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Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Titel: Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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über Jocelyn zu sprechen?»
    «Diese Schriftsteller sind alle gleich», sagte Opa. «Haltloses Volk.»
    «Selbst wenn du es vergessen haben solltest, daß er dein Sohn ist, solltest du dich daran erinnern, daß er mein Mann ist.»
    «Freiheit sagen sie heute zu so was. Wir nannten das Mangel an moralischem Rückgrat.»
    «Nun, ich habe Wichtigeres zu tun, als hier den halben Morgen herumzustehen und über Jocelyn zu reden», sagte May und rauschte wütend hinaus. Opa tat einen langen, genießerischen Zug an seiner Zigarre. Das habe ich gut hingekriegt, dachte er. Nur eine Bemerkung über Jocelyn, und schon hat sie völlig vergessen, daß sie mich ins Bett verfrachten wollte. Er fand, daß er seinen Trumpf prächtig ausgespielt hatte. Er hatte einen friedlichen Morgen vor sich.
    Von seinem Sessel konnte er durch die offene Tür der Veranda schauen. Die Sonnenstrahlen fielen schräg ins Zimmer, die Vorhänge bauschten sich sanft in der Morgenbrise. Von draußen drang das Gesumm der Bienen herein, das tiefe Muhen der Rinder und das ferne, einschläfernde Rattern eines Mähdreschers. Heute morgen fand Opa an der Times wenig Freude. Die Welt war in Unordnung, aber das war sie ja immer. Die Politiker hatten keine Ahnung, aber heutzutage hatten sie nicht einmal mehr Format. Kleine Leute, die sich ein Geschäft aufgeladen hatten, das in seiner Kompliziertheit weit bedeutendere Köpfe in Verlegenheit bringen konnte. Die Börse spielte wieder einmal verrückt, aber das tat sie oft genug. Nein, die Welt war voller Haß und Leid und menschlicher Dummheit. Und da draußen vor den Fenstern lag ein so köstlicher Morgen, als sei er eigens für die Heiligen im Himmel geschaffen und nicht für die armseligen Sünder dieser Erde. Das war ein Widerspruch, der ihn zeitlebens beschäftigt hatte, ohne daß er ihn zu lösen vermochte. Schmerz inmitten von soviel Schönheit, das Unkraut des Hasses, das unter den Blumen der Liebe wucherte.
    Nun, er würde das Rätsel auch heute nicht lösen. Das Schlimme war nur, daß es bisher offenbar noch keiner gelöst hatte. Außer Christus vielleicht. Er hatte es in der direktesten, in der mutigsten Weise gelöst - indem er den Schmerz geduldig annahm. Das ist wahrscheinlich alles, was wir tun können, dachte Opa.
    Er faltete die Zeitung zusammen. Ein seltsamer Friede erfüllte ihn. Ein neuer Tag lag vor ihm - lang, müßig, golden. Ein Tag, an dem man ruhig über das Vergangene nachdenken, ohne große Furcht in die Zukunft blicken, vor allem aber die Gegenwart genießen konnte. Ein Tag, an dem... Da sah er seinen Enkel auf die offene Verandatür zukommen.
    Verzweifelt stellte er sich schlafend. Dann ging ihm auf, daß man mit einer brennenden Zigarre im Mund als Schläfer nicht sehr überzeugend wirkt. Er nahm sie aus dem Mund und legte sie in den Aschenbecher, schloß die Augen und begann tief und gleichmäßig zu atmen.
    Der Junge kann doch tatsächlich leise sein, dachte Opa. Er hörte nichts. Dabei wußte er genau, daß Gaylord das Zimmer angesteuert hatte. Der alte Mann riskierte ein vorsichtiges Auge. Gaylord saß ihm gegenüber im Sessel und rauchte mit Kennermiene Opas Zigarre.
    «Zum Teufel, was fällt dir denn ein?» bellte Opa.
    «Ich dachte, du schläfst.» Gaylord war sichtlich gekränkt.
    «Wie du siehst, schlafe ich nicht. Leg sofort die Zigarre hin!»
    «Komisch», sagte Gaylord. «Sie schmeckt gar nicht so, wie sie riecht.» Er zog noch einmal prüfend an der Zigarre. «Aber trotzdem - ich mag das gern.»
    «Der Spaß wird dir gleich vergehen. Noch ein paar Züge, und dann fühlst du dich, als hättest du ein Dutzend Cremeschnitten gegessen und drei Schweinekoteletts und wärst hinterher lange Karussell gefahren.»
    «Muß ich mich übergeben?»
    «Ohne den geringsten Zweifel.»
    «Mußt du dich auch jedesmal übergeben, wenn du eine Zigarre rauchst, Opa? » Gaylord betrachtete den alten Mann mit ganz neuem Interesse.
    «Natürlich nicht. Ich bin’s ja gewöhnt.»
    Gaylord stand auf und reichte ihm die Zigarre. «Bitte schön, Opa. Und vielen Dank auch», sagte er höflich.
    Der alte Mann zuckte zurück. «Nein, danke, ich nehme lieber eine neue, wenn du nichts dagegen hast. Zigarren sind keine Friedenspfeifen, die man rundgehen läßt, weißt du. Das Mundstück wird... matschig. »
    «Dann darf ich die hier behalten?» fragte Gaylord eifrig.
    Opa schwieg. Seine Zigarre und seine Pfeife gehörten zu den Dingen, die ihm das Leben immer so angenehm gemacht hatten. Dennoch hielt er das

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