Wenn nur noch Asche bleibt
entfloh, wandte er sich zu ihr um. Mit einem Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Klappernd verfiel der Löffel in Stillstand.
„Ähm … ich …“
Seine Nervosität war echt und untermalte Elenas ungeheuerlichen Verdacht. Er hatte es wirklich getan. Er hatte diesen verfluchten Löffel mit einer kryptischen Macht bewegt.
„Ich nehme an, dass ich dich nicht damit abspeisen kann, dass du dir das eingebildet hast?“
Elena fasste sich an die Stirn. Sie musste ruhig bleiben. Es gab eine Erklärung. Irgendeine gottverdammte Erklärung, wie er den Löffel in Bewegung versetzt hatte. „Du hast …“
„… das Ding mit Gedankenkraft bewegt“, führte er ihren Satz zu Ende. „Erwischt. Leider übersteigt die Löschung deines Gedächtnisses meine Fähigkeiten, sonst würde ich es tun.“
„Du … ich …“
„Hör zu, raste jetzt nicht aus, okay?“ Sein Blick zeigte Besorgnis. Er stellte die Tasse auf dem Boden ab, stand auf und begann, in ihrem Wohnzimmer auf und ab zu tigern. „Ich weiß nicht, was mit mir los ist“, sprach er wie zu sich selbst. „Normalerweise ist meine Selbstbeherrschung unerschütterlich, aber bei dir … verdammt, du hättest das nicht sehen sollen. Es liegt einfach nur daran, dass …“
Elena sprang auf, ehe sie sich bewusst dazu entschieden hatte. Sie packte Daniel, stieß ihn zum Sofa, warf ihn auf das Polster und setzte sich auf ihn. Ohne Gegenwehr ließ er sie gewähren.
„Was ist los mit dir? Sag mir alles! Was war das gerade eben? Wie geht das? Was bist du?“
Er seufzte. „Du würdest mir sowieso nicht glauben.“
„Sag’s mir. Sofort! Oder ich …“
„Oder was? Durchbohrst du mich mit deinem Zeigefinger? Du bist gerade auf dem besten Weg dahin.“
„Raus mit der Wahrheit!“
„Wie du willst.“ Er sah zu ihr auf. Irrte sie sich, oder lag da ein Hauch Furcht in seinem Blick? „Im Kloster lernte ich, den Geist über den Körper siegen zu lassen. Und zwar in einem solchen Maße, dass meine geistigen Kräfte stark genug sind, Gegenstände zu bewegen.“
„Telekinese?“ Sie schnaufte. Das war verrückt! Das war völlig bescheuert. Doch nichts in seiner Gestik sprach von einer Lüge. Normalerweise vertraute Elena auf ihr Gespür und ihre Beobachtungsgabe, wenn es darum ging, Schwindel und Wahrheit zu unterscheiden. Doch diesmal wünschte sie sich, einem Irrtum zu erliegen.
„Ja“, antwortete er. „Telekinese.“
Das schwarze Kissen neben ihr begann zu schweben. Elena stieß einen leisen Schrei aus, stürzte sich darauf und drückte es zu Boden. „Hör auf damit. Lass diesen Scheiß.“
„Tut mir leid. Ich dachte, du bräuchtest noch einen Beweis.“
„Nein, ja … verdammt!“ Vorsichtig ließ sie das Kissen wieder frei. Es lag still. So, wie es sein sollte. Ihr Verstand fühlte sich an, als spuckte er eine Rauchwolke aus, verbunden mit einer wild blinkenden Error-Meldung. „Das ist doch irre.“
„Ziemlich“, antwortete er mit einem schiefen Grinsen.
„Was kannst du noch? Einen Handstand, ohne die Hände zu benutzen?“
„So was in der Art. Geh mal von mir runter.“
„Du willst doch nicht …“
„Nein.“ Sanft schob er sie beiseite, stand auf, streckte sich und vollführte einen einarmigen Handstand mitten in ihrem Wohnzimmer. Nach zwei Sekunden ruhte sein Gewicht auf vier Fingern, dann auf dreien und schließlich auf Zeige- und Mittelfinger. Na wunderbar.
„Das kommt dem Schweben ziemlich nahe, was?“ Er ging mit der Geschmeidigkeit einer Katze in den aufrechten Stand über. „An der Vervollkommnung meiner Fähigkeiten arbeite ich noch. Frag mich in ein paar Monaten noch mal. Vielleicht hab ich dann das Schweben drauf.“
Elena atmete tief durch. Ihr analytisch arbeitendes Gehirn weigerte sich, die Arbeit wieder aufzunehmen. Was vermutlich besser war, denn jetzt half es ihr nicht weiter. „Wie geht das?“
Daniel zuckte mit den Schultern. „Ich tue nur das, was jeder Mensch tun könnte, wenn man es ihm beibringt. Ich besitze keine besonderen Kräfte.“
Elena sah, dass er log. Sein linkes Augenlid zuckte kurz, während er ihrem Blick für den Bruchteil einer Sekunde auswich. Zwei Zeichen dafür, dass er ihr etwas verschwieg.
„Keine besonderen Kräfte? Und das soll ich dir nach dieser Aktion glauben?“
„Wenn Körper und Geist im Gleichklang sind, entsteht höchste Kraft.“ Er hob die Arme und ließ sie wieder fallen. „Stell dir vor, die Menschen wüssten, wozu sie fähig sind. Wie könnte man sie dann
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