Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft
schlafen.»
Mensch, Mummi würde Junge kriegen, dachte Gaylord respektlos.
«Wirst du mit Jenny essen?» fragte er.
«Vermutlich», sagte Paps. «Wir können ja wohl kaum an getrennten Tischen sitzen.» Trotzdem war der Gedanke nicht verlockend. Mißstimmungen waren für ihn das Schlimmste im Leben. Und er ahnte schon, daß er sich während der ganzen Mahlzeit mit Jenny streiten würde - wenn nicht mit Worten, dann doch in Form eines unheilvollen Schweigens. Er gab Gaylord einen flüchtigen Gutenachtkuß, ging hinunter in den Speisesaal und bekam einen Tisch für zwei Personen zugewiesen. Er sagte dem Kellner, er werde noch warten.
Es war ein sehr eleganter Speisesaal - ganz in Weiß und Gold und in Kerzenlicht getaucht. Eine Atmosphäre, wie May sie liebte und wie er sie ihr selten bieten konnte. Und nun saß er hier und würde enormes Geld für ein Essen ausgeben, an dem keiner von ihnen wirklich Freude hatte. Er war maßlos wütend.
Jenny betrat schüchtern den Speisesaal. Wenn man bedachte, daß sie nur für einen Tag am Strand angezogen gewesen war, war es erstaunlich, wie attraktiv sie sich zum Abend hergerichtet hatte. Er erhob sich. Sie kam näher. «Wollen - wir zusammen essen?» fragte er zögernd.
«Wenn... ja, wenn du wirklich nichts dagegen hast.» Sie sah völlig verängstigt aus.
Der Kellner hielt ihr den Stuhl bereit, sie setzte sich. Kellner legten riesige Speisekarten vor sie hin. Sie bestellten. Die Kellner zogen sich zurück. Jenny schaute vor sich auf die Tischdecke. Endlich sagte sie gepreßt: «O Gott, es ist mir ja so peinlich. Ich koste dich ein Vermögen, Onkel Jocelyn.»
«Im Wartesaal wär’s billiger gewesen», gab er zu.
«Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir tut», sagte sie.
Ach, geschenkt. Er war einfach nicht nachtragend. Das lag nicht in seiner Natur. «Also, Jenny!» sagte er. «Das wird ein sehr teures Essen. Und es kostet genau dasselbe, ob wir es nun genießen oder nicht. Darum schlage ich vor, wir vergessen, was passiert ist, und machen das Beste daraus.»
Sie machte ein Gesicht, als würde sie gleich vor Erleichterung weinen. «Ach, Onkel Jocelyn, du bist so süß zu mir», sagte sie demütig.
Er war beschämt über dieses Lob von einem Mädchen, das er vor einer Stunde noch mit Freuden umgebracht hätte, und er kam sich wie ein Schuft vor. Er winkte dem Weinkellner und bestellte eine halbe Flasche Sauternes. Der Wein lockerte die Spannung zwischen den beiden zwar nicht ganz, aber er half. Am Ende der gemütlichen Mahlzeit fühlte Jocelyn sich ungemein väterlich. Sie standen auf. «Ich glaube, wir gehen zeitig ins Bett», sagte er. «Wir müssen morgen in aller Frühe aufstehen.»
«Ja», sagte sie. Sie gingen die breite Treppe hinauf. Vor ihrer Tür blieben sie stehen. Sie schaute zu ihm auf, sehr traurig. «Ich wollte, ich hätte das Abendessen bezahlen können. Es wäre mir jede Summe wert gewesen. Aber für dich war es natürlich bloß eine schreckliche Geldverschwendung.»
Er wußte nicht, was er darauf sagen sollte. Darum tat er, was ihm das einzig Mögliche zu sein schien. Er beugte sich herab und küßte ihren warmen jungen Mund. Einen Augenblick klammerte sie sich an ihn. «Gute Nacht, Onkel Jocelyn», sagte sie sanft.
«Gute Nacht, Jenny.» Er drehte sich um und ging die Treppe hinunter. Seine Finger suchten nervös in seinen Taschen nach Pfeife und Tabaksbeutel. Er brauchte dringend ein stilles Pfeifchen in der
Nachtluft, denn er war zutiefst verwirrt über seine seelische Verfassung. Es war lange her, seit er zum letztenmal die Wirkung von gutem Wein, erlesenem Essen und gedämpftem Licht in der Nähe eines verführerischen jungen Mädchens verspürt hatte. Er war in beängstigend romantischer Stimmung. Doch was ihn am stärksten beunruhigte, war die Frage, was und wieviel er May davon erzählen sollte.
Er hätte sich seine Überlegungen sparen können. Emma platzte sofort los: «Tante May, wir sind in ein riesiges Hotel gegangen, und ich wollte mit Gaylord schlafen, aber Onkel Jocelyn hat gesagt, ich müßte mit Jenny schlafen.»
May sah Jocelyn eisig an. «Ich dachte, ihr wolltest im Wartesaal übernachten?»
«Das hatte ich auch vor», sagte er. «Aber dann stellten wir fest, daß im Hotel noch Zimmer frei waren.»
«Ich hab Fisch und Chips auf dem Zimmer gegessen», sagte Gaylord stolz.
«Ich auch», sagte Emma. «Und Jenny und Onkel Jocelyn haben Krabbencocktail und Huhn Maryland gegessen und eine Flasche Wein
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