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Wenn nur dein Lächeln bleibt

Wenn nur dein Lächeln bleibt

Titel: Wenn nur dein Lächeln bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lind
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Westen lag, lockte das Verbotene, reizte uns das Abenteuer. Wir wollten unbedingt alle einmal mit unseren Rollstühlen bis an den Stacheldraht vordringen. Zu unserem Erstaunen erhielten wir anstandslos eine Sondergenehmigung zum Befahren des Waldstücks, das sonst nur für Militärfahrzeuge bestimmt war. Eine Horde Rollstuhlfahrer, dachten die Herren in den Behörden gewiss, wird nie und nimmer einen Fluchtversuch unternehmen. Und das wollten wir ja auch gar nicht.
    »Einmal rüberspucken«, sagte Bernd grinsend. »Mal gucken, ob die Sonne im Westen heller scheint.« Die anderen Eltern waren gleich Feuer und Flamme.
    Fröhlich pfeifend lud Bernd sämtliche Kinderrollstühle auf seinen Anhänger, und wir Eltern pferchten uns zusammen mit unseren behinderten Kindern in insgesamt acht Autos. Zwei von uns fuhren Wartburgs, der Rest Trabis. Ein Wolga war auch dabei, das war schon eine richtige Luxuskarosse.
    Unser Fahrzeug führte die Kolonne an. Bernd saß am Steuer und pfiff seine Angst weg. Der Grenz posten nahte, und der Soldat, der mitsamt scharfem Schäferhund aus seinem Kabuff trat, sah nicht so aus, als wäre er zu Scherzen aufgelegt. Ängstlich drückte ich Anja an mich.
    »Aussteigen!«
    Das Maschinengewehr im Anschlag, brüllte der Soldat diesen Befehl mehr, als dass er ihn gab. »Beine auseinander und Hände aufs Dach!«
    O nein, das war keine gute Idee.
    Bernd kurbelte das Seitenfenster nur einen Spaltbreit herunter und gab dem Mann unsere Sondergenehmigung.
    Wäre er ausgestiegen, hätte der Hund ihn vermutlich zerfleischt.
    »Was soll das sein?«, brüllte der Soldat.
    »Eine Sondergenehmigung«, sagte Bernd freundlich, während der Köter kläffend am Wagen hochsprang.
    Wir anderen saßen zitternd im Fond und hielten tunlichst die Klappe.
    Der Grenzsoldat stapfte in sein Häuschen zurück, riss den Hörer von der Gabel und kontaktierte seinen Vorgesetzten.
    Offensichtlich erhielt er den Befehl, uns durchzulassen.
    Aufatmend fuhren wir ins Niemandsland. Die ganze Kolonne ruckelte über den holperigen Waldweg, die Rollstühle klapperten im Anhänger. Unser Adrenalinspiegel war so hoch wie noch nie. Am Ende des Weges schälten wir uns aus den engen Fahrzeugen, klappten die Rollstühle auf und wanderten mit unseren Kindern los, durch streng verbotenes Gebiet. Überall waren Schilder mit Totenköpfen zu sehen, mit Warnungen, dass man beim kleinsten Schritt, den man vom Weg abweiche, umgehend erschossen würde. Schließlich ließen wir uns ganz nahe am Zaun nieder, um ein romantisches Picknick mit Blick auf den Stacheldraht zu genießen.
    Das da drüben war also nun der Westen! Das da drüben war also die große Freiheit!
    »Sieht eigentlich genauso aus wie hier«, sagte ich enttäuscht.
    Nach und nach entspannten wir uns. Aufatmend ließen wir uns auf die Decken fallen und packten unseren Proviant aus, fütterten unsere Kinder. Die lagen auf den Decken und stießen gurgelnde Laute aus. So entlud sich ihre Anspannung.
    »Schaut euch mal um!«, sagte Bernd verschmitzt. »Überall blitzen Ferngläser in der Sonne. Heute haben die armen Burschen endlich mal keine Langeweile.«
    Tatsächlich. Sie beobachteten uns von allen Seiten. Bestimmt hatten sie genauso viel Spaß an der Aktion wie wir. Was für ein Abenteuer! Wir waren jung, verrückt, übermütig und lebenshungrig. Und wir gierten nach einem Fitzelchen Freiheit. Genau das nahmen wir uns heute.

18
    »Mein Schatz, mach schön den Mund auf! Wir müssen doch vor dem Schlafengehen wie immer deine Zähne putzen!« Doch heute schien Anja vor Schmerz zurückzuzucken. Normalerweise genoss sie jede Art von Zuwendung, und der Zahnpastageschmack war ihr fast so willkommen wie ihr Lieblingspudding. Längst waren ihr alle Milchzähne ausgefallen oder besser gesagt, ich hatte sie ihr vorsorglich gezogen. Die Angst, sie könnte an einem Milchzahn ersticken, war einfach zu groß. Ein kurzer Ruck, und das Zähnchen war draußen. Anja war zwar jedes Mal ein wenig erschrocken, hatte mich dann aber sofort wieder angestrahlt. Ich spürte ihr grenzenloses Vertrauen.
    »Bernd, schau dir das an, diese entzündete Stelle an ihrem Zahnfleisch.«
    »Das sieht mir nach einer Fistel aus.«
    Kurz entschlossen packten wir Anja ins Auto und fuhren zur Zahnklinik. Natürlich gab es dort weder eine Rampe noch einen Aufzug, und wir schleppten unser wimmerndes Mädchen in den zweiten Stock. Dort saßen einige schlecht gelaunte Schmerzpatienten mit geschwollenen Backen im Warteraum. Bernd

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