Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft
hab sie nicht abgebrannt», sagte Gaylord.
«Nein?» sagte Opa mit unverhohlenem Sarkasmus.
«Natürlich hast du das gemacht», rief Mummi.
Gaylord war sprachlos. Eben noch war Mummi zu seiner größten Überraschung auf seiner Seite gewesen. Und nun machte sie plötzlich eine Kehrtwendung, mit einer Geschwindigkeit, die einem glatt den Atem nahm. Aber das war wieder mal typisch Mummi. «Das schafft schon eine Glasscherbe», erklärte er. «Die Sonne scheint durch wie durch ein Brennglas, und dann setzt sie ein Blatt in Brand, und das Blatt setzt einen Zweig in Brand, und der Zweig setzt einen Ast in Brand und...» Er war so richtig schön in Fahrt gekommen. Aber Opa brachte ihn wieder auf die Erde zurück. «Dann war es also schiere Koinzidenz, daß der Steinbruch ausgerechnet zu brennen anfing, als du da deine Zigarre geraucht hast?»
«Was ist Koinzidenz?»
«Das heißt, die beiden Ereignisse standen in keiner kausalen Beziehung zueinander.»
«In keiner?» fragte Gaylord ganz aus dem Konzept gebracht.
«Verdammt, das will ich ja gerade von dir wissen», brüllte Opa los.
«Was ist kausal?»
Jocelyn war am Vormittag in der Stadt gewesen und kam in diesem Augenblick herein. Er fühlte ja sofort, daß hier dicke Luft war. Aber er kam selbst mit Neuigkeiten. «Ich glaube, im alten Steinbruch hat es gebrannt», sagte er aufgeregt.
Er handelte sich damit einen vernichtenden Blick seines Vaters ein. «Und wir haben etwas davon läuten hören», sagte Opa gehässig, «daß es auch in London gebrannt hat - so um 1666, glaube ich.»
«Also mit anderen Worten - ihr wußtet es schon?»
«Liebling, es war Gaylords Politik der verbrannten Erde», sagte Mummi. «Dein Vater hat ihn in den Steinbruch geschickt, um dort eine Zigarre zu rauchen, und selbstverständlich hat er dort alles in Brand gesetzt.»
«Aber sie waren doch gar nicht kausal», sagte Gaylord.
«In seinem Alter sollte man noch keine Zigarren rauchen», sagte Paps.
«Das solltest du deinem Vater klarmachen», sagte Mummi. «Er hat ihm eine ganze Handvoll von den Dingern aufgeschwatzt.»
«Eine hatte ich ihm gegeben, und die hatte ich schon halb geraucht», sagte Opa.
«Wie abscheulich», sagte Mummi.
«Paps, ich habe die Pest», sagte Gaylord.
Jocelyn sagte: «Ich bin doch sehr erstaunt über dich, Vater. Dem Jungen hätte schlecht werden können.»
«Ist ihm geworden», sagte Opa. «Sehr schlecht sogar.»
«Paps, ich finde, es wäre besser, wenn Emma nicht wiederkäme. Du willst doch nicht, daß sie auch die Pest kriegt, oder?»
«Und hat es nun wirklich gebrannt?»
«Wie der Teufel», sagte Opa.
«Nun, ich sehe nicht recht, wie man nachweisen will, daß es Gaylord war. Es gäbe bestenfalls Indizien.»
«Das ist wieder typisch für euch Schriftsteller. Schmeißt mit großen Worten um euch, die ihr überhaupt nicht versteht. Überlaß das doch bloß den Juristen, um Himmels willen.»
«Unsere Lehrerin hat gesagt, in der Hitze würde man immer die Pest kriegen», sagte Gaylord. «Und sie sagt, sie sei furchtbar ansteckend.»
Mummi sagte: «Ich weiß wirklich nicht, wohin dieses Gespräch führen soll. Der Steinbruch brennt. Die ganze Versammlung ist sich ja anscheinend darüber einig, daß das alles Gaylords Schuld ist. Also was reden wir dann noch?»
«Es war nicht meine Schuld», sagte Gaylord.
«Wessen Schuld denn dann?» fragte Opa.
Paps sagte: «Entschuldige, Vater, wenn ich das sage: aber ich finde, es ist deine. Du hast es ja geradezu darauf angelegt.»
«Da haben wir’s wieder», sagte Opa. «Dies Gespräch dreht sich im Kreise.»
Gaylord sagte: «Unsere Lehrerin hat gesagt, man müßte die Kleider von den Kranken in Essig tauchen. Mummi, wenn du meine Sachen alle in Essig tauchst, dann kriegen Paps und du vielleicht nicht die Pest.»
«Mach dir keine Sorgen, Liebling», sagte Mummi. «Ich denke, du wirst uns noch lange Zeit erhalten bleiben.» Opa schnaubte. Vor ein paar Stunden noch hatte er sich auf einen stillen, friedlichen, besinnlichen Tag gefreut. Er hätte es besser wissen müssen. Solange Gaylord in der Nähe war, waren solche Hoffnungen trügerisch, um es noch milde auszudrücken.
13
Der Mond nahm zu, und er verbarg sich nicht mehr nach Sonnenuntergang, sondern stieg später und später am Nachthimmel auf. May beobachtete die wachsende Scheibe mit Beklemmung. Noch eine Woche, dann war Vollmond. Die Nacht war heiß und schwül, Amanda war quengelig und gab keine Ruhe. May wanderte im Schlafzimmer auf und
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