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Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Titel: Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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getrunken.»
    «Das scheint mir ja ein richtiges Festessen gewesen zu sein», sagte May und warf ihrem Mann einen Blick von der Sorte zu, die Gaylord nur allzugut kannte. Es war der Blick, mit dem sie ankündigte, daß sie noch eine Reihe Fragen stellen würde.
    Doch später, als sie ganz allein waren, als die Vorhänge schon zugezogen waren und die Stehlampe ihr weiches Licht verbreitete, sagte er: «Übrigens, es ist was ziemlich Groteskes passiert. Jenny hat mir erklärt, sie liebte mich.»
    «Das habe ich befürchtet.»May schwieg lange. Dann sagte sie: «Ich müßte wohl Mitleid mit ihr haben. Aber ich habe es nicht. Im Gegenteil - ich bin empört.»
    «Ja», sagte er.
    «Was hast du ihr darauf gesagt?»
    «Daß sie nicht so einen hirnverbrannten Blödsinn reden soll. Ich hab’s ziemlich unfreundlich und mit Nachdruck gesagt. Und dann sind wir sofort zum Bahnhof gegangen. Ich dachte, da könnte sie am ehesten wieder zu Verstand kommen.»
    «Ja», sagte May. Die Vorhänge blähten sich in der sanften Abendbrise. Sie stand auf und schloß die Fenster. Dann kam sie zurück und setzte sich wieder zu ihm. «Ich hab auch meine Sorgen», sagte sie ruhig. «Mit David.»
    Jäh durchzuckte ihn schmerzliche Eifersucht. «Gott im Himmel! Er ist doch nicht...»
    «In mich verliebt?» Sie lächelte. «Nein. Das nicht. Aber...» Sie erzählte ihm von der Möwe. «Es ist grausig», sagte sie. «Und ich bin noch nicht dazu gekommen, ihn zur Rede zu stellen. Sobald wir deinen Vater versorgt hatten, war er verschwunden.» Sie trommelte nervös mit den Fingern auf die Armlehne ihres Sessels. «Er - er ist nicht normal», sagte sie. «Ich fürchte, er... er könnte... der Mann sein, der die Kinder überfallen hat. Und ich glaube, er haßt Gaylord.»
     

9
     
    Es war Hochsommer. Der Regen, der sonst zum englischen Juli gehört, schien diesmal Urlaub zu haben. Das Gras war braun und verdorrt, die Erde von solch breiten Rissen durchzogen, daß Gaylord sich auf den Bauch legte und voll kühner Hoffnung in die Spalten äugte, weil er meinte, man könne vielleicht Australien sehen. Die Blätter an den Bäumen wurden braun und dürr, der Duft der kleinen weißen Ligusterblüten lag schwer in der warmen Luft, und das Vieh jagte hin und wieder unvermittelt über die Weiden, als habe eine englische Sonne es toll gemacht. Die Nächte waren heiß und drückend. May wälzte sich ruhelos und von schweren Träumen geplagt im Bett und lauschte in die Dunkelheit. Auf was? Das Quietschen einer Tür, den Schrei eines Kindes, die hastenden Schritte eines Mörders? Doch sie hörte nur das Rufen einer Eule im Henkerswald, das ferne, schläfrige Bellen eines Hundes.
    Die Stelle jedoch, an der sich die ganze Hitze dieses Sommers wie unter einem Brennglas zu konzentrieren schien, das war der alte Steinbruch. Seine Felswände fingen die Sonnenhitze ein und strahlten sie hinunter auf den verwachsenen Grund, wo Brombeerbüsche und Dornengestrüpp und junge Schößlinge einen verzweifelten Kampf um einen Platz an der Sonne führten.
    Emma sonnte sich auf einem heißen Stein wie eine Eidechse. Sie spähte durch das Gebüsch hinunter in die Tiefe des Steinbruchs. «Dort unten kann ich ein kleines Haus sehen», sagte sie. «Wollen wir nicht Picknick machen?»
    «Ein Häuschen?» sagte Gaylord unbehaglich. Natürlich wußte er seit langem, daß dort unten zwischen den Bäumen ein kleines Haus stand. Aber bei aller Neugier war er eher ein vorsichtiges Kind, und die Gebrüder Grimm hatten ihn nicht darüber im Zweifel gelassen, daß Leute, die an Türen von kleinen Häusern im Wald klopften, meist Überraschungen erleben. Emma aber kannte offensichtlich solche Hemmungen nicht. «Wer wohnt da drin?» fragte sie.
    «Ganz genau weiß ich es nicht», sagte Gaylord. «Aber ich glaube, ein scheußlicher alter Zwerg mit drei Augen.»
    Kaum hatte er es ausgesprochen, wußte er schon, daß er sich zu weit vorgewagt hatte. Emma sprang wie elektrisiert auf. «Komm!» sagte sie.
    Gaylord folgte ihr in sicherer Entfernung. Emma blieb stehen und sah enttäuscht aus. «Ich glaube nicht, daß da drinnen ein Zwerg wohnt», sagte sie. «Das ist ja bloß eine alte Holzbude.»
    Gaylord war nicht so sicher. Mit Zwergen war das so eine Sache. Doch Emma hatte schon die Hand an der Klinke. Bei der ersten Berührung fiel die Tür nach innen. «Hier wohnt keiner», rief sie. «Hier ist alles leer und voller Staub.»
    Gaylord wurde mutiger und folgte seiner Kusine. Die Hütte war in der Tat

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