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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Ruppert
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Gelingen dem lieben Gott anzuvertrauen.
    Sie stellte ihre Backuhr, die Liz ihr einmal geschenkt hatte, eine kleine Hochzeitstorte, die sich langsam tickend im Kreis drehte, und begann, die weiße Schokolade für den Guss zu schmelzen, damit sie rechtzeitig abkühlen würde, um sich gut weiterverarbeiten zu lassen. Sie würde eine weiße, sahnige Schokoladencreme machen und einige Zuckerblüten für Liz darauf blühen lassen. Das wäre doch hübsch.
    Für die Blüten färbte Annemie drei verschiedene Portionen Zuckerguss in Rosa, Rot und Orange und ließ die süße Paste dann abwechselnd in kleine Blütenformen tropfen, die sie zum Trocknen beiseitestellte. Der Kuchen im Ofen duftete bereits verlockend. Er sah gut aus. Er sah so aus, als würde er perfekt gelingen.

So kämpfen wir weiter, wie Boote gegen den Strom,
    und unablässig treibt es uns zurück in die Vergangenheit.
    F. Scott Fitzgerald
    6
    N ina kam nach Hause und stellte fest, dass noch alle Räume dunkel waren. Ihr Vater war also noch nicht da. Sie würde für sie beide etwas zum Abendessen richten. Ihr Vater brauchte im Moment ein wenig Unterhaltung, ihre geplante Hochzeit schien bei ihm so viele Erinnerungen wachzurufen, dass sie das Gefühl hatte, sich ein bisschen mehr als sonst um ihn kümmern zu müssen. Außerdem wollte sie ihn nach dem geheimnisvollen Bruder fragen. Das würde ihn vielleicht ablenken.
    Der Tag war so frühlingshaft gewesen, dass Nina Appetit auf etwas hatte, das nach Sommer schmeckte. Nudeln mit Salbei und Zitrone und dazu ein Glas Weißwein. Im Kühlschrank war noch etwas Forellencreme, die für eine kleine Vorspeise reichte. Und eine Flasche Chablis lag auch noch da. Sie deckte den Tisch, und ihr Vater kam nur wenig später, so dass sie gleich essen konnten.
    »Waren wir zum Essen verabredet?« Claus Winter schaute ihr überrascht über die Schulter in den Topf. Es kam nicht allzu oft vor, dass seine Tochter für sie beide kochte. »Mmh, das riecht gut.«
    »Ich hatte Lust zu kochen. Nichts Großartiges, aber ich dachte, wir könnten mal wieder zusammen essen.«
    »Gut gedacht! Wer weiß, wie oft das vorkommen wird, wenn du erst mal verheiratet bist. Dein Mann wird dich für sich alleine haben wollen, und verstehen kann ich das! Manchmal werdet ihr mich, pflichtbewusst und nett, wie ihr seid, dazubitten und hinter meinem Rücken die Augen rollen, weil ich so selig bin, mit euch gemeinsam zu essen, dass ich überhaupt nicht mehr gehe und auf dem Stuhl förmlich festklebe …«
    »Genau so wird es sein«, lachte Nina. »Wahrscheinlich werden wir dich deshalb gar nicht erst fragen!«
    Sie sahen sich an, und Nina spürte, dass es ihm ernst war und er Sorge hatte, sie zu verlieren. Sie ging zu ihm und umarmte ihn.
    »Paps, die Familie wird nur etwas größer. Du und ich, wir hatten die schönste Zeit zusammen, die eine Tochter mit einem Vater haben kann, aber jetzt werden wir einfach mehr – erst kommt ein Mann dazu, dann ein paar Kinder und am Ende kommt auch noch dein rätselhafter Bruder wieder dazu! Das ist doch auch schön, oder?«
    Claus Winter nickte.
    »Du hast recht. Ich bin ein sentimentaler Esel. Aber ich hatte noch nicht so viele Töchter, die heiraten. Ich muss das erst noch üben!«
    Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn, öffnete den Wein und goss für sie beide zwei Gläser ein, die gleich beschlugen. Während er das Glas hochhielt, sah er Nina liebevoll an:
    »Auf die Vergrößerung der Familie.«
    »Und auf regelmäßige Vater-Tochter-Essen, nur wir zwei. Das behalten wir bei.«
    Nina streckte ihm grinsend ihr Glas entgegen, und er stieß mit ihr an. Bis die Nudeln al dente waren und abgegossen werden konnten, dippten sie stehend kleine Cracker in die Forellencreme und unterhielten sich darüber, wie ihr Tag verlaufen war. Als sie dann am Tisch saßen und ihre Nudeln auf die Gabeln drehten, begann Nina, ihren Vater nach seinem Bruder auszufragen.
    »Was ist nun eigentlich mit diesem Hannes?«
    »Ach«, Claus Winter winkte ab. »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Es ist noch früh. Wir haben stundenlang Zeit, im Kühlschrank steht Wein, und irgendwann muss ich es ja doch mal wissen, findest du nicht? Vor allem, wenn er mir meinen Brautstrauß verhunzt, will ich wissen, warum.«
    »Ja.« Ihr Vater nickte, zögerte aber noch immer.
    »Jetzt weißt du nicht, wo du anfangen sollst.«
    »Richtig.«
    »Vorne. Fang vorne an. Bei deiner Geburt. Oder seiner. Wer ist denn der Ältere?«
    »Hannes. Er war drei, als ich

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