Wenn nicht jetzt, wann dann?
dir streichelt
und der der Regen
nichts anhaben kann.
Momente,
die in Zeitlupe bestehen bleiben
müssen.
Weiter laufe ich durch grüne Wiesen, die grellgrün, grasgrün, blaugrün schillern; Blumen durchbrechen ihre Farbigkeit und Heckenrosen in Weiß und Rosa umrahmen sie. Mein Weg ist schmal, steinig, von hohem Gras gesäumt, und immer wieder stehe ich auf Anhöhen und sehe die Welt im Panoramaausblick. Die Welt gehört mir, und sie ist nur für mich da; davon bin ich fast schon überzeugt, wenn ich dieses sehe.
Doch die dunkle, dicke, schwarz-graue Wolke begleitet mich weiter und bringt mich schließlich mit dicken Tropfen dazu, meine Regenjacke anzuziehen und meinen Rucksack regensicher zu ummanteln. Trotz des Regens mache ich Pause, sicher und warm in meiner Trekkingkleidung verpackt, die regensicher und atmungsaktiv ist. Die Ausrüstung muss stimmen, das ist mir schon lange klar. Auf dem Weg habe ich schon so viele gesehen, die, wenn sie abends in Sandalen herumlaufen, ihre Füße komplett bepflastert haben, und ich sehe sie humpeln. Ich habe zurzeit die zweite Blase am kleinen Zeh, und ich brauche ein Blasenpflaster, um mein Problem in den Griff zu bekommen. Doch ist das alles zum Glück nicht weiter dramatisch.
Nach kurzer Zeit hört es wieder auf zu regnen, und ich sehe den nächsten Ort, Rabanal del Camino, mit dem charakteristischen Kirchturm. Gegen 14.00 Uhr, also nach sieben Wanderstunden inklusive Pausen, bin ich da.
Die Zimmersuche ist nicht schwierig, ich vergleiche und wähle das günstigste zu 20,00 € aus. Es ist ein schönes, sauberes Zimmer im 1. Stock, mit Natursteinwänden, unverputzt und mit Duschbad. Die Pilgerherberge hätte mich nur 5,00 € gekostet, doch da hätte ich noch dreißig Minuten im Regen warten müssen, bis sie um 14.30 Uhr öffnet. Ich genieße den Luxus, um 14.00 Uhr mein Zimmer zu beziehen, zu duschen, zu essen und erst einmal eine Stunde in völliger Ruhe zu schlafen. Danach erkunde ich den kleinen, niedlichen Ort, kaufe für den nächsten Tag ein und bin rundherum zufrieden.
Am Abend gehe ich in die Pilgerherberge und entdecke wieder einmal einen lauschigen Innenhof mit Holzbänken und — tischen, mit einer Bar und gemütlichen Sitzgruppen. Ich setze mich an einem länglichen Holztisch dazu und erkenne einen Pilgerbekannten wieder. Während ich auf mein Essen warte, höre ich von meinem Nachbarn, dass er stets einige Zeit arbeitet, um dann wieder so lange unterwegs zu sein, wie sein Geld reicht. Er hat schon die halbe Welt bereist und kann sehr interessant davon erzählen. Wir haben eine netten Abend miteinander, reden und essen zusammen. Als ich mein sehr reichliches und schmackhaftes Essen inklusive Getränk bezahlen soll, bin ich sprachlos, denn die freundliche Dame hinter dem Tresen will nicht einmal fünf Euro von mir haben. Es ist einfach preiswert und gemütlich in den Herbergen, nur möchte ich in den dort vorhandenen Schlafsälen nicht schlafen. Ich brauche meine Rückzugsmöglichkeit, ein wenig Privatsphäre und möglichst eine Dusche für mich allein.
14. Tag:
Rabanal del Camino — El Acebo (17 km), 18. Juni
Als ich kurz nach 7.00 Uhr aus meiner Unterkunft heraustrete, ist es wieder einmal kühl, dazu kommt ein heftiger Wind, und am Himmel sind noch immer dicke Wolken. Ich laufe in voller Regenausrüstung, gut mit Verpflegung und Getränken ausgestattet, denn unterwegs wird es heute wohl kaum etwas zu kaufen geben.
Der Weg ist schmal und beschwerlich, denn es gilt, beginnend bei circa 500 Metern einen Pass mit 1650 Metern Höhe zu erklimmen. Je weiter ich nach oben komme, desto nebliger wird es, sodass ich die Berge leider nicht erkennen kann. Unter meinen Füßen rutschen die Steine hin und her, ich laufe über schieferartige Steinplatten, die in mehr oder weniger viel Lehmboden eingebettet sind. Immer wieder muss ich an großen Pfützen vorbei, denn in den letzten Tagen hat es viel und zum Teil heftig geregnet. Zurzeit muss ich wieder einmal jeden meiner Schritte vorsichtig setzen, und ich bin aufs Neue froh, dass ich mit richtigen, knöchelhohen Wanderschuhen mit fester Sohle ausgerüstet bin.
Neben meinem Wanderweg zeigt sich eine grün-bunte Natur, die mit Büschen aus Ginster und Heckenrosen, aber auch mit Heidepflanzen, die zum Teil eine Höhe von erstaunlichen zwei Metern erreichen, bewachsen ist. Immer wieder komme ich an »Steingärten«, Steinformationen unterschiedlichster Art vorbei, die mit blühenden Flechten und kleinen Pflanzen
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