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Wenn nur dein Lächeln bleibt

Wenn nur dein Lächeln bleibt

Titel: Wenn nur dein Lächeln bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lind
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Wickeluntensilien, die frische Wäsche, die Handtücher und Lätzchen, den Mixer – und aus dem Kofferraum den Rollstuhl und die zwei Taschen mit Lebensmitteln. Das tragen Sie dann alles in die Einrichtung. Das sind nur dreihundert Meter, Sie schaffen das schon!«
    Der Mann war so perplex, dass er Bernd unsere Tochter schleunigst wieder in die Arme legte und ohne sich noch einmal umzudrehen das Weite suchte.
    Im Lauf der Zeit bekam auch ich einen kleinen Zweitwagen, und nun konnte ich, die ich lange vor Bernd Feierabend hatte, unsere Anja bereits am Nach mittag abholen. Wie schön, wie familienfreundlich! Nur, dass jetzt ich diejenige war, die beschimpft und bedroht wurde. Manchmal bildete sich eine Menschen traube um mein Auto und ließ mich einfach nicht weiterfahren! Und da ich beim Kommen kein behindertes Kind im Auto hatte und erst recht kein Sondergenehmigungsschild hinter der Windschutzscheibe, konnte ich den einkaufsbummelnden Hausfrauen noch nicht einmal böse sein!
    Es musste also eine zweite Sondergenehmigung her.
    Ein weiteres Plauderstündchen bei einer Behörde stand mir bevor. Man gönnt sich ja sonst nichts! Zu Hause hätte ich mich ja auch ganz fürchterlich gelangweilt.
    Energisch stapfte ich zur Verkehrspolizei.
    Dort saß eine junge Polizistin hinter dem Schalter und sah nicht so aus, als wäre sie zu einem gemütlichen Plausch unter jungen Frauen aufgelegt.
    Name, Sie wünschen, warum, spinnen Sie, wenn das jeder machen wollte, Nächster.
    Ich wappnete mich mit viel Geduld, Herzenswärme und Freundlichkeit. In aller Ausführlichkeit schilderte ich ihr mein Problem.
    »Zweite Sondergenehmigung geht nicht. Nächster.«
    »Versetzen Sie sich doch bitte mal in meine Lage! Meine Tochter ist schwerstbehindert, mein Mann bringt sie morgens, ich hole sie nachmittags …« Wahr scheinlich hatte ich schon Flusen am Kinn, so oft hatte ich meinen Text bereits heruntergeleiert.
    Die Beamtin sah mich mit stechendem Blick an. »Jeder Bürger der DDR hat Anrecht auf maximal EINE Sondergenehmigung. Nächster.«
    »Entschuldigen Sie, habe ich eine Wolldecke im Mund oder was? Verstehen Sie mich akustisch nicht, oder können Sie den Sinn meiner Worte rein vom Intellekt her nicht begreifen?«
    »Ich verbitte mir diesen unverschämten Ton!«
    Die Polizistin drückte auf eine Klingel: »Nächster!«
    Ich setzte mich so kerzengerade hin, als hätte ich ein Lineal verschluckt.
    »Nein, nein, so einfach lasse ich mich nicht abspeisen.« Ich atmete einmal tief ein und wieder aus. »Wenn Sie mir keine zweite Sondergenehmigung ausstellen, werde ich morgen in der Fußgängerzone wieder gesteinigt. Ich bleibe jetzt so lange hier sitzen, bis Sie bereit sind, sich in mich hineinzuversetzen.«
    »Unverschämtheit! Verlassen Sie sofort diese Amtsstube!«
    »Gern, aber nur mit Sondergenehmigung.« Der Zorn, aber auch die jahrelange Erfahrung mit Behörden hatten mir mittlerweile einen Schutzpanzer beschert, den Bernd schon von Natur aus zu haben schien. Tief durchatmen und noch mal von vorn anfangen!
    »Schauen Sie. Wir wollen doch zu einer gütlichen Lösung kommen. Möchten Sie Ihre Entscheidung nicht doch noch überdenken? Bitte! Wir wollen einander doch helfen in diesem Staat.«
    »Ich habe Nein gesagt, und das Wort der Polizei hat immer Gültigkeit!«
    »Sie können das nicht so eigenmächtig entscheiden!«, sagte ich aufbrausend.
    Ich war einfach nicht bereit, klein beizugeben. Nicht schon wieder. Und nicht in dieser Angelegenheit.
    »Ich will Ihren Vorgesetzten sprechen. Ich gehe davon aus, dass er mehr IQ -Punkte in der Birne hat als Sie.«
    War das meine Stimme, die nun genauso schneidend und kompromisslos von den kahlen Wänden dieser Polizeistube widerhallte? Ich war über mich selbst erschrocken. Nun würde ich Ärger bekommen.
    Die junge Beamtin war puterrot angelaufen. Plötzlich sprang sie auf und verließ den Raum. Gespannt wie ein Flitzebogen saß ich auf meinem Holzstuhl, hörte, wie sie die Tür zuknallte … und einen Schlüssel im Schloss herumdrehte. Sie hatte mich eingesperrt!
    Das war doch … Also, das ging doch jetzt … Ich war doch eine unbescholtene Bürgerin der DDR , die einfach nur um die Lösung eines Problems bei der Verkehrspolizei ansuchte! Nervös begann ich zu kichern. Würde ich jetzt wegen Beleidigung der Staats gewalt … Viele Bürger saßen hinter Gittern, weil sie es gewagt hatten, gegen das System aufzumucken. O Gott, das würden sie doch nicht wirklich … Aber ich musste doch zu Anja!

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