Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers
Harald sich selbst und zu seinem Puls. Das System begann wieder zu rechnen und forderte danach erneut eine abrupte Wendung. Langsam fuhr der Verkehr vor ihm wieder an, mit Schrittgeschwindigkeit folgte Harald. Eineinhalb Stunden vor dem Termin verließ er mit jetzt nicht mehr so guter Laune den Tunnel, um gleich darauf festzustellen, dass die von ihm befahrene Straße geradewegs und ohne Ausfahrtmöglichkeit über den Rhein führte. Drüben angekommen beschloss er, sich rechts zu halten und über die nächste Rheinbrücke wieder zurück in die Innenstadt zu fahren. Er würde sich dann dem anvisierten Viertel von der anderen Seite nähern und dabei nicht erneut in die angebliche Modernisierung geraten.
Zu seiner Verwunderung ging der Plan sogar auf, beim erneuten Einfahren in die Innenstadt über einige verschlungene Umleitungen verkürzte sich der Abstand zum eingegebenen Ziel auf gerade mal 900 Meter. Noch eine Stunde und
19 Minuten bis zum Termin. Es war Zeit, die Parkplatzsuche zu beginnen. Harald schaute aufmerksam aus dem Fenster und fuhr langsam an den parkenden Fahrzeugen vorbei. Hinter ihm hupte erneut eine A-Klasse. »Sind die lästig«, ging es ihm durch den Kopf, als der Wagen mit quietschenden Reifen an ihm vorbeifuhr. Harald hatte sich seinem Ziel nun auf 300 Meter genähert. Von einer Parklücke allerdings war nichts zu sehen. Stoßstange an Stoßstange parkten die Fahrzeuge. »Wie sind die da überhaupt reingekommen?«, fragte sich Harald. Die meisten Wagen standen so eng aneinander, dass sie selbst bei geschicktestem Manövrieren nicht hätten herausbewegt werden können. »Die müssten eigentlich mit einem Kran aus den Lücken geholt werden«, überlegte Harald und vermutete dann, dass sie wahrscheinlich auch mit einem Kran hineingestellt worden waren.
Das half ihm natürlich hier alles nichts. »Sie haben Ihr Ziel erreicht«, verkündete das Navigationssystem feierlich. Harald fuhr gerade an dem blau-weißen Gebäude vorbei, in welchem in 72 Minuten sein Termin stattfinden würde. Gut, das war verglichen mit dem Gros seiner geschäftlichen und privaten Verabredungen ein wirklich luxuriöser Zustand. Haralds Wagen entfernte sich nun wieder vom Zielgebäude. Von einem Parkplatz keine Spur. Einmal glaubte er, eine Parklücke entdeckt zu haben, doch es war nur eine verdeckte Einfahrt mit drei überdimensionierten Schildern, die Falschparkern eine fürchterliche Bestrafung androhten. Drei Straßen weiter wurde Harald erneut in die Irre geführt, er hatte schon den Blinker gesetzt, als er das blaue Schild mit dem Rollstuhl erblickte. Nur wenige Meter weiter stand ein Mann mit einer Krücke, der Harald hasserfüllt anstarrte
und sogleich sein Handy zückte. Harald hob entschuldigend die Arme und sah zu, dass er aus dieser Seitenstraße hinauskam. Er war nun doch schon wieder 700 Meter von dem blauweißen Haus entfernt, und das Bordsystem zeigte genau 13 Uhr an. Den Cappuccino konnte er vielleicht abhaken, aber ein Kaffeehausbetreiber würde ja bestimmt zu dem Gespräch einen guten Espresso oder Ähnliches reichen. Harald beschloss, systematisch vorzugehen und auch Sackgassen und Einbahnstraßen in die Parkplatzsuche einzubeziehen, Straßen also, die vielleicht vom Durchschnittssuchenden gemieden werden und daher Überraschungstreffer erbringen könnten. Um 13.14 Uhr musste Harald sich eingestehen, dass diese Idee ziemlich blöd gewesen war. Er stand vor einer Einfahrt am Ende einer Sackgasse, in die von hinten leider ein Reinigungsfahrzeug eingefahren war. Die gab es also auch hier. Haralds gute Laune war endgültig verflogen. Mühsam wendete er seinen sperrigen Epremo und begann dann gegen den Reinigungswagen an zu hupen, was um 20 nach eins auch Erfolg hatte.
Wie hatte es nur dazu kommen können, dass er sich aus der Pole Position in diese schmähliche Niederlage manövriert hatte?
Das Parkplatzproblem in Köln war offenbar doch größer als von seinem Kollegen angedeutet, und Harald war der Lösung keinen Schritt näher. Ein Blick auf die Armbanduhr machte ihm klar, dass sein Termin in 29 Minuten beginnen würde. So kam er nicht weiter. »Es hat keinen Zweck, ich brauche ein Parkhaus«, sagte ihm eine innere Stimme. Harald blickte um sich herum. Die Idee war an sich gut, die
Umsetzung allerdings blieb noch im Dunkeln. Harald war sich relativ sicher, während seiner Odyssee durch dieses Viertel kein Parkhausschild gesehen zu haben. Langsam setzte er den Wagen wieder in Bewegung und dachte
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