Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
mir schon überlegt, ob ich eine Zeitungsannonce aufgeben soll. Ob sich wohl jemand findet, der sich fürs Saubermachen nicht zu fein ist?«
»Na, ich zum Beispiel.« Daisy lachte. »Ich werd mich gleich morgen an die Arbeit machen.«
Daisy war froh, dass der Abend so harmonisch verlaufen war, und noch viel froher, dass niemand nach Joel gefragt hatte. Nachdem die Zwillinge nach oben gegangen waren, schlug ihr Vater vor, sich noch auf einen Drink ins Wohnzimmer zu setzen. Er schenkte ihr einen Gin Tonic ein und wollte wissen, was Joel eigentlich von der ganzen Geschichte halte.
»Nicht viel.« Daisy zuckte mit den Schultern. »Wir haben nur ein Mal telefoniert.« Sie verstummte.
»Was ist passiert? Ich merke doch, dass irgendetwas nicht stimmt. Früher hast du seinen Namen in jedem Satz erwähnt und heute Abend nicht ein einziges Mal.«
Da rückte Daisy mit der Wahrheit heraus. »Er war so total von sich eingenommen«, schloss sie. »Er hat nicht nach Einzelheiten gefragt, mir keine Hilfe angeboten. Was solls, es ist sowieso vorbei. Ich glaube nicht mehr an eine gemeinsame Zukunft.«
»Das musst du selbst entscheiden«, erwiderte ihr Vater. »Aber dass er ein paar Vorbehalte hat, heißt noch lange nicht, dass es ihn nicht interessiert. Ich denke eher, er sorgt sich um dich, weil er fürchtet, du könntest unüberlegt handeln.«
»Wie kommt er denn darauf?«
»Aus Erfahrung vielleicht?« Ihr Vater lächelte schelmisch. »Joel befürchtet wahrscheinlich, die Suche nach Ellen könnte dich vollständig beherrschen, sodass für ihn und uns alle kein Platz mehr in deinem Leben wäre. Er ist ein sehr vernunftbetonter Mensch. Und ich möchte sogar behaupten, er hat Angst, du könntest verletzt werden, falls sich herausstellen sollte, Ellen ist nicht so, wie du sie gern hättest.«
»Wie ich sie gern hätte? Ich werde sie so akzeptieren, wie sie ist! Das ist doch klar«, empörte sich Daisy.
»Joel denkt vielleicht, du wünschst dir eine zweite Lorna«, entgegnete John sanft. »Ich würde mir für mich auch jemanden wünschen, der so wie sie ist. Es ist ganz normal, dass man nach dem Verlust eines Menschen nach einem Ersatz sucht.«
»Ich aber nicht«, versetzte Daisy und begann zu weinen.
John legte den Arm um sie und zog sie an sich. »Ich bin zwar nicht dein leiblicher Vater, Dizzie, aber ich habe dich von dem Moment an, als ich dich zum ersten Mal in den Armen hielt, geliebt. Ich kenne dich ganz gut. Du hast prächtige Ideen, doch mit der Verwirklichung hapert es. Du hast Bindungsängste. Und ich glaube, das ist auch der Grund dafür, warum du Joel aus deinem Leben werfen willst.«
»Unsinn«, widersprach sie hitzig. »Es wäre doch bescheuert, wenn ich mit ihm zusammenbliebe, nur um eine Bindung einzugehen. Er ist einfach nicht der Richtige für mich; er ist so schulmeisterlich, so rechthaberisch.«
»Tatsächlich?« John sah sie verdutzt an. »Und das ist dir jetzt erst aufgefallen, da er dich von etwas abzubringen versucht, was du auf Biegen und Brechen durchziehen willst?«
»Ich habe schon seit einiger Zeit gemerkt, dass es einfach nicht mehr mit uns läuft. Der Abstand hat mir die Augen geöffnet. Er ist ein Kontrollfreak.«
»Den Eindruck hatte ich nie.« John stand auf und ging zur Tür, wo er sich noch einmal umdrehte. »Für mich hören sich seine Einwände eher an, als sorgte er sich um dich. Überleg es dir gut, bevor du etwas tust, was du nicht mehr ungeschehen machen kannst. Die Suche nach Ellen ist wie die Teilnahme an einer Tombola. Findest du sie, kann das den Hauptgewinn bedeuten. Wenn du allerdings Pech hast, bleibst du auf dem Trostpreis sitzen.«
20. Kapitel
U nmittelbar nach Ostern suchte Daisy die Anwaltskanzlei Shawcross and Hendle in der Marylebone Road auf, deren Adresse sie von Mr. Briggs bekommen hatte.
In der U-Bahn dachte sie über die Worte ihres Vaters nach und sah ein, dass er Recht hatte. Wenn sie in der Kanzlei sagte, sie suche ihre Mutter, würde man ihr möglicherweise die Auskunft verweigern. Deshalb würde sie sich als Mr. Briggs’ Sekretärin ausgeben und behaupten, es seien noch ein paar Dinge hinsichtlich des Familienbesitzes der Pengellys zu klären, deshalb müsse Mr. Briggs Kontakt zu Ellen aufnehmen. Sie hatte seine Visitenkarte dabei und hoffte, diese und das an seine Kanzlei gerichtete Schreiben würden ihr die Türen öffnen.
Die Büroräume befanden sich im ersten Stock eines stattlichen alten Hauses unweit der Baker Street. Daisy warf einen Blick
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