Wenn nicht jetzt, wann dann?
liegen brav in ihren steinernen Hütten, gut gegen die sonst oft herrschende Hitze und heute gegen Regen geschützt. Schließlich erreiche ich den Ebro, überquere die alte, steinerne Brücke mit den sechs Torbögen und finde neben der Bücherei eine Cafeteria, in der ich frühstücken kann. Inzwischen ist es 12.00 Uhr, und ich bestelle café con leche und ein bocadillo mit Ei und lasse mir beides schmecken. Zu meiner Freude ist der Preis moderat und ich fühle mich gestärkt, sodass ich entspannt auf Zimmersuche gehen kann.
Vorher will ich mir meinen Pilgerstempel in der albergue, der Herberge, abholen. Diese ist jedoch noch geschlossen und öffnet erst um 14.30 Uhr. Nebenan, in der Kirche, frage ich nach Stempel und Unterkunft — Französisch geht gut — und werde um die Ecke zur nächsten Polizeistation geschickt. Hier klappt es mit Englisch. Der Leiter der Polizeistation schickt alle anderen weg, mit denen er gerade im Gespräch gewesen war, und hilft mir sofort weiter. Ich erhalte den liebevollsten Stempel mit der perfektesten Unterschrift, die man sich vorstellen kann. Auf die Frage nach einem preisgünstigen Zimmer nennt er den Preis von 15.00 €, und als ich nicke, geht er nach nebenan und telefoniert, um zu prüfen, ob die Unterkunft noch frei ist. Sie ist es, und ich verlasse die Polizeistation mit einer Kopie des Stadtplanes der Innenstadt, einer genauen Adresse und guten Hinweisen für die fünf Minuten Weg zu meinem Quartier. Nach kurzer Zeit, als ich gerade den nächsten Platz erreicht habe, kommt mir mein polizeilicher Helfer hinterher, um zu prüfen, ob ich auch alles finde. Er verabschiedet sich dann nochmals, und ich bin ganz gerührt über so viel Fürsorge.
Nach kurzer Zeit erreiche ich mein hostal. Das Zimmer ist zweckmäßig, ziemlich sauber, mit Etagenbad, aber so weit in Ordnung und mitten im Zentrum.
Voll zufrieden und tatendurstig gehe ich nach einer Pause, in der ich erst einmal meine nassen Sachen zum Trocknen ins offene Fenster hänge, in die Stadt, die heute, am Sonntag, überfüllt ist. Man feiert das Fest des Barnabas Fiesta de San Barnabe zu Ehren des Stadtpatrons, der erfolgreich gegen die Franzosen geholfen und Fisch, Brot und Wein verteilt hat.
Die Innenstadt ist übervoll, die Calle Mayor mit Konfetti in allen Farben ausgelegt, die Leute sind festlich und zum Teil mit ihren schwarz-roten Trachten gekleidet. Mädchen, die offensichtlich ihre Kommunion feiern, ganz in langen, weiten, weißen Kleidern, sind überall zu sehen. Die Leute sitzen in Straßencafés und genießen ihren café con leche oder ihr Glas Rotwein. Vino tinto aus der Rioja ist ein Erlebnis, und ich setze mich dazu und genieße den schweren, dunkelroten und sehr aromatischen Wein, freue mich an der inzwischen wieder scheinenden Sonne, dem Blick auf einen riesigen Springbrunnen, umgeben von feiernden, fröhlichen Menschen, die diesen schönen Tag sichtbar zu würdigen wissen.
Diese Stadt ist recht groß und hat eine sehr schöne, breite Fußgängerzone, gepflastert, mit Grünanlagen und Spielmöglichkeiten für Kinder, mit Straßencafés und vielen interessanten Geschäften auf modernem Niveau. Trotz allem ist Logroño eine alte Stadt mit vielen alten Häusern in den Seitenstraßen, mit gepflasterten Plätzen und einer schönen Kathedrale neben mehreren Kirchen. Beeindruckend ist auch die große Brücke über den Rio Ebro, die mit ihren vielen Rundbögen eindeutig an die römische Zeit erinnert.
Leider setzt das Wetter dem fröhlichen Treiben ein Ende, denn das Gewitter des letzten Tages — oder ein neues — kommt heran, sodass erneut die heftigsten Regenschauer einsetzen. Eine Dusche ist gar nichts dagegen, und die Freude dauert fast zwei Stunden an. Völlig durchnässt erreiche ich mein Zimmer, wo ich erst einmal abwarte. Doch im Süden gehen die Uhren offensichtlich anders als bei uns in Deutschland, und im Nu scheint die Sonne wieder; die Bürgersteige trocknen, und die Straßen füllen sich. Es ist 24 Grad C warm, und die Welt ist in Ordnung.
Die ganze Stadt ist auf den Beinen, in der Innenstadt wimmelt es von Menschen jeden Alters. Alle haben sich festlich herausgeputzt, sodass ich mit meiner Trekking-Ausrüstung schon fast unangenehm auffalle. Viele Frauen und vor allem Kinder sind in ihre Trachten gekleidet — rote oder grüne Röcke mit schwarzen Streifen und passenden Halstüchern über der weißen Bluse. Kleine Mädchen tragen weiße Kleider, die mit bunten Blüten benäht sind, im Kontrast
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