Wenn nur noch Asche bleibt
konnte? Als Licht oder Schatten?
„Mehr oder weniger“, presste Elena hervor.
„Sie sollten sich eher mehr dafür interessieren. Es ist ungeheuer faszinierend, in diese Welt einzutauchen. Ich verbrachte eine Nacht in der Cheopspyramide, und diese wenigen Stunden veränderten alles.“
„Inwiefern?“
„Wussten Sie, dass die Sphinx, die Sie gerade angestarrt haben, mehr als zehntausend Jahre alt ist?“
„Nein.“
„Es ist so. Lassen Sie sich von dem kindischen Geschwafel der Experten nicht täuschen. Winderosion und Wassererosion lassen sich leicht voneinander unterscheiden. Die Zeichen an der Sphinx sind eindeutig. Es muss Jahrhunderte lang auf sie herabgeregnet haben.“
„Aber die Sphinx steht in einer Wüste.“
„Einer Wüste, die vor zehntausend Jahren grünte und blühte. Man fand die Skelette von Fischen und Krokodilen dort, wo heute nur Sand unter der Sonne glüht.“
„Faszinierend.“ Elena krallte die Finger um ihre Knie. Sie spürte, wie sich eine imaginäre Schlinge um ihren Hals legte. Jeden Augenblick konnte sie sich zuziehen. Warum ließen sich Daniel und seine Männer so lange Zeit? Was zum Teufel sollte das? Sie wagte es, ein Seufzen auszustoßen, in das sie so viel subtile Angst wie möglich legte.
„Zieh dich zurück“, raunte es in ihrem Ohrstöpsel. „Wir haben, was wir brauchen.“
Endlich! Sie war erlöst. Jetzt musste ihr nur noch der galante Rückzug gelingen. Ihre Haut war rutschig vom Schweiß, sodass sie befürchtete, die Tasse könnte ihr aus den Fingern gleiten. Hastiger, als es ihre Absicht war, trank sie den Kaffee aus, erhob sich und spielte ein Gähnen vor.
„Es tut mir leid, aber ich hatte einen langen Tag. Sofern Sie sich nicht für unser Kosmetikprogramm interessieren, würde ich gern Feierabend machen und etwas fehlenden Schlaf nachholen.“
Durat legte den Kopf schief und lächelte. „Im Lauf der Dinge wirkt selbst das, was uns Menschen großartig erscheint, wie ein winziger Atemzug.“ Sinnierend blickte er ins Leere. „Alles ist flüchtig und bedeutungslos. Ein süßes Nichts im allumfassenden Kreislauf.“
„Was Sie sagen, ist wirklich sehr spannend.“ Es erforderte alle verbliebene Kraft, ihre Maske aus Höflichkeit und Ruhe aufrecht zu erhalten. „Aber ich bin seit sechs Uhr auf den Beinen.“
„Die Epoche der modernen Kultur währt nur kurz.“
Durat ignorierte ihre Worte vollkommen. Kein gutes Zeichen. Etwas sagte Elena, dass er es wusste. Er wusste, warum sie hier war, und er wusste, dass sie sein Geheimnis kannte. Ihr wurde übel vor Angst.
„Schon bald wird eine neue Zeit heranbrechen, die nur wenige Menschen erleben werden.“ Tony stand auf und hob in einer theatralischen Geste die Arme. „Wüsten werden zu Wäldern und blühenden Ebenen. Regenwald wird zu Wüste. Gebirge zerfallen und entstehen neu. Die Tierwelt, wie wir sie kennen, wird sich verändern und neue Geschöpfe hervorbringen. Der Sternenhimmel wird sich wandeln, das Klima und das Denken. Eine prächtige Galaxie wird den Himmel bedecken, während die Sonne sich aufbläht und eine gewaltige Wüste aus Glut erschafft. Unsere Milchstraße wird mit der Andromedagalaxie verschmelzen und etwas Neues erschaffen. Etwas Gewaltiges, Großartiges, in dem sich neue Planeten finden werden, auf denen das Leben erblüht. Fremdartiger, als der Mensch es sich mit seiner begrenzten Fantasie vorstellen kann. Schöner, grausamer, intelligenter. Doch irgendwann wird auch diese gewaltige Galaxie vernichtet werden. Das Universum ist wie der Atem eines gewaltigen Wesens. Es vergeht und entsteht neu. Es zerfällt und breitet sich wieder aus. Nichts hat einen Anfang oder ein Ende. Alles existiert in einem herrlichen, unermesslichen Kreislauf, der zu gewaltig ist, als dass wir ihn begreifen könnten. Gefällt Ihnen diese Vorstellung oder macht Sie Ihnen Angst?
„Ich …“ Ihr fehlten die Worte. Sie sah ihn an wie ein Reh den Lauf des Gewehres.
„Sie müssen bei mir bleiben.“ Falsches Bedauern klang in Tonys Stimme mit. „Sie sind perfekt. Sie sind fast so perfekt wie meine ausgewählte Seele. Es muss Schicksal sein, dass Sie hier und heute auftauchen. Meine Kinder sind daran gescheitert, mir das Ersehnte zu beschaffen. Aber ich habe nichts anderes erwartet. Jeder kann eine Schnecke vom Boden aufheben oder zertreten. Aber nur die besten Jäger schaffen es, einen Tiger zu fangen.“
„Nicht, wenn sie mit einem Arsch voll Technik aufkreuzen.“
Da war sie endlich. Die Wut. Brodelnd
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