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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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Kopf, als er das Elend erblickte. Der Automat hatte beschlossen, ihm die 41,50 Euro Wechselgeld in Ein-Euro- und 50-Cent-Stücken zurückzugeben. Harald raffte fluchend seinen »Gewinn« zusammen, steckte die ganzen Münzen in seine Hosentasche, weil sie nicht mehr ins Portemonnaie passten, und rannte dann wieder quer über das Parkdeck.
     
    Als er zurück zu seinem Auto kam, standen in der Schlange hinter ihm inzwischen mindestens ein Dutzend Wagen. Die Stimmung war entsprechend mies. Der Fahrer des Wagens unmittelbar hinter ihm, ein kahlköpfiger Mann, der ein kariertes Hemd und eine schwarze Lederjacke trug, wedelte mit seinem Handy. »Polizei ist verständigt«, bellte er Harald an.
    »Die müssen erst mal hier reinkommen«, kläffte Harald zurück und beschloss, sich nicht weiter provozieren zu lassen, sagte dann aber doch: »Hören Sie, ich wollte hier parken, aber es war nichts frei, und dann sollte ich bezahlen, obwohl ich gar nicht geparkt hatte und...« Im Hintergrund erklang wieder das Hupkonzert. Der Mann mit dem karierten Hemd hatte seine Arme verschränkt. Harald merkte, dass es keinen Sinn hatte, weitere Erläuterungen abzugeben. Er schwang sich auf seinen Fahrersitz und wollte nach dem Coin in seiner Hosentasche greifen. Da klimperten aber leider auch die fünfzig Geldstücke aus dem Automaten herum. Er wühlte wild in der Tasche, bekam jedoch den Coin nicht zu fassen. »Oh Mann«, entfuhr es Harald. »Was ein
Irrsinn!« Er öffnete die Tür und stieg erneut aus. Hinter ihm heulten wie auf Kommando die Hupen auf. Harald winkte ab. Jetzt im Stehen konnte er besser in die Tasche greifen, und tatsächlich bekam er die Plastikscheibe zu fassen. Der Mann hinter ihm brüllte etwas von seiner Rechtsschutzversicherung und dass er ihn in einem Jahrhundertprozess fertigmachen würde.
    Mit zitternden Händen bewegte Harald den Chip auf den Einwurfschlitz zu, da passierte es: Eine Mücke flog in Haralds Gesicht, er zuckte zusammen und verlor den Coin, der zu Boden fiel und dieAusfahrtrinne entlangrollte. Unter dem Wagen des Karierten blieb sie liegen. Die Hupen waren unerträglich. Harald grinste dämlich in die amorphe Masse der hinter ihm Stehenden und kniete sich vor dem Fahrzeug des Karierten hin. Die Plastikmünze lag an einer Position mittig unter dem Bodenblech. Harald streckte den Arm aus. Erfolglos. Er rutschte auf Knien noch ein bisschen näher an den Wagen heran, doch es half alles nichts, die Münze war etwa 20 Zentimeter von der ausgestreckten Hand entfernt. Aus seiner Hosentasche klimperten 50-Cent-Stücke heraus und rollten der Parkmünze hinterher. Etwas rieb an seinem Ärmel. Harald rutschte ein Stück zurück und sah in grüne, freundliche Augen. Neben den Karierten hatte sich ein älterer Herr mit schneeweißem Haar und Hunderten von Lachfältchen geschoben, der Harald mit einer Mischung aus Humor und Mitleid ansah. In der Hand hielt er einen langstieligen Schneekratzer.
    »Das ist heute nicht mein Tag«, murmelte Harald.
    »Kann doch jedem mal passieren«, meinte der Mann mit sanfter Stimme und schaute streng den Karierten an.

    »Das mit der Polizei habe ich nur so gesagt«, nuschelte der mit verschränkten Armen.
    »Nun sehen Sie mal zu, dass wir hier alle wegkommen«, meinte der Weißhaarige mit sonorer Stimme, und Harald kroch wieder unter den Wagen, erreichte nun mit dem Kratzer die Plastikscheibe und konnte sie zu sich herziehen. Verschwitzt stand er auf. Sein Anzug war in Unordnung geraten, sein Hemd zerknittert, an seinen Knien hatten sich dunkle Flecken aus Öl und Schmutz gebildet. Die Hupen waren verstimmt. Harald steckte den Coin in den Schlitz und warf einen letzten Blick in die Runde. Die Schranke öffnete sich. Im Hintergrund meinte er leises Klatschen zu hören. Er setzte sich hinters Lenkrad, atmete tief durch und fuhr dann aus der Garage heraus.
     
    Die Bilanz des Tages sah bislang eher durchwachsen aus. Trotz zwei Stunden Zeitpuffers war er nun doch zu spät, hatte zudem Hemd und Anzug ruiniert. Und ein Parkplatz war trotz allem weiterhin nicht in Sicht. Er überlegte kurz, ob er einen erneuten Vorstoß ins Parkhaus unternehmen sollte, schließlich waren ja jetzt eine Reihe von Plätzen frei geworden, verwarf den Gedanken aber schnell, als er die Schlange vor der Einfahrt sah. Wichtig war, jetzt erst einmal seine Gesprächspartner über die Verspätung zu informieren. Harald überlegte, wo er die Nummer hatte. Die stand in seinem Organizer, der lag in seiner Tasche, die

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