Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft
ihres Röckchens hoch. «Wo ist Tante May?»
«Sie schuftet sicher irgendwo. Kann ich etwas für dich tun?»
Emma sah ihn zweifelnd an. Aber sie beschloß, es immerhin zu versuchen. «Gaylord will nicht operieren spielen», sagte sie.
«Das kann ich mir verdammt gut vorstellen», sagte Paps.
«Gaylord will überhaupt nichts spielen», sagte Emma.
Paps legte den Federhalter hin. Zu seiner Überraschung tat ihm das resolute kleine Ding leid. Wenn doch Gaylord bloß ein bißchen umgänglicher wäre. «Weißt du, Gaylord ist es nicht gewöhnt, mit Kindern zu spielen», sagte er. «Es kann ein Weilchen dauern, bis er sich anpaßt.»
«Diesmal hat er sich auf dem Klo im Hof eingeschlossen», sagte Emma.
Also, das sah ja dann nicht gerade so aus, als sei er im Begriff, sich anzupassen, dachte Paps. Nicht daß er es Gaylord verübelte. Keinen Augenblick! Aber damit war Emma nicht geholfen. Doch schließlich
kam er mit dem Schreiben ohnehin nicht recht voran. Vielleicht tat ihm eine kleine Unterbrechung sogar ganz gut. Er brauchte auch etwas Schreibpapier.
«Komm, Lady Hamilton», sagte er heiter. «Wir fahren zusammen ins Dorf, und ich kaufe dir ein Eis.»
«Kann ich ein Spezial haben?»
«Was ist denn ein Spezial?»
«Das ist Eiskrem und Limonade und Pfirsiche und Erdbeermarmelade und Nüsse. Schmeckt großartig.»
Paps schauderte. «Das ruiniert aber deine schlanke Linie», sagte er.
Emma schien das nichts auszumachen. Glücklich trottete sie neben ihm her. Als sie am Klo im Hof vorbeikamen, trommelte Paps gut gelaunt an die Tür und rief: «Du kannst jetzt herauskommen, du Säulenheiliger. Lady Hamilton fährt in die Stadt.»
Sie gingen weiter. «Warum sagst du Lady Hamilton zu mir?» keuchte Emma. Sie mußte rennen, um mit ihm Schritt zu halten.
«Sie hieß auch Emma», antwortete Paps.
«War das eine Freundin von dir?»
«Nein», antwortete Paps. «Eine Freundin von Lord Nelson.»
«War er ein Freund von dir?»
«Nein. Er ist kein Zeitgenosse von mir.»
Emma grübelte darüber nach, offenbar ohne Resultat, denn sie ließ das Thema fallen. Da hörten sie rasche Schritte hinter sich. Gaylord kam ihnen nach. Er wollte um keinen Preis etwas versäumen; außerdem wußte er, daß Paps alberne Spiele genauso haßte wie er. Paps drehte sich um. «Oh, der Säulenheilige persönlich», sagte er. «Willst du auch ein Spezial? »
«Ja, bitte», sagte Gaylord.
«Warum sagst du Säulenheiliger zu ihm?» fragte Emma.
«Der wollte auch von andern Leuten nichts wissen.»
«Hat der sich auch ins Klo...? »
«Nein», sagte Paps rasch. «Er saß oben auf einer hohen Säule.»
Gaylord fand, das sei wirklich eine recht originelle und einleuchtende Lösung des Problems. Allerdings mußte er zugeben, daß, wenn Emma in der Nähe war, man wohl um den Fuß der Säule Stacheldraht ziehen müßte. Trotzdem war das ein interessanter Gedanke. Der einzige Haken war, daß er beim besten Willen nicht wußte, wo er in der Nachbarschaft eine solche Säule finden sollte.
Sie stiegen in den Wagen. Paps fuhr ums Haus herum. «Wir fahren nur rasch ins Dorf», rief er.
Jenny winkte aus einem Fenster im Erdgeschoß. Sie sieht etwas wehmütig aus, dachte Paps. «Willst du mitkommen?» rief er.
«Ich helfe gerade Tante May.»
«Sie hat sicher nichts dagegen», sagte Paps. «Komm mit.»
Zwei Minuten später stieg auch sie ins Auto. «Vielen Dank, Onkel Jocelyn», sagte sie mit einem Lächeln, bei dem er sich auf der Stelle um zehn Jahre jünger fühlte.
Emma sagte: «Bei uns in Indien gibt es Elefanten.»
Gaylord sagte: «Unsere Lehrerin hat gesagt, die indischen Elefanten wären kümmerliche kleine Dinger.»
«Sind sie nicht!» erhitzte sich Emma. «Sie sind...»
«Emma!» rief Jenny streng.
Die Kleine schwieg, aber nicht lange. «Hat Amanda eine Ayah?» fragte sie.
Gaylord hatte die indische Fauna langsam satt. «Natürlich nicht», sagte er hastig. «So was wächst hier nicht.»
Darüber mußte die sonst so phlegmatische Emma so fürchterlich lachen, daß sie den Schluckauf kriegte. Geschieht ihr ganz recht, dachte Gaylord. Er wußte nicht, was er da Komisches gesagt haben sollte. Lange würde er das nicht mehr ertragen. Dabei standen ihm noch volle zwei Monate bevor. Das überstieg selbst Gaylords Vorstellungskraft.
Emma hatte noch immer den Schluckauf. «Versuch, zehn Minuten lang den Atem anzuhalten», riet Paps ungerührt. «Das hilft bei Schluckauf.»
Emma hielt den Atem an. Gaylord beobachtete sie gespannt. Ihre
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