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Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Titel: Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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überraschte sie so, daß sie aufblickte. Dann ließ sie den Kopf wieder hängen. Unwillig sagte sie: «Ich weiß nicht, was das damit zu tun hat.»
    «Oh, sehr viel. Hast du jemals in Schottland bei Sonnenuntergang an einem See gestanden? Bist du schon einmal auf einer kleinen Insel gelandet und hattest einen ganzen langen Ferienmonat vor dir? Hast du je eine Sommernacht durchtanzt bis in den frühen Morgen? Hast du gesehen? Den ? Oder < Gespenster>?»
    Wieder schaute sie ihn an, als habe er den Verstand verloren. «Nein», sagte sie. «Nichts von alldem.»
    Er lachte. Er gab ihr sogar einen freundlichen Klaps auf die Nasenspitze. «Lauter Premieren», sagte er. «Eine nach der anderen - wie eine Lichterkette. Das alles wartet auf dich.»
    «Ohne dich wird mir das alles nichts bedeuten», sagte sie traurig.
    «Unsinn», sagte er. «Glaub mir, Jenny, ich würde alles dafür geben, wenn ich das noch einmal vor mir hätte. Ich würde nicht hier hocken und weinen. Ich würde vor Freude tanzen.»
    Gott verzeih mir diese abscheuliche Lüge, dachte er. Nicht um alles in der Welt würde er den behaglichen Komfort seiner frühen Reifejahre gegen die nervenzerreißenden, welterschütternden Seelenkrisen der Jugend eintauschen. Seinetwegen konnte das süß-duftende Buch der Jugend geschlossen bleiben. Jugend war ein schmerzlichquälender Zustand. Der einzige Trost war, daß man sie eines Tages hinter sich hatte.
    Und doch hatte er jede:- Wort ehrlich gemeint. Opa, der wie alle rechtschaffenen Engländer der Ansicht war, daß die Savoy Operas den gleichen göttlichen Stempel trugen wie die Zehn Gebote, hatte seinem Sohn kleine Kostproben davon schon als Kind verabfolgt. Diese alten Grammophonplatten gehörten genauso zu Jocelyns Kindheit wie und . Doch erst mit siebzehn Jahren hatte er eine dieser Opern auf der Bühne gesehen und da waren all die alten bekannten Arien und Lieder plötzlich in nie geahnter Farbenpracht und Fülle lebendig geworden. Als er aus dem Theater kam, war er wie berauscht von der Musik, dem Tanz, dem heiter-ernsten Spiel gewesen.
    Er dachte an seinen ersten , den ersten Tschechow. Ach ja, das Leben war manchmal mühsam, irritierend, schmerzlich. Aber bei Gott, es hatte auch seine guten Seiten. Dazu gehörte sogar, an einem Fluß zu sitzen und - wenn auch mit noch so armseligen Worten - zu versuchen, einem Menschen, der schwächer war als man selbst, ein wenig von der Stärke, dem Mut, der zagen Hoffnung weiterzugeben, die die Jahre einen gelehrt hatten. Er beugte sich hinunter und küßte sie leicht auf die Stirn. «Besser?» fragte er mit seinem scheuen Lächeln.
    «Nein», sagte sie. «Ich merke nur noch deutlicher, wie nett du bist.»
    «Nette Männer gibt’s massenhaft. Und die meisten sind jünger und stärker und hübscher als ich.»
    Sie klammerte sich noch immer an ihn. «Du kannst mir nicht helfen», sagte sie. «Mir kann niemand helfen.» Dann ließ sie ihn endlich los. Beinahe schroff stieß sie ihn von sich und stand auf. «Aber das ist meine Sorge, nicht deine, und ich bin jetzt bereit, sie auf meinen eigenen Schultern zu tragen.» Sie sah ihn beinahe trotzig an.
    «Braves Mädchen», sagte er. Auch er war aufgestanden. Sie gingen zusammen zum Haus zurück. Er streckte die Hand aus und ergriff die ihre. Sie ließ sie in seiner Hand liegen, ohne den Druck zu erwidern, ohne irgendeine Reaktion zu zeigen. «Wann geht dein Zug?» fragte er, und sie antwortete: «Elf Uhr fünfzehn», und dann förmlich: «Es war furchtbar lieb von dir und Tante May, daß ihr uns so lange bei euch aufgenommen habt. »
    «Ich bitte dich», sagte er. «Es war eine große Freude für uns.»
    «Nein», widersprach sie. «Das stimmt nicht, Onkel Jocelyn. Wir haben nicht recht hierher gepaßt, nicht wahr? »
    «Wenn es so wäre, könntet ihr nichts dafür. Ich fürchte, wir sind eine schrecklich schwierige Familie, in der man sich nicht leicht einleben kann.»
    «Das liegt daran, daß ihr alle solche Individualisten seid», sagte sie.
    «Ach, das will ich nicht sagen. Wir sind nur alle... Hallo, Liebling.»
    «Hallo», sagte May. Sie war es nicht gewohnt, ihren Mann Hand in Hand mit einem jungen Mädchen zu überraschen. «Spazieren gewesen? Ich dachte, du sitzt in deinem Zimmer und arbeitest.»
    Jocelyn spürte die leichte Schärfe in ihrem Ton. Er runzelte die Stirn und sah May warnend an. «Wir haben über die Zukunft gesprochen», sagte er.

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