Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)
nützen, wenn unser Herzschlag sich beschleunigt? Das Herz ist für uns von entscheidender Bedeutung, weil es das frische arterielle Blut und den darin enthaltenen lebenswichtigen Sauerstoff in unseren Körper pumpt, bis in die entlegensten Bereiche, bis in die äußersten Schichten unserer Haut hinein. Unser ganzer Körper ist auf den Sauerstoff angewiesen. Wenn wir kämpfen müssen wie ein Löwe oder wegrennen müssen wie ein geölter Blitz, dann müssen unsere wichtigsten Körperteile – in diesem Fall unsere Arme und Beine – so schnell wie möglich optimal mit Sauerstoff versorgt werden. Damit das geschehen kann, muss unser Herz viel schneller schlagen als sonst.
MAGEN-DARM-TRAKT
Ich kriege so ein komisches Gefühl im Bauch, und ich will dann nur noch wegrennen … also … es ist ein ganz eigenartiges Gefühl, wissen Sie.
(Edward P.)
Wenn ein Mensch in Gefahr gerät, dann ist die Verdauung nur noch von untergeordneter Bedeutung. Das Blut wird von den weniger wichtigen Körperteilen (in diesem Fall dem Magen-Darm-Trakt) abgezogen und den wichtigeren Körperteilen (den Arm- und Beinmuskeln) zugeführt, damit wir schnell wegrennen (beziehungsweise gut kämpfen) können. Dadurch kann es zu einem Gefühl von Übelkeit kommen – Schmetterlinge im Bauch – oder einem Knurren im Magen. Blase und Darm bereiten sich darauf vor, sich zu entleeren, und wir haben das Gefühl, dass wir dringend zur Toilette müssen. (Allerdings kommt es so gut wie nie vor, dass Menschen während einer Panikattacke spontan ihre Blase entleeren.)
HAUT
Von der Haut, den Fingern und Zehen wird Blut abgezogen, damit es in die Arme und Beine fließen kann. Wir werden blass und haben das Gefühl, dass wir Blut verlieren, oder wir spüren ein Prickeln oder ein Taubheitsgefühl in den äußeren Bereichen unseres Körpers. Es ist gut für uns, wenn die Blutzufuhr zur Haut gedrosselt wird – nicht nur, damit unsere Muskeln besser mit Blut versorgt werden können, sondern auch, damit wir nicht so viel Blut verlieren, wenn wir verwundet werden.
ATMUNG
Ich bekam schon kaum noch Luft, und dann fingen diese komischen Gefühle in meinem Bauch an. Es war schrecklich, nicht mehr richtig atmen zu können – ich schnappte nach Luft, und dann merkte ich, dass die Straße und die Häuser ganz komisch aussahen.
(T. I.)
Wenn wir in Panik geraten, wird unsere Atmung schneller und tiefer. Das geschieht, damit viel Sauerstoff in die Lungen kommt. Durch die Lungen, die von Blutgefäßen umgeben sind,gelangt der Sauerstoff dann in die Blutbahn und von dort zu den Muskeln. Da den Muskeln während einer Panikattacke besonders viel Sauerstoff zugeführt wird, beschleunigt sich die Atemfrequenz, und dadurch kann es zu Atemnot oder Erstickungsgefühlen kommen. Dreiundfünfzig Prozent der Panikpatienten leiden nach eigenen Angaben während einer Panikattacke unter Atemnot und achtundvierzig Prozent unter Erstickungsgefühlen. Der Brustkorb verhärtet sich, und das führt zu einem Enge- oder Schweregefühl im Brustraum. Manche Betroffene haben den Eindruck, dass sie nicht genug Luft bekommen, und versuchen mit aller Kraft, mehr Luft in ihre Lungen zu saugen. Wenn der Sauerstoff, den wir einatmen, nicht durch die entsprechenden Anstrengungen beim Kämpfen oder Weglaufen verbraucht wird, kommt es zu Symptomen wie Prickeln in Fingern und Zehen (bei achtunddreißig Prozent der Befragten), Schwindel oder dem Gefühl, »nicht ganz da« zu sein und den Boden unter den Füßen zu verlieren. Wenn wir Angst haben, nicht genug Luft zu bekommen, und deshalb noch tiefer und angestrengter atmen, dann nehmen wir mehr Sauerstoff auf, als wir brauchen.
Inwiefern hilft uns das in einer gefährlichen, Angst auslösenden Situation? Wenn wir schnell weglaufen müssen, dann braucht unser Körper so viel Sauerstoff wie möglich. Eine tiefe, schnelle Atmung sorgt dafür, dass wir ihn bekommen. Man sieht manchmal, dass Sportler vor einem Rennen einige tiefe Atemzüge machen, damit ihr Körper für die bevorstehende Anstrengung optimal mit Sauerstoff versorgt ist.
ZITTERN
… ich ging zum Bingospielen in ein Lokal Aber ich konnte mich überhaupt nicht konzentrieren. Meine Hände fingen an zu zittern. Ich versuchte die Nummer auf der Karte anzukreuzen. Aber irgendwie ging es nicht. »Reiß dich zusammen, Mensch«,sagte ich zu mirselbst. Ich hab die Nummer einfach nichtgeseh ’n, wissen Sie. Und meine Hände haben gezittert, und mein ganzer Körper …
(Ann P.)
Siebzig
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