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Wenn nur noch Asche bleibt

Wenn nur noch Asche bleibt

Titel: Wenn nur noch Asche bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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spüren, wie es ihr erging, suchte den Strand in der anderen Richtung ab und beschränkte sich darauf, ihr ab und zu einen Blick zuzuwerfen.
    Im Laufe der nächsten Stunde geschah nichts. Obwohl sie zu dritt die Bucht absuchten, war nicht mehr zu finden als ein Zigarettenstummel. Ihre Suche verlief im wahrsten Sinne des Wortes im Sand. Elena empfand Zorn, Enttäuschung und Frust. Irgendjemand im Department hatte sie verraten und agierte auf feindlicher Seite. Sie arbeitete noch nicht lange genug in dem Laden, um verlässliche Charakterprofile erstellen zu können, doch das hätte sie vermutlich ohnehin nicht weitergebracht. Selbst der Lieutenant, der die meisten seiner Mitarbeiter in- und auswendig kannte, schien im Trüben zu fischen. Frustriert setzte sich Elena auf einen Felsen und starrte auf das Meer hinaus. Das sanfte Spiel der Wellen beruhigte ihren wirren, nach etwas Stetem gierenden Geist. In jeder anderen Situation hätte sie vielleicht Faszination empfunden. Darüber, wie magisch die Welt hinter ihrer grauer Maske war. Daniel hatte ihr in der letzten Nacht bewiesen, dass Wunder existierten. Sie hatte einen Blick auf etwas Herrliches, Unfassbares erhalten, und doch saß sie hier und fühlte sich elend. Nein, elend war der falsche Ausdruck. Viel eher erfüllte sie eine schale Hilflosigkeit.
    „T’aach myrr y cheeraan“, hörte sie Daniel sagen, als er sich neben sie auf den Felsen setzte. „Das bist du.“
    „Hä?“
    „Die, die den Wellen zuhört.“ Als er lächelte, schimmerte das Haselnussbraun seiner Augen im Sonnenschein, als wäre es mit Goldstaub durchsetzt. „In der Sprache des Meervolks.“
    „Aha.“ Elena starrte ihn an. Eine heftige Sehnsucht klaffte in ihr auf, von der sie ihm niemals erzählen würde. Alles in ihr schrie danach, sich in seine Arme zu werfen, um dort ihre Stärke wiederzufinden. Doch sie blieb sitzen. Mit um die Knie geschlungenen Armen und einem Herzen, das sich anfühlte, als würde es jeden Augenblick zerspringen. „Wie meinst du das?“
    „Man sagt, das Meervolk lese tausend Dinge im Spiel des Wassers.“
    Seine Stimme war weich und dunkel wie die eines Märchenerzählers. So viel Trost lag in ihr. Elena stellte sich vor, wie sie sich an ihn schmiegte. Wie sie ihre Wange auf seine Brust legte, sich von ihm umarmen ließ und seinen Worten lauschte.
    „Selbst die Spuren der Steine und Muscheln, die die Brandung durch den Sand zieht, verraten ihnen Geheimnisse. Genauso wie der Meeresschaum ihnen verrät, ob Gefahr droht. Ob gute Zeiten kommen oder schlechte.“
    Elena stützte ihr Kinn auf dem Knie ab. „Und was liest du darin?“
    „Ich bin ein Mensch. Mit mir teilt die See ihr Wissen nicht. Aber manchmal, wenn ich unter Wasser meditiere, höre ich ein Lied.“
    „Ein Lied?“ Sie schnaufte in gespieltem Spott, obwohl die Art, wie er neben ihr saß und diese Dinge erzählte, einen wunderbaren Zauber besaß. „Ist das dein Ernst?“
    „Oh ja.“
    „Was ist es für ein Lied?“
    Er schloss die Augen und zitierte: „Beim tiefen Ozean und der Macht der Gezeiten, beim Klagen des Windes und dem Raunen der Wellen, bei salziger Gischt und azurnem Licht, erinnert euch, dass einst, so lang her, wir alle entsprangen dem ewigen Meer.“
    Daniel sah sie an, als erblickte er sie zum ersten Mal. Seine Maske wurde transparent und zeigte plötzlich einen Mann, dem es nicht weniger nach Trost verlangte als ihr. Elena wollte ihn berühren. Sie wollte ihren Arm um ihn legen und ihm das geben, wonach er sich sehnte, wonach sie sich sehnte – doch sie war wie gelähmt.
    „Wovor hast du am meisten Angst?“, fragte er.
    Elena schluckte schwer. Es war eine Frage, die zu tief bohrte. Wann immer man sie ihr gestellt hatte, war das Ergebnis dasselbe gewesen. Sie hatte sich verschlossen wie eine Auster oder eine toughe Antwort zurückgegeben, deren Mut nichts weiter war als eine große Lüge.
    „Davor, wieder da zu enden, wo ich herkam.“ Nun war es heraus. Und es gab kein Zurück. „In der Gosse. Jeden Tag und jede Nacht habe ich Angst davor, abzustürzen. Ich habe zu oft erleben müssen, wie leicht das passieren kann.“
    Er nickte, während ein leichtes Lächeln um seine Lippen spielte.
    „Und du?“
    „Vor dem Verlust.“ Daniel stand auf, ging zwei Schritte zur Brandung hin und bohrte eine Schuhspitze in die nassen Kiesel. Seine Nervosität rührte Elena. Sie verlieh ihm wunderbare Schwäche und Verletzlichkeit. „Nein warte, das ist falsch. Am meisten Angst habe ich

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