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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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rannte los. Als er das Gerät keuchend erreichte, schob sich gerade ein Rentnerehepaar vor ihn. »Entschuldigen Sie«, hechelte er, »ich stehe da vor der Schranke, und hinter mir ist eine Riesenschlange.«
    »Das ist nicht zu überhören, junger Mann«, tadelte ihn die dürre Rentnerin, die eine kleine Eulenbrille und einen strengen Dutt trug und mit ihrer Bemerkung wohl auf das nicht verstummen wollende Dauerhupen anspielte. »Das kommt davon, wenn man schlauer sein will als die anderen. Wie rücksichtslos von Ihnen«, sagte ihr Mann. Er drehte sich ohne weiter zu diskutieren um und holte umständlich seine Brieftasche hervor. »Hast du nicht so eine Bonuskarte?«, fragte die Dame. »Ja, warte, ich schaue mal nach«, antwortete der Mann und begann in der Geldbörse zu kramen. Harald schäumte vor Wut. Jetzt fiel dem Rentner zu allem Übel auch noch der Inhalt seiner Brieftasche auf den Boden. Harald schaute den Mann ausdruckslos an. »Nun helfen Sie
doch mal, Sie Flegel, hat Ihnen Ihre Mutter denn keine Manieren beigebracht?«, keifte die Frau. Ihre Brille hüpfte vor Empörung auf und ab. Kopfschüttelnd bückte sich Harald und begann die Münzen und Papiere aufzusammeln. »Und wehe, Sie nehmen etwas weg«, setzte sie nach. Nach einigen Minuten war Harald endlich dran. »8,50 Euro« zeigte das Display. »Das kann doch nicht sein«, flüsterte Harald. »Ich war doch keine halbe Stunde hier drin.«
    HeißeWutgefühle stiegen in ihm auf, er trat vor den Automaten, da fiel sein Blick auf die Überwachungskamera.Auch das Rentnerehepaar war auf dem Weg zu seinem grünen Skoda stehengeblieben und schaute sich um. Harald duckte sich und sah den Aufkleber. »8,50 Euro für die erste, 1,50 Euro für jede weitere angefangene Stunde«, war da zu lesen. Harald warf wütend Münzen in das Gerät und wollte eigentlich nur noch nach Hause. Bei 8,40 Euro waren seine Münzen komplett aufgebraucht. Sein weiterer Zahlungsmittelvorrat beschränkte sich nunmehr auf einen einzelnen Einhundert-Euroschein, den ihm blöderweise vorgestern ein Bankautomat angedreht hatte. Das Gerät nahm die Stückelungen 5, 10, 20 und 50 Euro. Harald drehte sich um. In diesem Moment trat ein extrem übergewichtiger Mann aus einer Verbindungstür und ging auf den Automaten zu.
    »Können Sie wechseln?«, fragte Harald den Voluminösen. »Sie sind bestimmt der 20. heute, bin ich eigentlich die Sparkasse, oder was?«, brummelte der Mann ungehalten. Aber nach einem Blick in Haralds zerfurchtes Gesicht wurde er etwas milder: »Na, geben Sie schon her.« Harald reichte ihm den Hunderter. Der Dicke schaute ihn an. Einige Sekunden standen sich die Männer wortlos gegenüber, dann reichte
ihm der Mann den Schein ohne das Gesicht zu verziehen zurück. »Verscheißern kann ich mich selbst«, brummte er. Harald keuchte. »Haben Sie vielleicht zehn Cent übrig?«, flüsterte er – inzwischen ohne Hoffnung.
    »Na klar, für die Zugfahrt nach Hause, weil Sie Ihre Brieftasche vergessen haben. Oh Mann, selbst hier unten lungert ihr Typen rum. Jetzt gehen Sie zur Seite, sonst rufe ich die Polizei.«
    Harald schaute den schwitzenden Dicken an, ihm lagen Hunderte von Widerworten auf der Zunge, unter anderem, dass solche Typen doch niemals im Besitz eines Hundert-Euroscheins wären, doch ihm dämmerte, dass er damit auch nicht weiterkommen würde.
    Er ließ den Mann stehen, rannte ins Treppenhaus und ging in den Vorraum des Parkhauses. Überall roch es nach abgestandenem Bier und Urin. SeineArmbanduhr traute sich Harald schon gar nicht mehr anzusehen. Die Parkhausaufsicht war auch gegangen oder hielt in einem Hinterzimmer einen Mittagsschlaf. Jedenfalls reagierte auf sein Klopfen niemand. Harald trat auf die Straße und begann in den umliegenden Geschäften nach einer Wechselgelegenheit zu fragen. Nachdem er in einem Schreibwarengeschäft und einer Pizzeria abgewiesen wurde, hatte er schließlich in einem asiatischen Imbiss Erfolg, obwohl er sich nicht ganz sicher war, ob es sich bei den beiden Fünfzigern, die ihm eine Köchin in die Hand drückte, um echtes Geld handelte. Harald hastete zurück zu dem Kassenautomaten und steckte erneut seinen Coin in den Schlitz. Das Gerät zeigte immer noch »8,50 Euro« an. Triumphierend steckte Harald einen der Fünfziger in den Einzug. Nach lediglich sechs Versuchen akzeptierte
das Gerät den Schein. Einen Moment lang passierte nichts, dann blinkten alle Anzeigen, und im Ausgabefach klimperte es. »Jackpot«, fuhr es Harald durch den

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