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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Ruppert
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und stöhnte. Direkt hinter der Tür standen die Raucher. Um richtig frische Luft zu bekommen, würden sie noch ein Stückchen weitergehen müssen. Liz schüttelte den Kopf. Männer in Bademänteln und Gummilatschen, die ihre Infusionshalter vor sich her schoben, Frauen in bonbonfarbenen Jogginganzügen und großen Verbänden standen vereint im Qualm ihrer Zigaretten, während Liz an ihnen vorbeihumpelte.
    »Lass uns die Bank da hinten anpeilen, da sitzen wir schön im Grünen.«
    Natalie sah etwas skeptisch zu der Bank, die lauschig unter den Kastanien stand, hinter denen der Parkplatz des Krankenhauses begann. Es war ein ganzes Stück zu gehen, aber Liz war zielstrebig. Wenn sie sich etwas vorgenommen hatte, dann gelang es ihr auch.
    »Da verschnaufen wir dann ein Weilchen, und dann schaffe ich auch wieder den Weg zurück.«
    Sie setzten sich zusammen auf die Bank, blinzelten in die Sonne, und Liz sog das alles glücklich in sich auf. Licht, Wärme, Blütenduft, der von irgendwoher wehte, das dichte Laub an den Bäumen, sie konnte gar nicht glauben, dass die Welt so schön sein konnte. Nach zwei Wochen Verbannung in ein Krankenhauszimmer schien ihr selbst der Vorplatz des Krankenhauses ein wahres Paradies zu sein. Und die Aussicht darauf, entlassen zu werden, mit der Hilfe von Annemie Hummel wieder von zu Hause aus zu arbeiten und Dr. Simon Friedrich Einlass in ihr Leben zu gewähren, das war alles sehr aufregend und wundervoll.
    Liz beobachtete die vorbeigehenden Menschen und konnte nicht anders, als Zeichen zu suchen, die ihr versicherten, dass alles gut werden würde.
    Wenn dieses Paar an uns vorbeikommt, bevor ich bis zehn gezählt habe, dann meint er es ernst … Liz war noch nicht bei sieben angelangt, da war das Paar bereits an ihnen vorüber. Er meinte es ernst! Wenn das Kind in dem Buggy seinen Ball fallen lässt, bevor … Ups, da rollte der Ball schon davon, und Liz lächelte.
    Sie schloss die Augen, lehnte den Kopf an die Schulter ihrer Schwester, und gemeinsam genossen sie diesen Moment.
    Liz hätte ewig so sitzen können. Sie hatte einmal ein chinesisches Sprichwort gelesen. »Der Same des Glücks ist der Augenblick.« Und hier auf dieser Bank verstand sie den Satz plötzlich. Sie war ganz im Hier und Jetzt, sie genoss diesen Augenblick und: Sie war glücklich.
    Doch Augenblicke gehen vorüber, und für Liz ging dieser Augenblick in dem Moment vorüber, als sie eine Kinderstimme hinter sich »Papa!« rufen hörte und eine vertraute Männerstimme mit »Hallo, mein Schatz!« antwortete. Im ersten Moment dachte Liz noch, dass diese Männerstimme der von Simon wirklich ähnelte. Doch als sie sich umdrehte und erkannte, dass diese Stimme ihm tatsächlich gehörte, und sah, wie ein kleines Mädchen strahlend auf ihn zugelaufen kam und sich in seine Arme warf, war sie zunächst einfach nur verblüfft.
    »Er hat eine Tochter », murmelte sie, und Natalie fuhr ebenfalls herum.
    »Und eine Frau scheint es auch noch dazu zu geben …«, ergänzte Natalie. Denn nun sahen sie, wie Simon mit dem Mädchen auf dem Arm auf eine Frau zuging, die gerade aus einem Auto stieg und ihm einen Kinderrucksack in die Hand drückte.
    »Sandra, was soll ich denn machen, da drin warten ein OP-Plan und unzählige Patienten, ich kann Leonie doch nicht mit in den OP nehmen!«
    Die Frau hatte sich bereits umgedreht, um wieder zu ihrem Auto zurückzugehen.
    »Ich kann sie auch nicht mitnehmen, und ich kann genauso wenig dafür wie du, dass der Kindergarten heute früher schließt«, rief sie ihm über die Schulter hinweg zu.
    »Die Erzieherinnen sind krank, sie konnte nirgendwo mitgehen, die Hälfte der Kinder ist anscheinend auch schon krank, sieh zu, wie du klarkommst. Muss ich ja auch oft genug. Und ich bin nicht die Einzige, die ein Kind haben wollte!«
    »Und wann bist du wieder zu Hause?«, rief er ihr noch hinterher, doch sie hatte die Autotür bereits zugeschlagen und hörte ihn nicht mehr. Sie ließ Simon mit dem Mädchen auf dem Arm und dem bunten Rucksack in der Hand einfach stehen.
    Liz drehte dem Parkplatz und Simon den Rücken zu und wünschte, sie wäre ganz weit weg, wünschte, sie hätte diese Szene nie beobachtet, hätte nie gesehen, dass er eine Frau hatte und ein Kind. Und sich auch noch um die Verantwortung drückte. Sie wünschte, sie hätte Simon niemals kennengelernt und müsste nie wieder zurück ins Krankenhaus und nie mehr ein Wort mit ihm sprechen. Vor allem wünschte sie, sie hätte ihm keine Sekunde

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