Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft
Backen blähten sich, die Augen traten ihr noch weiter vor als sonst, es sah aus, als würde sie jeden Augenblick wie ein Luftballon aus dem Auto schweben. Wenn sie nicht vorher explodierte, versteht sich.
Aber dann ließ sie plötzlich Luft ab wie ein geplatzter Reifen. «Das waren keine zehn Minuten», sagte Gaylord verächtlich.
Emmas Schluckauf hielt sich hartnäckig. Inzwischen waren sie auf dem Parkplatz angelangt. Paps hatte sich mächtig darauf gefreut, mit einem hübschen Mädchen an seiner Seite einkaufen zu gehen. Inzwischen war ihm schmerzlich klar, daß er außer dem hübschen Mädchen auch noch ein dickes Gör dabei hatte, mit einem Schluckauf, der sich so klar und regelmäßig meldete wie das Greenwicher Zeitzeichen. Er war verbittert. Sogar ein Onkel mittleren Alters hatte schließlich von Zeit zu Zeit ein Anrecht auf Romantik.
Im Café war jedoch das Glück wieder auf seiner Seite. Es gab keinen Tisch für vier Personen mehr. Also setzten Jocelyn und Jenny sich an einen kleinen Zweiertisch, und das junge Gemüse thronte auf den Hockern an der Theke.
Emma machte immer noch einen Spektakel wie eine Böllerkanone. Jocelyn störte sich nicht mehr daran. Ab und zu tauchten Jennys klare Augen in die seinen. Und sie hätten nicht schmachtender sein können, wäre er der Autor von oder gewesen. Ach, diese keusche Nähe eines so frischen, süßen, bezaubernden Mädchens wie Imogen war einfach köstlich. Er schenkte ihr ein verhaltenes, zärtliches Lächeln. «Möchtest du einen Kaffee oder auch so ein komisches Spezial?»
«Was nimmst du?»
«Kaffee», sagte er bestimmt.
«Ja, ich auch», sagte sie. «Bitte, Jocelyn.»
Es war, als ginge in seinem Kopf eine Alarmglocke los. Eben noch war er der Onkel gewesen, der einer hübschen kleinen Nichte ein Eis spendiert. Jetzt waren sie plötzlich Jocelyn und Imogen, vereint bei einer kultivierten Tasse Kaffee.
Aber er war schließlich kein Narr. Hier gab es nur eins: die Sache im Keim ersticken. Sanft sagte er: «Ich glaube, wir sollten es doch lieber bei Onkel Jocelyn belassen, meine Liebe.»
Sie senkte den Blick, das Gesicht von Röte übergossen. «Entschuldige bitte, das war vorwitzig von mir.»
«Nein, vorwitzig nicht», sagte er. «Ich nehme an, du hast dich nur versprochen. »
Sie schaute zu ihm auf. «Nein, Onkel Jocelyn, das nicht. Ich wollte es einmal versuchen.»
Er bewunderte ihre Ehrlichkeit. «Was versuchen?» fragte er.
Wieder schlug sie die Augen nieder. Diesmal antwortete sie nicht.
«Was versuchen?» fragte er wieder.
Sie schob die Kuchengabel mit dem Zeigefinger auf dem Tisch hin und her. «Ich hatte so das Gefühl... du fändest mich attraktiv. Als Frau, meine ich. Nicht als die kleine Nichte. Und aus diesem Gefühl heraus wollte ich den vermeiden.»
Jocelyn war es nicht gewohnt, Probleme zu lösen, ohne sie vorher mit May besprochen zu haben. Aber May war nicht da. Außerdem würde May darin gar kein Problem sehen, dachte er voll Unbehagen.
Sie würde es für den köstlichsten Witz seit Jahren halten. Ein Anlaß mehr, sofort klare Fronten zu schaffen.
Und so sagte er: «Ich bin nicht nur dein Onkel. Ich bin auch alt genug, dein Vater zu sein - oder doch beinah. Deshalb also kannst du eigentlich nicht erwarten, daß ich mich für dich als Frau interessiere. Oder? Trotzdem halte ich dich für das entzückendste...»
«Kleine Mädchen?» fragte sie und sah ihn gekränkt an.
Er sagte ruhig: «Ich wollte sagen .»
Aber so rasch war sie nicht zu besänftigen. «Sogar ältere Männer verlieben sich in junge Mädchen», sagte sie.
Ältere Männer! Er zuckte schmerzlich zusammen. Warum hatten junge Leute vom Alter niemals die richtigen Vorstellungen? Warum war für sie jeder über dreißig schon ein Greis? Aber er ging darüber hinweg. «Wie schmeckt der Kaffee?» fragte er.
«Ausgezeichnet», sagte sie unglücklich.
Von der Theke drang ein abscheuliches Geräusch zu ihnen herüber. Gaylord sog die letzten Tropfen seines Spezial durch den Strohhalm, während Emma noch immer mit Eiskrem und Erdbeermarmelade beschäftigt war. Jenny beobachtete sie. Sie beneidet sie, dachte Paps. Armes Ding, noch ist sie Frau und Kind in einem. Die Frau in ihr wünscht sich den Kaffee und meine Bewunderung - und beides hat einen bitteren Beigeschmack. Und das Kind in ihr ist um seinen Eisbecher betrogen worden. Mit der Fingerspitze berührte
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