Wenn nur dein Lächeln bleibt
wund!«
»Und das will ein Fachmann gebaut haben?« Bernd griff wütend zum Telefon und zitierte Herrn Wehrlein herbei.
»Wir haben die Pelotten nur an einer Seite angebracht«, belehrte uns der tolle Spezialist, »weil es auf der anderen nicht nötig ist.«
»Was für unser Kind NÖTIG ist, wissen wir besser als SIE !«, fauchte Bernd wütend. »Das ist doch absolut dreist, dass Sie uns hier über die Bedürfnisse unseres Kindes belehren wollen!«
Herr Wehrlein zuckte die Achseln. »Was regen Sie sich denn so auf? Sie kann sich ja sowieso nicht bewegen, also kann sie auch nicht rausfallen.«
»Aber WIR können sie bewegen!«, schrie ich fassungslos. »Sie muss doch ihre Sitzposition wechseln können! Versetzen Sie sich doch mal in unsere Tochter hinein«, bat ich den Mann. »Wie lange kann man ausschließlich auf der linken Seite liegen?«
»Doppelte Pelotten sind zu teuer«, sagte Herr Wehrlein und steckte die Hände in die Taschen. »Ich bekomme von der Krankenkasse einen Pauschalbetrag, und das ist meine Leistung dafür.«
»Wissen Sie was, Herr Wehrlein?« Bernd schäumte inzwischen vor Wut. »Ihnen geht es gar nicht um das Wohl unseres Kindes, sondern nur um das Geld! Dieser Rollstuhl kostet einige Tausend Mark. Sie sollten sich was schämen!«
»Was fällt Ihnen ein!«, brauste nun auch Herr Wehrlein auf. »Das muss ich mir von einem Laien nicht anhören, der keinerlei Ahnung vom Rollstuhlbau hat!«
» ICH habe keine Ahnung?« Bernd ballte schon die Fäuste. »Seit fünfzehn Jahren schiebe ich mein Kind im Rollstuhl herum. Ich habe Anja zigtausendmal hineingebettet und noch öfter gedreht, damit sie es be quem hat. Wir wissen, wohin ihr Kopf ausschlägt und wo sie Halt und Stütze braucht. Und SIE nennen mich einen LAIEN ?!« So laut hatte ich ihn noch nie schreien hören.
»Ihnen gehört die Lizenz entzogen!«, sagte ich mu tig. Früher hätte ich mich nie getraut, so etwas auszusprechen, aber durch unser Leben mit Anja waren wir unglaublich stark und selbstbewusst geworden. Wir ließen uns einfach nichts mehr gefallen.
Herr Wehrlein war nun ebenfalls zornesrot.
»Das lasse ich mir nicht bieten«, schnaufte er. »Ich habe meinen Vertrag erfüllt und Ihnen den Rollstuhl geliefert. Damit ist die Angelegenheit für mich erledigt.«
Er wollte unsere Wohnung schon verlassen, doch Bernd schob ihm sein missratenes Rollstuhlungetüm in die Quere. »Den nehmen Sie wieder mit! Unsere Wohnung ist zu klein für wertlosen Sperrmüll!«
»Ich denke gar nicht daran!«, schrie Herr Wehrlein beleidigt. »Ich habe meinen Teil des Vertrags erfüllt. Sie werden sich schon noch daran gewöhnen!«
» SIE NEHMEN DIESEN ROLLSTUHL WIEDER MI T!« Bernd hatte den Mann am Kragen gepackt und schüttelte ihn. »Und liefern uns einen NEUEN !«
Das Doppelkinn von Herrn Wehrlein wackelte. Seine Augen quollen panisch hervor. »Das wird Konsequenzen haben«, quakte er hilflos.
»Wenn Sie diesen Rollstuhl nicht wieder mitnehmen«, sagte ich und versuchte Bernds Fäuste von Herrn Wehrleins Gesicht fernzuhalten, »dann informieren wir die Presse. Wir holen einen Fotografen und demonstrieren öffentlich, was Sie da für einen Mist gebaut haben. Sie schalten doch immer Anzeigen, in denen Sie sich als kompetente Firma für Behinderten-Ausrüstung anpreisen.«
Der Mann wurde aschfahl. Wortlos verschwand er mit dem hässlichen, untauglichen Rollstuhl.
Wir standen noch eine Weile mit Herzklopfen an der Tür. Einen neuen Rollstuhl hat Herr Wehrlein nie geliefert. Aber dafür eine saftige Rechnung. Manche Menschen haben einfach ihren Beruf verfehlt.
Also tanzten wir am nächsten Tag bei der Krankenkasse an und beschwerten uns über Herrn Wehrlein.
»Sie sind nicht die Ersten, die uns auf Mängel hinweisen«, informierte uns die freundliche Sachbearbeiterin. »Auch sein Umgangston lässt anscheinend sehr zu wünschen übrig.«
»Wir können uns ja noch wehren. Aber was ist mit den alten hilflosen Heiminsassen, die seine Fehlkonstruktionen ergeben hinnehmen müssen?« Traurig schüttelte ich den Kopf.
»Wie viele Altersheimbewohner sitzen wohl den ganzen Tag in falschen Rollstühlen, werden wund davon und trauen sich nicht, etwas zu sagen?«
Die freundliche Mitarbeiterin der Krankenkasse telefonierte ihren Chef herbei, und wir erklärten die missliche Angelegenheit noch einmal.
»Wissen Sie was, Frau Hädicke?« Der zuständige Leiter der Krankenkasse nahm einen dicken roten Stift und strich die Firma Wehrlein aus seinen
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