besser schläft als ich? Wahrscheinlich ist er auch noch wach. Er wollte heute Abend die Mails beantworten, die an unsere neue Adresse gegangen sind. Das sind wahrscheinlich viele.
Betreff: Schulverweigerung
Datum: 29.06., 17.23 Uhr
Von: Dr. Herbert Makel
An: Arbeitsgruppe
Lieber Schüler,
heute habe ich im Schulgebäude drei Plakate entdeckt und entfernt, die widerrechtlich dort angebracht waren. Auf den anonymen Aushängen war diese Mailadresse angegeben und deswegen wende ich mich auf diesem Weg an dich.
Ich kenne zwar deinen Namen, aber ich möchte ihn hier nicht benutzen, denn ich möchte dir die Gelegenheit geben, dich selbst zu stellen. Solltest du das tun, werde ich es berücksichtigen, wenn es um die Festlegung deiner Strafe geht. Denn tatsächlich hast du dich mit diesen Plakaten strafbar gemacht.
Du weißt vielleicht nicht, dass sämtliche Aushänge im Schulgebäude von der Schulleitung genehmigt werden müssen. Man erkennt solche offiziellen Aushänge an dem Schulstempel in der rechten unteren Ecke. Nicht genehmigte Plakate werden unverzüglich entfernt.
Du weißt vielleicht auch nicht, dass politische Plakate in unserem Land grundsätzlich einer gesetzlichen Impressumspflicht unterliegen, also mit Name und Wohnsitz des sogenannten »Verantwortlichen im Sinne des Pressegesetzes« gekennzeichnet werden müssen. Ein Verstoß gegen diese Impressumspflicht ist eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einem Bußgeld geahndet werden.
Ganz sicher weißt du aber, dass alle Schüler in unserem Land der Schulpflicht unterliegen. Bei deinem Aufruf zur aktiven Schulverweigerung handelt es sich daher um einen rechtswidrigen Verstoß gegen das Schulrecht, und dies kann und werde ich nicht hinnehmen.
Ich rate dir daher dringend, dich umgehend bei mir zu melden. Gemeinsam mit deinen Eltern können wir dann über Sanktionen für dein Handeln sprechen.
Wenn du dich nicht gesprächsbereit zeigst, ist es meine pädagogische Pflicht, mit sämtlichen Mitteln gegen dich vorzugehen, die das Schulgesetz für solche Fälle vorsieht.
Mit besten Grüßen
Dr. Herbert Makel
Schulleiter
Donnerstag, 30. Juni
Aus Lilias Lexikon der Liebeswörter (LLL):
Zwei-igeln (Verb). Das Verhalten eines Menschen, der sich von seinen Artgenossen abgrenzen will, bezeichnet man im Volksmund als »Einigeln«. Das Wort ist vom Verhalten des Igels abgeleitet, der sich zur Kontaktabwehr zusammenrollt und seine Stacheln aufstellt. Wenn Menschen zu zweit allein sein wollen, spricht man analog dazu vom »Zweiigeln«. Um gegenseitige Verletzungen zu vermeiden, muss bei diesem Gemeinschaftsigeln der optimale Abstand gefunden werden, was Anfängern selten gelingt. Vgl. auch Dreiigeln, Vieligeln.
6.40 Uhr Uff. Von Zweiigeln kann leider keine Rede sein. Tom hat heute schlechte Laune. Habe ihn eben angerufen und wollte ihm einen guten Morgen wünschen, aber er knurrte nur, dieser Morgen sei nicht gut und er könne jetzt nicht reden, er müsse etwas recherchieren. Und dann sagte er noch irgendetwas von einer Mail vom Maki, alles Weitere später, tschüss und weg.
Okay. Dann eben nicht. Ich dachte ja nur, es wäre nett, mal wieder mit IRGENDJEMANDEM zu sprechen, nachdem ich schon ein
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